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Die schottische Braut

Die schottische Braut

Titel: Die schottische Braut
Autoren: Deborah Hale
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husten.
    “Beruhige dich, Mann. Ich gehe nicht weg. Lass dir Zeit, mir alles zu erzählen.”
    “Keine Zeit. Wir müssen Männer schicken. Sie … über den Fluss, hinter Chisholm her. Ich hätte sie nicht übersetzen … Das Feuer muss sie überrascht haben.”
    “Sie?” Harris stockte der Atem. “Wer sie?” Nicht Jenny. Nicht Jenny. Nicht Jenny.
    “Chisholms Braut. Senden Sie Männer, um ihr zu helfen.”
    Es schien, als wollte sich der Boden zu einem gähnenden Schlund auftun und Harris verschlucken. Jenny, Jenny, rief er stumm. Wie konnte er solche Qualen ertragen und immer noch am Leben sein?
    Dann besann er sich des Mannes auf der Bahre, der sich durchgeschlagen hatte, um Jennys Nachricht zu überbringen, wo es einfacher gewesen wäre, lautlos zu verschwinden.
    “Danke für die Botschaft.” Er stieß die Worte aus seiner zugeschnürten Kehle hervor. “Ich werde die Männer senden, die sie braucht, und alles wird gut. Ruh dich jetzt aus und versuch zu schlafen.”
    Der Verbrannte machte einen leichten Atemzug. Noch ehe Harris sich erhoben hatte, vernahm er das letzte Stöhnen, und der Mann war verschieden. Sanft zog Harris das Segeltuch über das Gesicht des Toten. Das Leiden der armen Kreatur war vorüber.
    Sein eigenes hatte erst begonnen.

24. KAPITEL
    Strahlend ging die Sonne an diesem Morgen über dem Miramichi auf. Nur wenige hatten daran geglaubt, sie wiederzusehen. Die verkohlten Überreste des Waldes dampften in der kalten Luft. Dicke Schneeflocken fielen zu Boden.
    Harris zog seinen völlig versengten Rock enger um sich, hielt die Hände vor den Mund und hauchte die Finger an, um sie zu wärmen. Er wanderte hinab zum Hafen und schüttelte beim Anblick der ausgebrannten Schiffe den Kopf. Harris wagte gar nicht, daran zu denken, wie viele Tote sie in den kommenden Tagen aus dem Fluss bergen sollten.
    Ein Freudengeschrei brach hinter ihm los. Angesichts der entstandenen Verwüstung schien nicht der rechte Moment dazu zu sein. Erst als die Männer von Chatham an ihm vorbei zur Pier strömten, sah Harris die
St. Bride
, die mit der Morgenflut einlief. Sie lag tief im Wasser mit ihrer wertvollen, lebenden Fracht.
    Harris beobachtete unbeteiligt, wie Familien wieder zusammenkamen – lachend, sich umarmend, weinend. Er wollte sich mit ihnen freuen, mit ihnen trauern und mit ihnen die Angst vor der Zukunft teilen. Doch er fühlte nichts mehr. Als hätte eine unsichtbare Macht ihm das Herz geraubt und durch einen Stein ersetzt.
    Kapitän Glendenning drängte sich durch die Menschenmenge. “Ich habe schlechte Nachrichten für Sie, Harris.” Er blickte zu Boden und schluckte schwer, als müsste er seine ganze Kraft sammeln, um zu sprechen.
    Harris wartete, bis der Kapitän sprach, ohne ihn zu drängen.
    “Letzte Nacht war raue See”, sagte der Kapitän schließlich. “Öfter als ich mich erinnern kann, dachte ich, dass meine kleine Bark auf den Grund sinken könnte. Doch der Allmächtige hat seine Hand über uns gehalten, und wir haben es überstanden. Das kann ich leider für manch anderen nicht sagen.”
    Er holte tief Luft. “Douglas’ Schaluppe sank an der Flussmündung. Sie ging unter mit Mann und Maus. Es tut mir leid.”
    Als Antwort auf Harris’ fragenden Blick fügte er hinzu: “Wegen Miss Len… ich meine Ihrer Frau.”
    Harris schüttelte den Kopf. “Sie war nicht bei Douglas.”
    “Oh, Gott sei es gedankt! Die Mannschaft wird froh sein, das zu hören. Wo ist sie?”
    Harris deutete ans gegenüberliegende Ufer des Flusses. Er brachte kaum ein Wort heraus. “Irgendwo da drüben. Sie ist nicht weggelaufen. Sie ist mir gefolgt. Ich brauche ein Boot, um nach ihr zu suchen.”
    Er sagte nicht,
nach dem, was immer das Feuer von ihrem Körper übrig gelassen hatte
. Sein Gesicht blieb ausdruckslos, und seine Worte klangen ruhig, wenn auch hölzern.
    Jenny drängte ihre Tränen zurück.
    Sie glaubte, Ruderschläge auf dem Wasser gehört zu haben, und erhob sich und versuchte zu rufen. Doch kein Ton kam über ihre Lippen.
    Sie sehnte sich danach, wieder in die segensreiche Bewusstlosigkeit zu sinken, doch das bedeutete den Tod. Irgendwann während der endlosen Nacht, als alles um sie herum brannte, hatte Jenny die Entscheidung getroffen zu leben. Das war sie Harris schuldig.
    Er hatte sie niemals aufgegeben, gleichgültig wie oft sie ihn auch von sich gestoßen hatte. Wenn er wie durch ein Wunder noch am Leben war, dann würde er sich am Leben erhalten, für ihr Wohl. Wenn es auch
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