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Die schoene Luegnerin

Die schoene Luegnerin

Titel: Die schoene Luegnerin
Autoren: Jude Deveraux
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er trug, exzellent geschneidert war und einmal sehr teuer gewesen sein mußte, jetzt allerdings war er abgetragen und an manchen Stellen zerschlissen.
    Carrie wischte ihre Handflächen nervös an ihrem Rock ab und hörte, wie der Kutscher das Gepäck vom Wagendach ablud, aber sie rührte sich immer noch nicht von der Stelle und hielt Choo-choo auf ihrem Schoß fest. Sie ließ Josh dabei nicht aus den Augen, weil sie sichergehen wollte, daß ihre Gefühle sie nicht getäuscht hatten, als sie das Foto betrachtet hatte. Jetzt sah sie ihn wirklich und fragte sich, was für ein Mann er wohl war.
    Er blieb regungslos stehen, sogar dann noch, als es so schien, daß niemand mehr die Kutsche verlassen würde. Er stand einfach nur da, beobachtete seine Umgebung und wartete.
    Er weiß, daß ich hier sitze, dachte Carrie, er weiß es und wartet auf mich. Bei diesem Gedanken wurde sie ruhiger und lächelte ebenso wie die Frau, die ihr gegenübersaß. Sie wickelte Choo-choos Leine um ihr Handgelenk, stand auf und wandte sich zur Tür.
    In dem Augenblick, in dem Josh einen Rock im Innern der Kutsche aufblitzen sah, trat er vor, doch als Carrie ganz zu sehen war, hielt er mitten im Schritt inne.
    In dem Moment, in dem sich ihre Blicke kreuzten, wußte Carrie ohne jeden Zweifel, daß sie keinen Fehler gemacht hatte. Mr. Joshua Greene gehörte zu ihr, und er würde für den Rest ihres Lebens an ihrer Seite sein.
    Sie schenkte ihm ein zaghaftes Lächeln, ihr Herz pochte bis zum Hals, und mit einem mal fiel es ihr schwer, auch nur einen klaren Gedanken zu fassen.
    Ohne eine Miene zu verziehen, ging Josh rasch auf sie zu, und von seinem hübschen Gesicht war nicht abzulesen, was er empfand — das einzige Anzeichen für seine Nervosität war, daß er beinahe den Kutscher umgerannt hätte, als er mit zielstrebigen Schritten auf Carrie zustürmte. Er legte seine starken Hände um ihre Taille, um ihr beim Aussteigen behilflich zu sein.
    Als Joshs Hände Carrie berührten — in dem Moment, in dem sie zum erstenmal aufeinander trafen —, waren beide wie versteinert. Er hielt sie umklammert und sah zu ihr auf, und plötzlich wurde die Spannung zwischen ihnen fast unerträglich. Carries Herz klopfte so heftig, daß es ihr Mieder zu zersprengen drohte.
    Eine schier endlose Zeit blieben sie so stehen, während der Josh ihre Taille nicht los ließ und Carries Füße kaum noch die Stufen der kleinen Trittleiter streiften, als sie sich anstarrten. Auf einen Außenstehenden mußten sie wie Statuen wirken, nur wer genauer hinsah, merkte daß ihr Atem heftiger ging und der Pulsschlag beschleunigt war.
    »Wollt ihr zwei Turteltauben mir nicht endlich aus dem Weg gehen? « brummte der Kutscher und versuchte, Josh zur Seite zu schieben. Aber Josh blieb stehen, als ob er Wurzeln geschlagen hätte.
    Erst Carries strahlendes Lächeln brach den Bann. Und als Josh ebenfalls den Mund verzog, schmolz sie dahin. Auf der ganzen Welt konnte es kein schöneres Lächeln geben — seine Zähne waren gleichmäßig und blendendweiß und seine Lippen perfekt geschwungen.
    Der Kutscher beobachtete mit mißbilligenden Blicken, wie Josh Carrie langsam vom Trittbrett hob und auf die Füße stellte. Dann löste Josh den Griff um ihre Taille, und seine Hände glitten höher, bis zu ihren Armen. Als seine Handflächen kaum merklich über ihre Brüste strichen, war Carrie einer Ohnmacht nahe.
    Als Carrie — im wahrsten Sinne des Wortes — wieder festen Boden unter den Füßen hatte, trat Josh einen Schritt beiseite und legte einen Finger an seine Hutkrempe. »Ma’am«, sagte er leise.
    Wenn Carrie nicht schon längst ihr Herz an ihn verloren hätte, dann hätte sie sich sicherlich auf der Stelle in ihn verliebt, nachdem sie seine Stimme gehört hatte. Es war seltsam, aber obwohl sie im vergangenen Jahr nahezu unaufhörlich an ihn gedacht hatte, hatte sie sich niemals überlegt, wie seine Stimme klingen würde. Sie war so tief und wohltönend wie die Stimme eines Sängers.
    Carrie war klar, daß sie sich hätte vorstellen müssen, aber ihr blieben die Worte im Hals stecken. Was hätte sie auch sagen sollen? — »Hallo, ich bin Ihre Frau« oder »Meinen Sie wirklich und im Ernst, daß Sie eine Farmersfrau brauchen? « Oder sollte sie das sagen, was ihr bei seinem Anblick als erstes durch den Kopf geschossen war: »Küß mich! «?
    Nachdem sie all diese Möglichkeiten verworfen hat-te, fiel ihr nichts mehr ein, und sie entfernte sich schweigend von der Kutsche. Choo-choo
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