Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Schreckenskammer

Titel: Die Schreckenskammer
Autoren: Ann Benson
Vom Netzwerk:
einen Antrag auf Wiedereröffnung des Samuels-Falls zu stellen. Dabei berief sie sich auf einen obskuren Präzedenzfall, in dem es um die Beteiligung eines Opfers an der Ermittlung in einem Verbrechen ging. Samuels ist ein enger Freund des Sohnes der Polizeibeamtin Lorraine Dunbar, deren beharrliche Ermittlungen in einer Reihe von scheinbar unzusammenhängenden Fällen des Verschwindens kleiner Kinder letztendlich zur Verhaftung und Verurteilung Durands geführt hatten.
    Nach Angaben einer ungenannten Gefängnisquelle wurde Durand mehrfach in den Bauch gestochen und dann ausgeweidet. Die Gefängnisverwaltung hat keinen Verdächtigen für dieses Verbrechen und gibt an, dass die Gefängnisinsassen in Bezug auf diesen Vorfall ungewöhnlich schweigsam seien. » Wenn so etwas passiert, gibt es normalerweise immer mindestens einen, der bereit ist, uns Informationen zu liefern « , sagte der stellvertretende Direktor. » Aber bis jetzt sagt keiner etwas über diesen Fall. Wir haben keine Hinweise, keine materiellen Indizien und im Augenblick auch keinen Verdächtigen. «
    Das alles wusste Moskal. Aber der zweite Artikel war von der nationalen Presse vielleicht nicht aufgegriffen worden, und ich wollte, dass er die beiden zusammen las. Der zweite lautete:
    Heute wurde auf Befehl des Appellationsgerichts Jesse Garamond aus dem Los Angeles County Correctional Institute entlassen. Er wurde vor drei Jahren wegen des Mordes an seinem Neffen verurteilt, welcher nachträglich jedoch als ein Opfer von Wilbur Durand, der vor kurzem in diesem Gefängnis starb, identifiziert wurde. Garamonds Verurteilung war insofern ungewöhnlich, als die Leiche seines Neffen nie gefunden wurde. Der Staatsanwalt James Johannsen gibt an, dass die Turnschuhe, die in Durands Studio gefunden wurden, von der Mutter des Kindes eindeutig als ihrem Sohn gehörend identifiziert wurden. Sie befanden sich in einer Kiste mit mehreren anderen Schuhpaaren, die Durand als Souvenirs seiner Opfer aufbewahrte. Ausgehend von diesem Beweisstück, beantragte Johannsen Garamonds Freilassung in Erwartung eines neuen Verfahrens, bei dem die Anklage aller Wahrscheinlichkeit nach fallen gelassen wird. Zur Zeit seiner Verurteilung wegen des Mordes an seinem Neffen war Garamond nur unter Bewährung frei, nachdem er eine siebenjährige Gefängnisstrafe wegen Belästigung eines Kindes verbüßt hatte, ein Fall, der mit Durands Taten nicht in Verbindung gebracht werden konnte.
     
    So bekam Pete Moskal Wilbur Durand doch zurück. Er holte seinen Sarg am Logan Airport ab.
     
    Als wir das letzte Mal an dieser Stelle am Santa Monica Pier gestanden hatten, hatten Errol Erkinnen und ich drei sehr glücklichen Jungs beim Herumtollen im Sand zugesehen und ihr ausgelassenes Lärmen gehört. Ich hatte ihm erzählt, wie gerne mein Sohn Evan hierher kam. Diesmal war nur das sanfte Rauschen der Brandung und die vereinzelten Schreie der Seemöwen zu hören, aber wenn ich meine Augen schloss und den Kopf leer machte, konnte ich mir vorstellen, wie Evan mit seinen zwei Schwestern auf dem Strand spielte.
    Ich lächelte und ließ mein Gesicht von der Sonne liebkosen. Doc, der immer aufmerksame Beobachter, sah es.
    »Es ist schön, Sie lächeln zu sehen«, sagte er. »Ein echter Fortschritt. Habe ich Ihnen nicht gesagt, dass dieser Tag kommen würde?«
    »Ja, das haben Sie.«
    »Und dass danach noch bessere Tage kommen.«
    »Ich schätze, Sie hatten Recht.«
    »He, deshalb haben sie mir ja die dicke Kohle bezahlt.«
    Er hatte sich als Polizeipsychologe beurlauben lassen, um ein Buch zu schreiben. Der Vorschuss war so hoch gewesen, dass er ihn über ein ganzes Jahr brachte. Ich befürchte allerdings, dass es ein Abschied für immer war; er würde wohl nicht zurückkommen.
    Ich nahm seine Hand und drückte sie. »Ich möchte Ihnen danken, für alles, was Sie getan haben, um mir durch diese schwere Zeit zu helfen.«
    Er zwinkerte mir zu. »Hab doch nur meine Arbeit gemacht«, sagte er. »Oder das, was mal meine Arbeit war. Was für eine Welt – wer hätte gedacht, dass es so ausgehen würde.«
    Das Geräusch der Brandung war beruhigend. »Wissen Sie, eigentlich habe ich gar nicht geglaubt, dass Jesse Garamond es tun würde. Er ist ein Mistkerl, aber er war nie ein Killer. Zumindest war er es vor dieser Sache nicht. Ich geb’s zwar nicht gern zu, aber ich bin wirklich froh, dass er es getan hat.«
    »Vielleicht war Garamond kein Killer, aber ich schätze, er war immer ein Überlebenskünstler. Ich
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher