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Die schöne Ärztin

Die schöne Ärztin

Titel: Die schöne Ärztin
Autoren: Heinz G. Konsalik
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unser medizinischer Ahnherr einen Bart hatte, aber damals, um 370 v. Chr. trug man Bärte. Wenn Sie sich die alten Skulpturen ansehen –«
    »Bernhard, lenken Sie nicht mit solchem Quatsch ab.« Waltraud Born beugte sich zu Dr. Pillnitz vor. »Ich schwöre Ihnen meinerseits, daß ich diese Veronika mit meinen Händen zur Tür hinauswerfe, wenn sie frech wird.«
    »Mit Ihren zarten Händen, mein Mädchen?«
    »Daß sie geduldig im Röntgenzimmer wartet, beweist mir Verdächtiges. Das paßt nicht zu ihr. Wir kennen sie. Um ein Ziel zu erreichen, wird sie geduldig wie eine Katze, die vor einem Mauseloch sitzt.«
    »Das ist schön«, sagte Dr. Pillnitz und lächelte.
    »Was?«
    »Daß ich eine Maus bin.«
    »Ach Sie!« Waltraud Born rutschte vom Schreibtisch herunter und knöpfte den weißen Arztkittel wieder zu. »Mit Ihnen kann man nicht reden!«
    »Doch.« Dr. Pillnitz wurde plötzlich sehr ernst. »Ich möchte Sie deshalb bitten, Waltraud, nach der Sprechstunde zu gehen und mich mit Frau Sassen allein zu lassen.«
    »Nein!« rief Dr. Born entschlossen.
    »Ich weiß, wie neugierig Frauen sind, aber hier sollten Sie begreifen, daß es Dinge zu besprechen gibt, die nicht nur für mich, sondern für Buschhausen im Ganzen wichtig sind.«
    »Mit Veronika?«
    »Ja.«
    »Also wissen sie, warum sie gekommen ist?«
    »Nein, ich ahne es nur.« Dr. Pillnitz stemmte sich an seinen Krücken hoch und humpelte zum Waschbecken, um sich die Hände zu waschen. »Ich kann als Mensch ein Trottel sein«, sagte er dabei. »Ich kann im Leben gescheitert sein, aber logisches Denken war immer meine Stärke. Vielleicht ist das mein Grundfehler: Weil ich ahne, was sich aus Situationen, die plötzlich da sind, noch ergeben wird, scheitere ich oft, denn ich handle mit dem Blick auf die Zukunft und bin deshalb, in den Augen der anderen Menschen, die nur bis zur Nasenspitze sehen und danach handeln, ein Sonderling. So auch jetzt, schöne Kollegin. Ich ahne, was Veronika hierherführt.«
    »Ich verstehe nicht, was Sie sagen wollen.«
    »Lassen Sie uns allein, darum bitte ich Sie.«
    Waltraud Born seufzte. »Meinetwegen«, sagte sie. »Man kommt ja doch nicht gegen Sie an.«
    Als es dann soweit war, humpelte Dr. Pillnitz zum Röntgenraum, stieß die Tür auf und sagte: »Darf ich bitten, gnädige Frau …«
    Veronika Sassen stürmte erbost ins Ordinationszimmer und stieß hervor: »Du hättest mich ja noch länger warten lassen können!«
    Dr. Pillnitz schloß die Tür und drehte den Schlüssel herum. Veronika sah es.
    »Warum das?« fragte sie nervös. Ihre Stimme war höher als sonst, etwas schrill und durchtränkt von unterdrückter Erregung.
    »Es ist besser so, Vroni.« Dr. Pillnitz blieb, auf seine Krücken gestützt, mitten im Zimmer stehen. »Wann fahren wir?« fragte er plötzlich.
    Veronika Sassen zuckte zusammen. »Wieso?« stotterte sie.
    »Um mich das zu fragen, bist du doch gekommen?«
    »Aber wieso denn?« fragte sie noch einmal.
    »Daß ihr Frauen nie begreift, daß das Leben nach logischen Gesetzen abläuft, auch wenn es nach außen hin völlig sinnlos erscheint. Cabanazzi ist tot. Er war dein großer, innerer Anstoß, er war dein Rückfall in die Zeit, die du vergessen wolltest als Veronika Sassen. Aber es ging nicht, die Gier in dir war stärker, deine Natur brach wieder auf, du warst wieder das Mädchen, das genommen wurde, das einen Mann braucht, wenn es nur einen Mann sieht, das gar nicht anders kann, als zu lieben, weil die Liebe das einzige ist, was sie beherrscht.
    Ja, so ist das, Vroni. Du bist krank. Eine Kleptomanin muß stehlen, sie kann nicht anders. Du mußt lieben, sonst wirst du verrückt wie eine Morphinistin, der man das Gift entzieht.« Dr. Pillnitz lächelte grausam, als Veronika Sassen an das Fenster trat und nervös den Gardinensaum zwischen ihren zitternden Fingern zerknüllte. »Nun ist Cabanazzi, dieser südliche Sexualathlet, tot. Dir fehlt das Rauschgift der Liebe, denn der gute Ludwig Sassen ist zwar ein Millionär und rührender Ehemann, aber in den Armen einer Frau wie du verliert er den Atem und marschiert am Rande eines Herzinfarkts.«
    »Du bist geschmacklos«, zischte Veronika.
    »Stimmt es denn nicht? Du stehst jetzt hier, weil du keinen Ausweg siehst. Du weißt nur eins: Bei Sassen kannst du nicht mehr bleiben.«
    Schweigen. Veronika starrte hinaus auf den Zechenplatz. Sie sah Menschen, die brav zur Arbeit gingen oder von ihr kamen. Wie mich das alles anwidert, dachte sie. Diese biedere
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