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Die Schleier der Salome - Walz, E: Schleier der Salome

Die Schleier der Salome - Walz, E: Schleier der Salome

Titel: Die Schleier der Salome - Walz, E: Schleier der Salome
Autoren: Eric Walz
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habe ich veranlasst, dass sie ständig mit Wasser aus dem Salzmeer erfrischt werden. Ihren Wunden allerdings gefällt diese Behandlung gar nicht, wovon ich mich selbst überzeugt habe.«
    »Du bist krank, Kephallion«, spie sie ihm entgegen.
    Er drückte das Schwert etwas tiefer in ihre Kehle, so dass noch mehr Blut floss. Sie wollte zurückweichen, doch die beiden Wächter hielten sie fest.
    »Aus deiner Sicht scheint das vielleicht so«, sagte er. »In Wahrheit sind es du und deinesgleichen, die krank sind. Ihr tretet die Traditionen mit Füßen. Ihr verderbt die Menschen. Geld ist der einzige Gott, den ihr kennt. Doch damit ist Schluss. Gottes Reich ist da.«
    » Dein Reich ist dem Untergang geweiht, Kephallion. Der Aufstand bricht zusammen, die Römer stehen fast schon vor den Toren.«
    »Sie werden vernichtet«, schrie er. »Sie werden von Gott in den Boden gestampft!«
    »Gott, Gott, Gott … Der Gott, den du meinst, ist ein Hirngespinst. Es gibt ihn nicht.«
    »Du Ketzerin«, schrie er und schlug sie mit der flachen Hand auf die Wange, so dass sie taumelte. Nur die kräftigen Arme der Wachen hielten sie auf den Beinen.
    Er funkelte sie an. »Zacharias, Haritha, die Beseitigung der Rabbiner, die Vernichtung der Christiani und schließlich der Aufstand: ER hat mir dabei die Hand geführt. ER hat mich berufen, das Volk in die große Schlacht zu führen.«
    »Oh nein«, rief sie trotz des brennenden Schmerzes. »Du selbst hast all das getan, und wenn es einen Gott gibt, dann wird er Tränen weinen über deine Verbrechen.«
    Sein zweiter Schlag warf sie zu Boden. Die Wächter traten zur Seite.
    »Elende Hure«, schrie Kephallion mit aller Kraft. Er zitterte vor Wut. Mit dem Schwert zerschnitt er mehrmals die Luft, und ein Hieb kam ihr so nahe, dass sie den Luftzug spürte.
    Salome versuchte aufzustehen, doch er trat sie, so dass sie wieder stürzte.
    Er setzte sich auf sie und schlug ihr ins Gesicht. »Flehe um Gnade vor dem Messias .« Wieder schlug er zu. »Flehe auf Knien. Erkenne, wer ich bin. Sprich es aus. Ich bin der Erlöser.«
    Mochte er sie auch totschlagen, diesen letzten Triumph gönnte sie ihm nicht. Sie sah, wie er das Schwert zwischen die Fäuste klemmte und die Arme hob, um zuzustoßen. Dann schloss sie die Augen. Sie meinte, Timon zu sehen. Er schwamm im Meer vor Ashdods Küste und stieg aus dem Wasser. Dann umarmte er sie. Sie sah Gilead, lachend und winkend auf einem Pferd sitzen. Und sie sah, wie ein Mann durch das kniehohe Gras der Campagna auf sie zukam.
     
    »Angriff!« Die Legionäre klopften auf ihre Schilde, beschleunigten ihren Schritt und rannten mit Gebrüll auf die Mauern Jerusalems zu. Steine und Pfeile dezimierten ihre Reihen, aber jede Lücke, die entstand, wurde durch Aristobuls armenische Hilfstruppen geschlossen. Der König selbst feuerte seine Männer vom Pferd aus an. Leitern wurden an Mauern gelegt, Rammböcke gegen die Tore gestoßen. Von Süden, Norden und Westen brach der Sturm über die heilige Stadt herein.
     
    Ein Zelot stürzte in den Saal, als Kephallion weiter und weiter auf Salome einschlug.
    »Die Römer. Die Römer kommen.«
    Verwirrt stand Kephallion auf und blickte aus dem Fenster. Wie eine Flut schwappten Massen römischer Soldaten über die Mauern. »Das kann nicht sein. Das ist … unmöglich. Wir … wir haben doch alles getan, was ER wollte. Wo ist ER?«
    Reglos vor Fassungslosigkeit, starrte er aus dem Fenster. Er erwartete Blitze, die Faust Gottes, die niederfahren und die Angreifer vernichten würde, Donnergrollen, Flutwellen, irgendetwas. Doch nichts dergleichen geschah. Die Sonne schien von einem wolkenlosen Himmel, kein Lüftchen wehte. Legionäre strömten durch die Straßen und überrannten jeden Widerstand.
    »In den Kampf, ihr Memmen«, schrie er, woraufhin der Mann und die beiden Wächter hinausrannten.
    Kephallions irrlichternder Blick zuckte durch den Saal. Er atmete schwer und unregelmäßig, Schweiß stand ihm auf der Stirn. Er konnte Gott nicht verstehen. Warum ließ ER das zu? Was hatte IHM missfallen?
    Sein Blick blieb auf Salome haften, die benommen am Boden lag, und da kam ihm ein Gedanke. »Verbrenne, Hure«, flüsterte er.
    Nur das blieb ihm noch zu tun.
    Er nahm eine Amphore, die mit Öl für die Lampen gefüllt war, und verteilte sie auf dem Boden des Saales. Anschließend öffnete er die Verbindungstür zum Tempel, verschüttete auch dort etwas Öl und warf die halbleere Amphore ins Allerheiligste, wo die Bundeslade aufbewahrt
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