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Die schottische Rose

Die schottische Rose

Titel: Die schottische Rose
Autoren: Jo MacDoherty
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höchst wohlerzogene Wesen sind, und außerdem haben wir seit Stunden keine lebende Seele zu Gesicht bekommen. Es steht Euch natürlich frei, vor dem Wald auf mich zu warten, falls es Euch beliebt. Aber jetzt lasst mich allein!«
    Sie trat auf den Soldaten zu und nahm ihm die Zügel aus der Hand. »Ich nehme Euer Pferd mit, wenn Ihr gestattet. Keine Sorge, Ihr erhaltet es spätestens auf Grant Castle unbeschadet zurück.«
    »Aber Milady …« stammelte Nanette. »Ihr …«
    »Bis später, Nanette.«
    Juliet winkte ihrer Zofe fröhlich zu und ging dann langsam zu dem Weiher, vorbei an duftendem Geißblatt, Wacholderbüschen und Beeten aus Waldmeister, die im Schatten der Bäume wie Teppiche ausgelegt waren. Als sie das Ufer erreicht hatte, band sie das Pferd, das ihr willig gefolgt war, an den tief hängenden Ast einer Eberesche, drehte sich um und sah, wie ihre Zofe zögernd wieder in die Kutsche stieg. Der Soldat sah noch einmal zu ihr herüber, schüttelte dann den Kopf, beinahe furchtsam, wie sie amüsiert bemerkte, und kletterte auf den Bock, auf den ihm der Kutscher eiligst folgte, nachdem er hinter Nanette die Klappe zugemacht und befestigt hatte. Der Mann nahm hastig die Zügel auf und trieb das Gespann mit einem Zungenschnalzen an.
    Sekunden später war Juliet endlich allein.

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2. Kapitel
    C onnor McPherson hatte es nicht eilig, zu seinen Gefährten zurückzukehren. Er war eine kleine Erhebung hinaufgeritten und genoss jetzt den weiten Blick über das Wäldchen und den Bach, der leise vor sich hin murmelte und einige hundert Meter weiter in dem Wald verschwand.
    Connor beugte sich vor und tätschelte dem Tier die rabenschwarze Flanke. »Ist es nicht wunderschön hier, Mameluck?« Er nahm das tiefe Schnauben des prachtvollen Hengstes als Bestätigung, lachte leise, richtete sich auf und sog die würzige Luft ein, die nach blühenden Blumen, Büschen und feuchter Walderde roch. Heimat! Das war der Geruch der Heimat.
    Es war so lange her, dass Connor diesen Duft gerochen hatte, dass er jetzt nicht genug davon bekommen konnte. Er war fast sieben Jahre lang von zu Hause fort gewesen. Sein freiwilliges Exil hatte ihn in Teile der Welt geführt, von denen er zuvor nicht einmal hatte reden hören. Er hatte die Heilige Stadt gesehen, den ehrwürdigen Vatikan, von dort war er weitergereist nach Konstantinopel, der anderen Heiligen Stadt, der einstigen Hauptstadt des Oströmischen Reiches, von dort nach Arabien, wo ihm ein Ungläubiger, ein Heide, dem er in einem Kampf das Leben gerettet hatte, diesen kostbaren Hengst geschenkt hatte. Jussef war, wie sich herausgestellt hatte, der Sohn eines Sultans, und er hatte so gar nicht dem barbarischen Heiden entsprochen, wie die Priester und Würdenträger der Kirche die sogenannten Wilden immer darstellten. Sein Vater, Sultan Felis el Bey, war ein ebenso gebildeter wie kluger Mensch gewesen, der es sehr bedauert hatte, als Connor nach einem Jahr weitergezogen war und sein großherziges Angebot ausgeschlagen hatte, eine seiner zahlreichen Töchter zu ehelichen und Hauptmann seiner Wache zu werden. Connor hatte das Angebot des Sultans lächelnd und mit, wie er zugeben musste, einigem Zögern abgelehnt. Denn Fatma war ebenso schön wie klug gewesen, und sie hatte auch keinen Hehl daraus gemacht, wie sehr ihr dieser ungläubige Schotte gefiel und dass sie einer Ehe mit ihm liebend gern zugestimmt hätte, was der Sultan zum Glück jedoch nicht erfahren hatte. Connor verzog das Gesicht. Nur hätte er dafür zum muslimischen Glauben übertreten müssen, und er hätte seine Heimat nie wieder gesehen. Selbst die schönsten und duftendsten Blumen des Orients jedoch hatten seine Sehnsucht nach dem feuchten Gras, dem Duft nach Moos und Farnen, nach den dichten, dunklen Wäldern und den steinigen Hügeln der Hochmoore nicht auslöschen können. Es hatte noch viele Jahre dauern sollen, bis er sie wiedersah. Dazu noch aus einem eher traurigen Anlass.
    Connors Blick glitt zu dem Wäldchen, das unter ihm lag, und weiter zu den hohen Zinnen der trutzigen, steinernen Burg, die sich schemenhaft über dem Dunst abzeichneten, den die heiße Sonne den feuchten Mooren und Weiden entlockte.
    Grant Castle, der Sitz des Clans der Grants, den direkten Nachbarn der McPhersons, und nicht gerade den freundlichsten. Die beiden Clans lagen zwar nicht in offener Fehde miteinander, zumindest hatten sie das nicht getan, als Connor vor sieben Jahren Mandrake Manor, den Stammsitz seiner Familie, verlassen
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