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Die schneeweiße Katze

Die schneeweiße Katze

Titel: Die schneeweiße Katze
Autoren: Ursel Scheffler
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wahrheitsgemäß. Und dann berichtet er von dem rätselhaften Einbruch im benachbarten Juweliergeschäft.
    „Und Sie haben keinerlei Spuren gefunden?“, erkundigt sich Madame Schuschu gespannt.
    Zwiebel verneint. „Nur ein paar weiße Fussel. Vermutlich von einem Angorapullover. Sie werden gerade im Labor untersucht.“
    „Wenn ich diese Fussel haben könnte? Sie würden mir vielleicht weiterhelfen ... Natürlich nur, wenn sie mit dem Täter in Zusammenhang stehen“, sagt Madame Schuschu nachdenklich und blickt in die Kristallkugel.
    „Ich könnte zusätzlich die Karten und das Pendelorakel befragen“, fügt sie hinzu.
    Zwiebel zögert einen Augenblick, ehe er die Frage stellt, die ihn bedrückt: „Glauben Sie ... glauben Sie, dass es Geister gibt?“
    „Es gibt viele Dinge zwischen Himmel und Erde, von denen sich unsere Schulweisheit nichts träumen lässt“, antwortet Madame Schuschu und lächelt geheimnisvoll.
    Ehe Zwiebel geht, sieht er sich noch einmal um. Irgendetwas ist anders als beim letzten Mal. Richtig: Es fehlt die Katze, die damals so freundlich um seine Beine schnurrte, als er zur Tür ging.
    „Wo ist eigentlich Ihre Katze?“, erkundigt sich Zwiebel.
    Aber diese Frage hätte er lieber nicht stellen sollen. Denn nun bricht Madame Schuschu in Tränen aus.
    „Isis, meine Isis!“, sagt sie schließlich. „Sie war das perfekte Medium, mein bester Helfer. Und so intelligent! Sie führte Dinge aus, noch ehe ich selbst sie ahnte. Sie war die Seele meines Geschäftes. Mit Sicherheit hätte sie auch den Dieb oder den diebischen Geist entdeckt! Aber Isis ist leider – verschwunden!“
    „Verschwunden?“
    „Verschwunden! Gestohlen, ermordet, überfahren ... Wer weiß? Jedenfalls kehrte sie vorgestern Abend von ihrem Mondscheinspaziergang über die Dächer der Stadt nicht zu mir zurück.“
    „Haben Sie beim Tierheim angerufen? Eine Annonce in die Zeitung gesetzt?“
    „Sollte ich das? Ich dachte ja immer noch, sie kommt zurück. Aber das ist wirklich eine Idee, Kriminalhauptmeister. Ich setze in der Zeitung eine Belohnung aus.
    Ich meine ... vielleicht findet man ja das arme Tier irgendwo krank oder verletzt, dann wird man wissen, wo es hingehört!“
    Zwiebel verspricht Madame Schuschu sogar, den Verlust der Katze auf dem Revier zu melden, dann geht er.
    „So weit kommt es noch, dass wir streunende Katzen suchen. Als ob wir nichts Dringenderes zu tun hätten!“, poltert Kugelblitz, als Zwiebel von seinem Besuch bei Madame Schuschu und dem Verlust der schneeweißen Orakelkatze berichtet.
    Aber dann überstürzen sich die Ereignisse. Vom Labor kommt die Meldung, dass es sich bei den weißen Fusseln um Katzenhaare handelt. Der Juwelier meldet, dass die Klimaanlage ausgefallen ist und dass es so aussieht, als hätte jemand von außen das Lüftungsgitter abgeschraubt und wieder befestigt. Da findet Kugelblitz, dass Katzen doch ganz interessante Tiere sind. Und blitzartig erinnert er sich an einen berühmten Kriminalroman, in dem der Detektiv vor dem gleichen Rätsel stand: Wie kam der Täter in einen verschlossenen Raum? Das Tatinstrument war allerdings keine Katze, sondern eine Giftschlange, die von dem Mörder durch den Ventilator ins verschlossene Zimmer geschickt wurde. Wie nun, schließt Kugelblitz messerscharf, wenn in diesem Fall jemand eine besonders geschickte Katze durch den geräumigen Schacht der Klimaanlage geschickt und zum Einbruch benutzt hätte? Hatte jemand Madame Schuschus gelehrige Katze gestohlen, um sie als Helfer bei einem Diebstahl zu verwenden?

    Zwiebel ist zunächst sprachlos, als ihm Kugelblitz seine Theorie erläutert. Dann ruft er begeistert:
    „Ja, Chef! Genauso muss es gewesen sein! Jemand, vielleicht ein Kunde von Madame Schuschu, hat die Katze gestohlen und für den Einbruch benützt. Sie war eine besonders geschickte Katze, müssen Sie wissen ...“
    Leicht errötend gesteht Zwiebel die Angelegenheit mit der „Herzdame“.
    „Und die weiße Katze hat wirklich die Karte ganz allein herausgesucht und hergebracht?“
    „Ja, Chef. Sie hat sie mit der Pfote herausgezogen und im Maul zu Madame Schuschu gebracht.
    Es war, als würde sie ihre unausgesprochenen Gedanken ausführen“, erklärt Zwiebel seinem noch etwas ungläubig dreinblickenden Chef.
    Madame Schuschus Katze als Einbrecher? Oder besser: als Werkzeug eines Einbrechers, der sie mit seinen geistigen Kräften von draußen dirigierte und ihr vor dem Schaufenster mit Gesten und Gedanken zu verstehen gab:
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