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Die schottische Braut

Die schottische Braut

Titel: Die schottische Braut
Autoren: Deborah Hale
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Roderick Douglas’ private Schaluppe. Unter der Mannschaft, die eiligst daranging, Segel zu setzen, bemerkte er die Gestalt einer Frau.
    Bildete er es sich nur ein, oder war es Jenny?

23. KAPITEL
    Jenny schritt den Pfad entlang und betete darum, dass sie dem richtigen Ziel entgegenstrebte. Als sie nahende Hufschläge vernahm, suchte sie Schutz im Unterholz wie schon zuvor. Vielleicht hatte sie nichts zu befürchten. Doch nachdem sie die Macht Roderick Douglas’ erlebt hatte, wollte sie sich keiner weiteren Gefahr aussetzen.
    Wieder rollte ein Donner. Doch wo blieb der Regen?
    Als der Hufschlag des Pferdes verklang, kam Jenny aus ihrem Versteck hervorgekrochen und eilte weiter die Straße entlang. Sie wusste noch nicht, was sie tun konnte, sollte es ihr gelingen, Harris und seine Fänger einzuholen. Doch hoffte sie, dass der Fährmann die Nachricht schnellstens auf die
St. Bride
bringen und sie bald Verstärkung bekommen würde.
    Sie musste sich nicht erst in Erinnerung rufen, dass Harris nur ihretwegen in Gefahr war. Mit ihrer Vermählung hatte er sich zum Gegner eines mächtigen und unbarmherzigen Mannes gemacht. Er hatte ihr den Luxus einer Hochzeitsnacht in der Herberge gewährt und sich dadurch angreifbar für Verrat gemacht. Als Douglas’ Häscher bei ihnen einbrachen, kämpfte Harris wie ein Besessener, um sie zu beschützen. Sie war seine Schwäche und sein Untergang. Jenny schwor sich, alles wieder gutzumachen, selbst wenn es bedeutete, dass sie diese abscheulichen Schurken mit den bloßen Händen angreifen musste.
    Die Erde unter Jennys Füßen bebte. Das war kein gewöhnlicher Sturm, dessen war sie gewiss. Entsetzen schnürte ihr die Kehle zu.
    Plötzlich waren überall Tiere im Wald. Jenny schrie auf, als ein großer Hase direkt an ihr vorbeisprang. Ein Fuchspaar folgte ihm unmittelbar, doch sie spürte, dass es nicht hinter dem Hasen her war. Eine Damhirschkuh und zwei Kitze überquerten die Straße mit einem einzigen Sprung und liefen auf den Fluss zu.
    Dann erblickte Jenny die Flammen.
    Sie folgte den von Entsetzen getriebenen Waldbewohnern und suchte Schutz am Miramichi.
    Selbst als sie um ihr Leben rannte, schien eine schwache innere Stimme sie zu verhöhnen:
Läufst du schon wieder davon, Jenny? Wirst du niemals aufhören?
    “Kommen Sie, Madam. Sie nehmen das Baby, und ich trage den kleinen Burschen.” Harris beugte sich hinab, um das Kind hochzuheben.
    Der Junge trat ihn gegen das Schienbein. “Ich bin kein kleiner Bursche! Ich bin ein großer Junge, und ich kann selbst gehen. Lass mich in Ruhe!”
    Trotz der gebotenen Eile kam Harris nicht umhin zu lächeln. Zweifelnd blickte er auf die kleinen bloßen Füßchen, die unter dem Nachthemd des Kindes hervorlugten.
    “Aye, kein Zweifel”, entgegnete er lächelnd, obwohl sein Fuß wieder schmerzte. “Doch ein Narr, der geht, wenn er reiten kann. Soll ich dein Pferdchen sein?”
    Der Knabe blickte zu seiner Mutter, die sich bemühte, das schreiende Baby zu beruhigen.
    “Tu, was der Mann sagt, Willy! Wir müssen auf das Schiff.”
    “Na gut.”
    Harris nahm den Jungen auf die Schultern und schritt dem Hafen zu. Sein Fußgelenk ächzte bei jedem Schritt unter der zusätzlichen Last. Doch der Schmerz war nichts gegen die Angst, die in seinem Herzen wuchs.
    Es überraschte ihn nicht, dass Jenny die Herberge verlassen hatte, und keiner bereit war zuzugeben, sie gesehen zu haben. Harris ahnte, was die Scherben des zerbrochenen Kruges auf dem Fußboden bedeuteten.
    War Roderick Douglas gekommen und hatte sie entführt, ehe sie sich auf der
St. Bride
in Sicherheit bringen konnte? Oder hatte sie ihren Bräutigam tot geglaubt und sich entschlossen, es doch mit dem wohlhabenden, wenn auch brutalen Roderick zu versuchen, anstatt sich selbst durchzuschlagen? Harris war sich nicht sicher, was ihm mehr Schmerz bereitete. Das altbekannte Gefühl der Verlassenheit drohte ihn erneut zu übermannen.
    Doch er wehrte sich dagegen.
    Es war in den kommenden Tagen noch Zeit genug, sich zu ängstigen und zu trauern. Für den Augenblick musste er sich damit zufriedengeben, dass Jenny in Sicherheit war – zumindest vor dem Feuer –, jetzt galt es, andere Menschen zu retten.
    Vorsichtig schritt er über die wackelige Laufplanke und reichte das Kind einer älteren Frau, die die Hände ausstreckte, um es ihm abzunehmen. Dann half er der Mutter des Knaben, den Steg zu überqueren.
    “Das müssen die Letzten sein, Harris!”, rief Kapitän Glendenning. “Wir können
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