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Die Schreckenskammer

Titel: Die Schreckenskammer
Autoren: Ann Benson
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verachtenswertes Leben geführt hätten, wie sie es als seine Gefolgsleute taten. Ich gestand ihm zu, dass dies so geschehen solle.«
    Diese Milde für die Diener schien mir angebracht. »Und er wird also sterben, wie Ihr es beschrieben habt?«
    »Das wird er.«
    Ich versuchte erst gar nicht, meine bittere Enttäuschung zu verbergen. »Ihr habt einen Handel mit dem Teufel geschlossen, Eminenz.« Entrüstet und wütend stand ich auf und sah ihm direkt ins Gesicht. »Was hat er Euch angeboten? Den Schlüssel zu einer Truhe voller Gold für Herzog Jean? Eine Formel für die Verwandlung von Metallen, die wirklich erfolgreich ist? Den Abendmahlskelch Christi?«
    »Guillemette, ich kann nicht sagen …«
    »Ich hätte mehr von Euch erwartet.« Ohne ein weiteres Wort drehte ich mich um und verließ das Zimmer, die Augen voller Tränen über einen weiteren Verrat.
     
    Die ganze Nacht warf ich mich stöhnend in meinem Bett herum. Unaufhörlich drehte ich mich von einer Seite auf die andere und durchtränkte meine Laken mit Schweiß. Am nächsten Morgen trat das Gericht zu dem einzigen Zweck zusammen, die Schuld von Etienne Corrilaut, auch Poitou genannt, und Henriet Griart, beide Diener des Barons Gilles de Rais, zu verkünden. Sie wurden zum Tode durch Verbrennen verurteilt. Beide starrten blicklos ins Leere, keiner sagte auch nur ein Wort zu seiner Verteidigung. Dann wurden sie zurückgebracht in das dunkle, dreckige und kalte Verlies, in dem sie den kurzen Rest ihres vergeudeten Lebens verbringen würden, während ihr gerissener und schlauer Herr in Fellen vor einem Feuer schlief.
    So ist die Gerechtigkeit Gottes, die überhaupt keine Gerechtigkeit ist, dachte ich bei mir.

38
    Der Staatsanwalt Johannsen war so freundlich, mich anzurufen, bevor die Nachricht bekannt wurde.
    »Sheila Carmichael will einen Antrag auf Wiedereröffnung von Jeffs Fall stellen, mit der Begründung, dass Sie als vermeintliches Opfer an der Ermittlung beteiligt waren«, sagte er mir.
    »Was?« Ich war sprachlos. »Ich war kein Opfer. Jeff ist ein Freund meines Sohnes, nicht mein Sohn.«
    »Sie behauptet, dass Sie, da Sie eine ›Vertraute‹ von ihm waren – sie definiert ›Freundin der Familie‹ als Vertraute – mit mehr Energie gegen ihren Mandanten und Bruder Wilbur ermittelt haben, als Sie es sonst getan hätten. Erhöht war, glaube ich, das Wort, das sie in dem Antrag benutzte.«
    »O Gott.«
    »Anscheinend fand sie irgendeinen obskuren alten Fall, bei dem das Urteil tatsächlich aufgehoben wurde, weil ein Polizist, der diesen speziellen Fall bearbeitete, mit einigen Verrenkungen auch als Opfer betrachtet werden konnte. Die zitierte Stellungnahme beklagte exzessive Motivation von Seiten des Ermittlers.«
    »Aber das ändert doch überhaupt nichts. Ich war schon lange bevor Jeff mit hineingezogen wurde mit allem, was ich hatte, an diesem Fall dran.«
    »Das weiß ich. Aber bei solchen Schwerverbrechen sind die Gerichte in geradezu absurder Weise vorsichtig.«
    »Besteht eine Chance, dass das Urteil aufgehoben wird?«
    »Nicht alle Urteile.«
    »Was soll dann das Ganze?«
    »Das ist ein Verhandlungstrick.«
    »Was kann sie denn für ihn noch herausschlagen?«
    »Sein Leben.«
    Darauf fiel mir nichts mehr ein.
    »Ich vermute, dass der Richter die Sache für genauso verrückt halten wird wie wir«, sagte Johannsen. »Aber wer weiß.«
    »Wann wird das bekannt gegeben?«
    »Sie wird den Antrag erst in ein paar Tagen einreichen – sie meinte, sie lasse es mich nur aus Höflichkeit vorab wissen.«
    »Scheint mir ziemlich unsinnig zu sein – man sollte doch meinen, es wäre besser, Sie zu überraschen, Sie unvorbereitet zu treffen.«
    »Tante Sheila mag Konflikte, glaube ich. Und sie hat gern das Gefühl, im Mittelpunkt zu stehen.«
    Ich hatte Pete Moskal versprochen, dass ich ihn über alle Entwicklungen bezüglich Durand auf dem Laufenden halten würde. Der Commonwealth von Massachusetts hatte, in Anbetracht des Todesurteils gegen den Angeklagten, keine Auslieferung beantragt. Ich lag die ganze Nacht wach und dachte darüber nach, was Johannsen mir mitgeteilt hatte – was für eine Farce wäre es doch, wenn Durand davonkäme. Ich würde es als persönliche Tragödie betrachten, wenn er nicht gegrillt würde.
    Als das erste dünne Licht durch die Jalousien sickerte, hatte ich beschlossen, mit dem Anruf bei Moskal noch zu warten; ich wollte erst einmal sehen, wie sich die Dinge entwickelten.
    An diesem Tag ging ich ins Revier, was ich schon
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