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Die Schmerzmacherin.

Die Schmerzmacherin.

Titel: Die Schmerzmacherin.
Autoren: Marlene Streeruwitz
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ich den rechten Türflügel auf und betrete den Konferenzraum, in dem.« Sie hielt inne. Gino seufzte. »Und was hat unsere Reporterin zu reporten.« Er leierte gelangweilt. Sie solle da weggehen, sagte er dann wieder. Ernsthaft. »Ja. Das sollte ich.« antwortete sie.
    Sie ließ den Arm mit dem handy sinken. Sie stand an der Tür. Auf dem Konferenztisch. Gregory lag lang ausgestreckt. Oben quer. Er lag auf den Plätzen des Vorsitzes. Es war heiß im Raum. Fliegen. Nur zwei. Oder drei. Aber sie waren laut zu hören. Ein sehr lebendiges Gebrumme. Kreisend. Über ihm. Dem. Dem das. Diesem Ding. Da. Sie war starr. Aus dem handy in ihrer Hand hörte sie Gino. Was denn los sei. Amy. Amy. Er rief nach ihr. Sie hob das handy. Fragte »Gino?«. »Was ist los!« Gino schrie sie an. Sie schaute auf das Ding auf dem Tisch. Sie konnte nichts sagen. Gino zischte sie an. Sie solle etwas sagen. Irgendetwas. Er wurde ganz ruhig. Sprach mit ihr langsam. Überdeutlich. Er könne sie atmen hören. Das sei doch sie. Ja? Das sei doch sie. Amy. Das sei doch sie, die da atme. Sie war einen Schritt zurückgetreten. Lehnte gegen den Türrahmen. Sie schwang sich nach links. Aus dem Raum. Lehnte gegen die Wand. Ließ sich zu Boden rutschen. »Houston. Wir haben ein Problem.« Sie flüsterte. Der Steinboden kalt. Die Wand im Rücken kalt. Innen eisig heiß.
    Was los sei. Gino schrie vor Verzweiflung. Sie müsse reden. Sie müsse mit ihm reden. Er läge in einem Krankenbett. Er wäre noch in Narkose. Er dürfe nicht so gequält werden. Verstünde sie ihn. Er sei eine kranke Person. Er habe eine freundliche Behandlung verdient. Amy. Sie sei doch ein freundlicher Mensch. Meistens. Sie würde ihn doch nicht absichtlich. Er wurde wieder lustiger. Aha, sagte er. Sie wolle ihn unterhalten. Dann solle sie fortfahren. »Fahren Sie fort.« sagte er. »Fahren Sie nur fort mit Ihrem Unterhaltungsprogramm auf Bayern 21.« Er sprach weiter. »Gino.« flüsterte sie. »Er ist tot. Glaube ich.« Gino hörte zu reden auf. Blieb still. »Schatzl.« sagte er nach langem. »Was ist denn los?« Er klang weinerlich. Verzweifelt. »Ich kann es dir nicht sagen. Nicht wirklich. Er liegt auf dem Konferenztisch. Die Fliegen sind schon da. Das heißt. Ich weiß nicht. Nichts Gutes. Sicherlich. Bist du noch da?« »Wer?«, fragte Gino. »Wer liegt auf einem Konferenztisch mit den Fliegen.« »Er!«, sagte sie. »Gregory.« Sie saß auf dem Boden. Vorgebeugt. Das Telefon ans Ohr gepresst. Sie hörte Gino atmen. Hörte ihm zu. »Nein.« Gino seufzte dieses Nein. »Doch.« sagte sie. Sie erfände das doch alles. Sie antwortete nicht. Nein. Gut. Sie erfände das nicht. Das hätte er sich gleich gedacht. Was sie nun machen werde. Ob er wirklich tot wäre, fragte Gino. »Du weißt, was das heißt.« sagte sie. Sie sagte es mehr zu sich. »Es ist dir klar. Das ist die Person, die mich. Das zumindest. Das wissen wir ja. Ganz genau wissen wir das.« Gino seufzte. Sie solle da weg. »Mir ist so schlecht. Ich kann mich nicht bewegen. Ich kann nicht einmal richtig reden.« Sie solle da weg. Sie solle aufstehen oder kriechen. Sie solle nur da weg. Gino schrie sie an. »Dieser Mann.« Sie redete leise. Murmelte in das Telefon. Sie schaute auf das Bild an der Wand gegenüber. Sie war auf gleicher Höhe mit den Köpfen. Die schmerzverzerrten Gesichter. Der alte Mann. Schon fast tot. Der eine Sohn im Kampf mit dem Ersticken. Der andere. Er sah auf den Vater. Verwundert. Vorwurfsvoll. »Dieser Mann«, sagte sie. »Der hat zugesehen. Der hat alles gewusst. Der hat mich das alles leiden lassen. Der hat zugesehen. Der hat mich lernen lassen, wie man Schmerzen optimiert, und hat. Zugefügt. Er hat. Benutzt. Er hat. Ein Werkzeug. Du glaubst doch nicht, dass ich da. Dass man da einfach weggehen kann. Ich möchte. Ich könnte. Ich muss. Da muss man. Oh. Ich wollte, ich könnte ihn zerreißen. Verstehst du. Seine Leiche zerreißen und die einzelnen Teile in die Obstbäume hier. Hier gibt es Obstbaumhaine. Die sind so idyllisch. Da könnte Homer 5 Stanzen draus machen. Und im Frühling. Im Frühling hängen dann nur mehr Knochen in den Bäumen. Es gibt viele Raubvögel hier. Die fressen so etwas. Die.« Sie konnte nicht weiter. Sie erstickte an ihrem Reden. Die Brust. Vorne. Ein steinerner Panzer. Verschloss alles. Machte den Kopf hohl. Sie hörte sich den Atem aufziehen. Pfeifend. Dünn. Zu schnell. Sie hörte nichts mehr. Konnte nichts hören. Das handy in der Hand. Die Hand. Sie war zur Seite
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