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Die schottische Braut

Die schottische Braut

Titel: Die schottische Braut
Autoren: Deborah Hale
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die beiden kleinen Mädchen angefreundet hatten, bestand Kirstie jedes Mal darauf, die Haushälterin zu begleiten. Als Kirstie älter wurde, übernahm sie den Einkauf selbst, und ungeduldig erwartete Jenny deren Besuche. Es war die einzige Gelegenheit, etwas von der Schule, der Stadt und der weiten Welt außerhalb der kleinen Lennox Farm zu hören.
    “Jenny! Hast du wirklich vor, uns heute zu verlassen?” Kirstie blickte ihre Freundin aufrichtig erstaunt an. “Ich bin seit zwei Wochen bei meiner Tante in Dumfries. Darüber habe ich alles andere vergessen. Es ist nur Zufall, dass ich dir hier begegnet bin.”
    “Was tust du denn in Kirkcudbright?” wollte Jenny wissen.
    Kirsties klare blaue Augen funkelten fröhlich. “Vater brachte Harris Chisholm hierher, damit er sein Schiff erreichen kann, und er wollte, dass ich mitkomme. Es ärgert Vater fürchterlich, dass Mr Chisholm es sich in den Kopf gesetzt hatte, auszuwandern. Gewiss wird er niemals wieder so einen guten Verwalter finden.”
    Als Jenny Harris Chisholms Namen hörte, verzog sie das Gesicht, als hätte sie in einen sauren Apfel gebissen. Sie war oftmals dem größten Frauenfeind von Dalbeattie beim Kirchgang begegnet. Bei diesen Gelegenheiten hatte er nur kühl eine Verbeugung angedeutet und ihr unverhohlene Missachtung entgegengebracht.
    “Vielleicht dachte dein Vater, dass du dich mit Mr Chisholm vermählen und er dann mit dir hier in deinem Heimatort bleiben würde”, neckte Jenny die Freundin. Als hübsche Tochter eines reichen Mannes hatte Kirstie eine Schar von Verehrern. Sie hatte die Wahl, dennoch machte sie keine Anstalten, sich bald zu verehelichen.
    “Harris Chisholm!” Kirstie brach in Gelächter aus. “Oh, so schlimm wäre er gar nicht, wenn er mich nur nicht immer so herrisch ansehen würde. Er hält mich anscheinend für eine launische Närrin.”
    Jenny stimmte in das Gelächter der Freundin ein. Sie fühlte sich sonderbar erleichtert, dass Harris Chisholm ebenso ungehobelt mit reicheren und besser erzogenen Mädchen, als sie es war, umging.
    “Bist du auf dem Weg hierher Lowell und Mag Walker begegnet?”, fragte Jenny. “Ich soll mit ihnen reisen und mache mir langsam Sorgen, dass sie es nicht rechtzeitig schaffen.”
    Kirstie Robertsons sonst so fröhliches Gesicht nahm einen ungewohnt ernsten Ausdruck an. “Die Walkers? Hast du es nicht gehört? Lowell war heute Morgen dabei, seinen störrischen Braunen aufzuzäumen, als das niederträchtige Tier ausschlug und ihm gegen das Bein trat. Es soll unterhalb des Knies gebrochen sein. Die arme Mag hat Angst, dass er es verliert. Sie werden heute bestimmt nicht segeln, wenn überhaupt jemals.”
    “Oh.” Jenny spürte, wie ihr das Blut aus dem Gesicht wich. Sie hatte keine Hoffnung, ihren Vater überreden zu können, sie den Atlantik allein überqueren zu lassen. Ihr Bruder Ross war zweiter Maat auf der Brigg
Bunessan
. Er schrieb gelegentlich nach Hause und erzählte schreckliche Geschichten über die Rohheit unter der Mannschaft. Keinesfalls würde Alexander Lennox seine Tochter unbehütet an Bord der
St. Bride
gehen lassen.
    Ich hätte wissen müssen, dass es zu schön gewesen wäre, um wahr zu sein, dachte Jenny bitter. Alles war zu einfach und ohne Mühe vonstattengegangen – bis jetzt. Als Roderick Douglas nach Hause geschrieben und um eine Braut geworben hatte, waren die anderen heiratsfähigen Mädchen von Dalbeattie zurückhaltend gewesen, den Antrag anzunehmen. Einige hatten Angst gehabt, den endlos scheinenden Ozean zu überqueren. Andere hatten sich nicht überwinden können, von ihren Familien getrennt zu werden. Jenny nahm die Aussicht sofort wahr, einen Mann zu ehelichen, den sie einst aus der Ferne verehrt hatte. Einen Mann, der nun ein erfolgreicher Schiffsbauer war, der ihr das vornehme, reiche Leben bieten konnte, nach dem sie sich sehnte. Sie hatte so sehr an das Wunder geglaubt und sah nun ihren Traum wie eine Seifenblase platzen.
    Entschlossenheit zeigte sich in ihrem Blick, als sie die Schultern straffte. Es bedurfte mehr als des störrischen Pferds eines Lowell Walker und der strengen Ansichten ihres Vaters, um sie von ihrer strahlenden Zukunft abzuhalten. Sie würde schon einen Weg finden, um zu Roderick Douglas zu kommen, selbst wenn sie über das Meer schwimmen müsste!
    Kirstie legte tröstend den Arm um Jennys Schultern. “Es wird doch noch jemand anders geben, der bereit ist, dich unter seine Obhut zu nehmen. In solchen Dingen sind Menschen gern
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