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Die schottische Rose

Die schottische Rose

Titel: Die schottische Rose
Autoren: Jo MacDoherty
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Hause keine leichte Aufgabe erwartete, aber er würde seinem Vater den letzten Wunsch nicht versagen, der, wie er aus den Briefen seiner Mutter wusste, auch ihr innigster Wunsch war. Er sollte die Geschicke des McPherson-Clans in seine Hände nehmen und ihm endlich Ruhe und Frieden bringen. Etwas, woran es nicht nur den McPhersons mangelte und wonach sie sich sehnten, sondern auch ganz Schottland und nicht zuletzt Connor. Er hatte genug Blutvergießen gesehen und selbst dazu beigetragen, dass es für mehrere Leben reichte.
    »Was sollen diese düsteren Gedanken, Mameluck?«, brummte er und fuhr dem Hengst durch die prächtige, lange Mähne. »Ich würde sagen, wir reiten zum Elfenteich, nehmen ein ausgiebiges Bad und lassen uns von einer hübschen Nymphe becircen, was denkst du?« Er lachte, als der Hengst schnaubte und den mächtigen Schädel hochwarf. »Genau, vielleicht finden wir ja auch eine attraktive Kentaurendame, die sich einem so stattlichen Burschen wie dir sicher nicht versagen würde. Unsere Freunde können auf das Wildbret sicher noch ein wenig warten.« Er strich mit seiner behandschuhten Rechten über die drei Hasen und zwei Fasane, die er an den Sattelschlaufen befestigt hatte. Er hoffte nur, dass er keinem Grant begegnete, denn die Tiere hatte er auf dem Land des Nachbarclans erlegt, streng genommen also gewildert. Allerdings war es unwahrscheinlich, dass er dort unten einen Mann der Grants traf. Die einfachen Leute mieden das Wäldchen, weil sie glaubten, dass es dort spukte, und auch von den Grants selbst verirrte sich kaum jemand dorthin. Vermutlich erinnerte der Ort sie immer noch an das Unrecht, das sie dort begangen hatten, sagte sich Connor. Allerdings empfand er keinen Groll bei diesem Gedanken. Immerhin konnte er nicht einfach übergehen, dass sein Urahn Douglas mit dem Unrecht begonnen hatte, als er sich mit der Frau des damaligen Oberhaupts des Grant-Clans einließ, so willig sie auch gewesen sein mochte.
    Connor nahm die Zügel auf und drückte leicht die Hacken an die Flanke seines Hengstes. Mehr Aufforderung brauchte das prachtvolle Vollblut nicht. Mit einem mächtigen Satz fiel es in einen raumgreifenden Galopp, und kaum eine Minute später hatten sie den Rand des Elfenwalds erreicht, wo Connor das Tier zügelte und es vorsichtig im Schritt zwischen die dichten Bäume in den Wald hinein lenkte.
    Er hörte bereits den kleinen Wasserfall an dem Felsen rauschen, über den sich der Elfenbach, der Dulnain, in das natürliche Becken ergoss, bevor er am anderen Ende des Weihers heraus- und weiterfloss, bis er sich mit dem Spey vereinigte und zu Grant Castle strömte. Plötzlich schnaubte Mameluck leise und stellte die Ohren auf. Die starken Muskeln des Tieres vibrierten vor Anspannung, als er den edlen Schädel hob und mit geblähten Nüstern witterte. Connor hatte zwar nicht den ausgeprägten Geruchssinn seines Pferdes, aber er konnte ausgezeichnet sehen, und da sich seine Augen nach dem grellen Sonnenschein an das grünliche Dämmerlicht unter dem Baldachin des Laubwerks in dem Wald gewöhnt hatten, bemerkte er die beiden Männer kaum hundert Schritt weiter vorn sofort.
    Ihre Bögen und Kurzschwerter verrieten ebenso wie ihre zerfetzte Kleidung, dass sie alles andere als harmlose Zeitgenossen waren. Und die großen, fleckigen Beutel, die sie um die Schultern geschlungen hatten, erklärten auch, was sie taten. Sie waren Wilderer, und die Flecken stammten vom frischen Blut erlegter Tiere, Hasen vermutlich oder Fasane.
    Die gekauerte Haltung, in der sie hinter den Bäumen um den Weiher hockten, deutete darauf hin, dass sie eine weitere Beute belauerten, die sich offenbar auf oder im Weiher aufhielt. Das erklärte auch, warum sie die zwar leisen, aber doch vernehmlichen Huftritte und das Schnauben Mamelucks nicht gehört hatten. Ihre Aufmerksamkeit war vollkommen auf das Wasser gerichtet. Connor fragte sich, um was für eine Beute es sich wohl handeln mochte. Von seiner Position aus konnte er den Weiher nicht einsehen, und es würde die Wilderer sicherlich alarmieren, wenn er sein Glück auf die Probe stellte und noch dichter an die beiden Männer heranritt. Er glitt lautlos aus dem Sattel und flüsterte dem Pferd etwas auf Arabisch ins Ohr. Der scharrte mit seinem Huf im Laub, blieb jedoch wie befohlen stehen, als Connor sein Langschwert aus der Lederscheide zog, die er hinter seinem Sattel befestigt hatte, und die Arbalest, die mächtige Armbrust, die er gespannt am Sattelknauf hängen
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