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Die Schleier der Salome - Walz, E: Schleier der Salome

Die Schleier der Salome - Walz, E: Schleier der Salome

Titel: Die Schleier der Salome - Walz, E: Schleier der Salome
Autoren: Eric Walz
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Aufbau des zerstörten Jerusalem beteiligte. Und Berenike ging nirgendwohin, wo Menahem nicht war. Agrippinos hingegen war vom Kaiser zum König von Chalcis ernannt worden, einem kleinen Gebiet in Syrien, das er als Ausgleich für das aberkannte Erbe seines Vaters erhielt.
    Noch einmal blickten alle einen Augenblick lang nach Masada hinauf, über dem sich dunkle Wolken türmten.
    »Wird es je Frieden geben?«, fragte Berenike nachdenklich. »Einen endgültigen, ewigen Frieden für alle?«
    »Erst an dem Tag«, antwortete Salome, »an dem die Menschen das Geld und die Grenzen und alle ihre Götter abschaffen. Dann könnte es wahr werden, denn dann haben sie keinen Grund mehr, Kriege zu führen.« Sie küsste Aristobul. »Lass uns gehen.«
    Auf halbem Weg blieb Salome stehen, so als wolle sie sich noch einmal umdrehen und von der Schicksalsburg verabschieden. Sie wartete, bis alle an ihr vorbeigegangen waren. Einen Moment schien sie unentschlossen. Sie dachte an all das, was sie in diesem Land erlebt hatte, und von dem sie sich nun abwenden sollte: an die sonnigen Kindertage in Jerusalem, an ihre Freude bei der Aufnahme in den cheder , an Harithas Tänze vor dem Hintergrund des schimmernden Sees Genezareth, an die Hochzeit mit Philipp, den Bau der Stadt der Entrechteten, den Jubel Caesareas bei der Ankunft des letzten Königs, an die Zedernwälder und Zitrushaine, an die Karawanen und die speziellen warmen Winde, die es nur hier in Judäa gab. Und sie dachte an das Beste: an Timon, seine Augen, seinen warmen Körper, seine Umarmungen. Ihre erste Begegnung in Ashdod, ihre Stunden am Meer, ihre Jahre in Basan, das letzte Wiedersehen in Jerusalem und das Grab auf dem Ölberg – all das würde immer ein bedeutender Teil ihres Lebens bleiben.
    »Wo bleibst du?«, fragte Aristobul und streckte die Arme nach ihr aus.
    Sie zog sich den meerblauen Schleier über die offenen Haare und atmete tief durch, wie jemand, der endlich das wiedergefunden hatte, was ihm das Wichtigste im Leben war. Dann lächelte sie glücklich ihrer Zukunft entgegen. »Ich komme.«
    Ein leichter Regen setzte ein und löschte die Spuren, die sie im Sand Judäas hinterlassen hatte.

Nachwort
    »… Als aber der Geburtstag des Antipas gefeiert wurde, tanzte die Tochter der Herodias vor den Gästen. Und sie gefiel Antipas so sehr, dass er schwor, ihr alles zu geben, was sie sich wünschte …«
     
    Auf diese knappe Bemerkung gründet sich der gesamte »Ruhm« Salomes – mehr hat die Bibel nie über sie erzählt. Sogar über ihren Namen schweigt die Heilige Schrift sich aus. Dichter und Maler, Bildhauer und Komponisten sind seit zwei Jahrtausenden fasziniert von der jungen jüdischen Prinzessin und der Tat, die sie begangen haben soll. Die einen machten aus ihr eine Nymphomanin, die Johannes den Täufer begehrte und dessen Zurückweisung mit Rache beantwortete, andere sahen in ihr nur die Marionette ihrer Mutter Herodias, und wieder andere dichteten ihr eine perverse Vorliebe für Blut und Gewalt an. Im Lauf der Zeit wurde Salome zu einer dramatischen, ja gespenstischen Figur, ähnlich wie Medea, die Kindermörderin in der griechischen Mythologie, und dabei ebenso wie sie immer unwirklicher, phantastischer. Man konnte kaum noch glauben, dass sie je existiert hat, zumal sich die Bibel nicht in jedem Fall als zuverlässige Berichterstatterin erwies und Historisches gern mit Sagenhaftem vermischte.
    Erst seit drei, vier Jahrzehnten schält sich – ganz langsam – die Legende um Salome heraus, und es zeigen sich erste Konturen der wirklichen, historischen Frau und Prinzessin: Schriften antiker Historiker (die uns ihren Namen überlieferten), Münzen, die in Philippi gefunden wurden, und neue Erkenntnisse über die herodianische Dynastie beweisen nicht nur, dass Salome tatsächlich gelebt hat, sondern werfen auch ein anderes, milderes Licht auf sie. Aus der unheimlichen Dämonin wird eine Ehefrau und Mutter, die ihren beiden Gatten mehr als eine Stütze war, die aber auch ein Opfer rigoroser dynastischer Politik, kalten politischen Kalküls und fanatischer Hetzkampagnen wurde.
    Wie schon in meinem ersten Roman »Die Herrin der Päpste« sind auch hier die meisten historischen Ereignisse nicht erfunden: Der Kindermord von Bethlehem, die in letzter Minute erfolgte Enterbung Theudions durch seinen Vater, die Intrigen von Salomes Großtante, der Bau der Metropole Philippi und die merkwürdigen, ungeklärten Tode von Salomes erstem Gemahl Philipp und von Agrippa
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