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Die schöne Ballerina (German Edition)

Die schöne Ballerina (German Edition)

Titel: Die schöne Ballerina (German Edition)
Autoren: Nora Roberts
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konnte ahnen, wie sehr sie sich zusammennehmen musste, um nach außen hin so ruhig und gelassen zu wirken.
    Es nützte gar nichts, dass sie sich immer wieder sagte, es sei einfach lächerlich, wegen einer einfachen Schulaufführung Lampenfieber zu haben. Sie war fast so aufgeregt wie früher vor ihren eigenen Auftritten als Solotänzerin.
    Was bedeutete es schon, dass die Generalprobe so gut verlaufen war. Lindsay war zwar nicht, wie viele ihrer Künstlerkollegen, der Meinung, eine gelungene Generalprobe fordere das Unglück geradezu heraus, aber wie leicht konnte die eine oder andere ihrer Schülerinnen beim Anblick der vielen Menschen nervös werden.
    Lindsay hoffte nur, die Zuschauer würden über Fehler hinwegsehen und mit Applaus nicht sparen, denn die Kinder hatten für das heutige große Ereignis monatelang fleißig und begeistert geübt und verdienten wirklich, für ihre Mühe belohnt zu werden.
    Gerade war Mr Dingly, der Vater der kleinen Roberta, hereingekommen. Er schüttelte Lindsay die Hand. Im Gegensatz zu den meisten anderen Vätern war er jedoch nicht im Anzug erschienen, sondern ganz leger in einer hellen Hose mit Pullover.
    Lindsay hatte es absichtlich unterlassen, auf ihren Einladungen um offizielle Kleidung zu bitten, weil sie wusste, wie sehr das Gelingen ihrer Vorführabende davon abhing, dass die Eltern ihrer Schülerinnen sich wohlfühlten. So schuf sie für diese Zusammenkünfte zwar stets einen festlichen Rahmen, sorgte aber gleichzeitig für eine ungezwungene und entspannte Atmosphäre. Entspanntes Publikum war leichter zufriedenzustellen, und zufriedene Zuschauer machten bei ihren Freunden und Bekannten Reklame für Lindsays Schule. Hauptsächlich dieser Mund-zu-Mund-Propaganda verdankte Lindsay den schnellen Erfolg ihres Studios.
    Aber noch aus einem anderen Grund lag Lindsay sehr daran, die Schülervorführungen zu einem besonderen Erlebnis für Groß und Klein zu gestalten. Sie war sich darüber klar, dass viele Eltern und Großeltern auf ein beliebtes Fernsehprogramm oder auf einen gemütlichen Abend zu Hause oder mit Freunden verzichtet hatten, um den kleinen Tänzerinnen durch ihre Anwesenheit eine Freude zu machen, und Lindsay fand, so viel selbstlose Liebe müsse belohnt werden.
    So bemühte sie sich immer wieder, Abwechslung in das Programm zu bringen. Für jedes Kind schrieb sie eine spezielle Choreografie, die seinem Können entsprach, damit es seinen Angehörigen zeigen konnte, wie viel es im letzten Jahr schon gelernt hatte.
    Als am Nachmittag das Unwetter losbrach, hatte sich Lindsay schon auf einen halb leeren Zuschauerraum gefasst gemacht. Darum empfand sie jetzt, beim Anblick der vielen Menschen, die sich weder von Sturm noch Regen hatten abschrecken lassen, Dankbarkeit und Rührung.
    In diesem Augenblick war sie froh, nach Cliffside zurückgekehrt zu sein. Gewiss, sie hatte New York geliebt – die erregende Atmosphäre der Großstadt, die Herausforderung ihres Berufes –, aber sie schätzte die beschauliche Ruhe ihrer jetzigen Umgebung und fühlte sich den Menschen dieser kleinen Stadt verbunden.
    Vielleicht sollte jeder einmal seine Heimat verlassen, dachte sie, um später zurückzukehren. Nicht unbedingt, um für immer dort zu bleiben, aber um den Ort der Kindheit als Erwachsener aus einer anderen Perspektive zu erleben.
    Gerade lächelte die Mutter einer ihrer Schülerinnen Lindsay von Weitem zu. Sie hatte sie früher als Babysitter betreut, wenn die Eltern abends ausgegangen waren. Wie schön war es, so viele vertraute Gesichter um sich versammelt zu sehen, Gesichter, von denen sie die meisten schon seit ihrer Kindheit kannte.
    »Lindsay!«
    Lindsay drehte sich erfreut um und begrüßte eine ehemalige Schulkameradin, deren Tochter die Anfängerklasse besuchte.
    Jackie hatte sich in den letzten Jahren kaum verändert. Sie war hübsch und schlank wie als junges Mädchen und wirkte immer noch genauso tüchtig wie damals, als sie neben ihrer harten Arbeit für die Schule noch in vielen Komitees tätig gewesen war.
    »Hallo, Jackie! Wie schön, dich zu sehen. Ist dein Mann auch mitgekommen?«
    »Natürlich, was denkst du denn? Und auch unser Sohn. Du kannst dir gar nicht vorstellen, wie aufgeregt wir alle sind!«
    Lindsay folgte Jackies Blicken und entdeckte deren Mann, der sich gerade mit einem der anderen Herren unterhielt. Jackie hatte den früher von allen Mädchen umschwärmten Leichtathleten ein Jahr nach ihrer Abschlussprüfung geheiratet. Inzwischen war er zum
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