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Die schottische Braut

Die schottische Braut

Titel: Die schottische Braut
Autoren: Deborah Hale
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mussten besser sein als seine, denn Harris konnte überhaupt keine Farbe ausmachen. “Fahren wir hin, um nachzusehen.”
    Als sie näher kamen, wurde es augenscheinlich, dass die Gestalt menschlicher Natur war. Und er oder sie winkte ihnen zu, damit sie aufmerksam wurden. Die Ruderer strengten sich bei jedem Schlag gehörig an, und das kleine Fahrzeug schoss in der Strömung dahin.
    Es war eine Frau.
    Sie winkte. Ihr Ärmel … welche Farbe hatte er? Lavendelfarben wie Heidekraut?
    Zuerst wollte Harris nicht daran glauben, denn Hoffnung öffnete bloß Tür und Tor für Verzweiflung. Bis der Augenblick kam, als er nicht länger infrage stellen konnte, dass es Jenny war.
    Sie lebte. Unversehrt. Seine Jenny.
    Harris sprang in den Miramichi.
    “Harris!”
    Als er seine eigene Verwunderung sah, die sich in ihrem Gesicht widerspiegelte, dämmerte ihm, dass sie um sein Leben ebenso gebangt hatte wie er um das ihre.
    “Jenny! Oh Jenny, Mädchen!”
    Sie umklammerten einander, und alle Macht der Hölle hätte sie nicht mehr voneinander trennen können. Sie küssten sich und die Zeit schien stillzustehen. Wie aus weiter Ferne vernahm Harris den Jubel der Männer auf der Ruderbank. Und für einen Augenblick brach ein Sonnenstrahl durch die Wolken und die Rauchschwaden.
    Jenny drohte vor Entsetzen zu ersticken und bemühte sich aufzuwachen. Sie spürte Wärme, und das war falsch.
    Die Wärme von warmen Decken. Und am schönsten von allem, die Wärme des Mannes, den sie liebte, und der nahe bei ihr lag. Sicher war es nur ein Streich ihrer Fantasie, die sie einlullen wollte, bevor sie starb.
    Als sie nach Atem ringend erwachte, lag sie in Harris’ Armen.
    “Komm zu dir, Jenny. Du bist bei mir, Mädchen. Alles ist vorbei.”
    “Harris?” Alles war so dunkel. “Wo sind wir?”
    “An Bord der
St. Bride
. Erkennst du deine eigene Koje nicht? Ein bisschen eng, doch das hat sein Gutes. Du warst so kalt, als ich dich herbrachte, dass ich Angst hatte, du würdest dich nie mehr erwärmen.”
    Sie küsste ihn, um sich selbst davon zu überzeugen, dass es Wirklichkeit war. Sie küsste ihn innig, besitzergreifend, sehnsüchtig.
    Erfreut erwiderte er ihre Küsse.
    Die enge Koje gab ihnen wenig Bewegungsfreiheit, doch das war gleichgültig. Ihre Körper verschmolzen und entfachten ein elementares Feuer. Die Bark schien in ihrem Liebesrhythmus zu schaukeln. Sie atmeten begierig den Duft des anderen. Und verlangend erwiderte Jenny seine berauschenden Küsse und er die ihren.
    Ihre Hände suchten einander, als wollten sie sichergehen, dass sie wirklich wieder vereint waren. Jeder versuchte, den anderen noch näher an sich zu ziehen, als ob das noch möglich wäre.
    Ah, doch es war möglich …
    Jenny zog Harris auf sich. Ein Stöhnen der Wollust und Erfüllung entwich ihrer Kehle, als er sich mit ihr vereinte.
    Für Harris und Jenny war die Zeit gekommen, an Bord zu gehen und die Verwüstungen an den Ufern des Miramichi hinter sich zu lassen wie einen bösen Traum. Der Gedanke nagte an Harris, als er am Dock entlangschritt, und dämpfte damit die Freude, mit Jenny bis ans Ende ihrer Tage glücklich zusammenzuleben.
    Hier galt es so vieles zu tun, um dem frühen Winter zu begegnen. Das Feuer könnte sonst noch mehr Opfer fordern. Für den Augenblick gruben die Überlebenden die Kartoffeln aus den verbrannten Feldern, um durchzuhalten, bis Hilfe kam. Notdürftige Behausungen mussten gebaut werden. Kleidung und andere notwendige Dinge mussten an jene verteilt werden, die alles verloren hatten. Die Verwundeten bedurften der Behandlung, und die Toten mussten bestattet werden.
    Harris wusste, sie brauchten nun einen Anführer, der ihnen zur Seite stand, wie er während des Brandes. Sie hatten ihn gebeten zu bleiben.
    Jetzt zog Harris den Rock enger an sich, um den kalten Wind abzuhalten.
    Bleiben … wie konnte er das?
    Jenny liebte ihn. Sie hatte es gesagt, es ihm gezeigt, und endlich glaubte er es auch. Doch er wusste auch, was Jenny über die Liebe dachte … ein Bleiben könnte ihre Liebe töten, so sicher, wie ein Herbstfrost die blühende Sommerrose verwelken ließ. Harris machte sich keine Illusion, dass dieser Winter schmerzliche Entbehrungen und Not für das Gebiet des Miramichi bringen würde. Danach würden noch Jahre des Kampfes und der Härte folgen, um die Siedlung wieder aufzubauen.
    Konnte er mit ansehen, wie Jennys Liebe in solch rauem Klima welken und sterben würde, sich in Bedauern … sogar in Hass verwandeln
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