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Die Schattenhand

Die Schattenhand

Titel: Die Schattenhand
Autoren: Agatha Christie
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geschrieben hat.»
    «Natürlich», sagte Miss Marple. «Dieser Brief war ja auch von ihr.»
    «Aber warum?»
    «Ach, meine Liebe, Ihnen kann doch nicht entgangen sein, dass Miss Griffith Symmington ihr Leben lang geliebt hat?»
    «Armes Ding», murmelte Mrs Dane Calthrop automatisch.
    «Sie waren immer gute Freunde, und ich bin sicher, sie hat sich gedacht, nun, da Mrs Symmington tot ist, könnte eines Tages – vielleicht – nun ja…» Miss Marple hüstelte diskret. «Und dann kamen die Gerüchte über Elsie Holland auf, das muss ein schlimmer Schlag für sie gewesen sein. Für sie war das Mädchen ein berechnendes Luder, das sich Symmingtons Zuneigung erschleichen wollte und seiner völlig unwürdig war. Und so, denke ich mir, ist sie eben der Versuchung erlegen. Warum sollte es nicht einen anonymen Brief mehr geben, der das Mädchen weggraulte? Es muss ihr als ein sehr sicherer Weg erschienen sein, und sie glaubte ja auch, sie hätte die nötige Vorsicht walten lassen.»
    «Und?», sagte Joanna. «Erzählen Sie weiter!»
    «Nun», sagte Miss Marple langsam, «Miss Holland wird Symmington den Brief gezeigt haben, und ich nehme an, er erriet sofort, wer ihn geschrieben hatte, und sah darin seine Chance, den Fall abzuschließen und seine eigene Sicherheit ein für alle Mal zu gewährleisten. Nicht sehr nett von ihm – nein, gar nicht nett, aber er hatte nun einmal Angst. Die Polizei würde nicht ruhen, bis die Verfasserin der anonymen Briefe verhaftet war. Und als er Elsie Hollands Brief aufs Revier brachte und erfuhr, dass sie Aimée auch noch beim Schreiben beobachtet hatten, wurde ihm klar, dass sich eine solche Gelegenheit nie wieder bieten würde. Am Nachmittag besuchte er Aimée mit seiner Familie zum Tee, und da er direkt aus der Kanzlei kam, konnte er ohne weiteres die herausgeschnittenen Seiten in seiner Aktenmappe mitbringen, sie unter der Treppe verstecken und dadurch die Beweiskette schließen. Das Versteck unter der Treppe war das Tüpfelchen auf dem i. Es stellte eine Verbindung zu Minnies Leichnam her, und vom praktischen Standpunkt aus betrachtet, war es auch noch höchst einfach. Ein, zwei Minuten in der Diele, als er Aimée und der Polizei folgte…»
    «Trotzdem», sagte ich, «eins kann ich Ihnen nicht verzeihen, Miss Marple – dass Sie Megan in die Sache hineingezogen haben.»
    Miss Marple ließ ihre Häkelarbeit, die sie wieder aufgenommen hatte, sinken. Sie sah mich über ihre Brille hinweg an, und ihr Blick war streng.
    «Mein lieber Junge, ich konnte nicht tatenlos zusehen. Es gab keinerlei Beweise gegen diesen ungemein schlauen und skrupellosen Mann. Ich brauchte jemanden, der mir hilft, jemanden mit Mut und Verstand. Ich habe die richtige Person gefunden.»
    «Es war sehr gefährlich für sie.»
    «Ja, es war gefährlich, aber wir sind nicht auf der Welt, Mr Burton, um den Kopf in den Sand zu stecken, wenn Unschuldige in Gefahr sind. Verstehen Sie?»
    Doch, ich verstand.

Fünfzehntes Kapitel
     
    V ormittags auf der High Street.
    Miss Emily Barton kam mit ihrer Einkaufstasche aus dem Lebensmittelladen. Ihre Bäckchen waren rosig, ihre Augen glänzten.
    «Ach, Mr Burton, Sie glauben gar nicht, wie aufgeregt ich bin. Dass ich jetzt wirklich und wahrhaftig eine Kreuzfahrt mache!»
    «Ich wünsche Ihnen recht viel Spaß.»
    «Oh, den werde ich sicher haben. Alleine hätte ich mich ja nie getraut. Ich denke manchmal fast, da muss doch die Vorsehung ihre Hand im Spiel gehabt haben, so wunderbar hat sich alles gefügt! Wo ich mich schon lange mit dem Gedanken trage, Little Moor aufzugeben – meine Mittel sind einfach zu beschränkt –, nur war mir die Vorstellung immer so schrecklich, dass Fremde dort leben. Aber jetzt, wo Sie es gekauft haben und mit Megan dort wohnen werden, ist das natürlich etwas ganz anderes. Und dass die liebe Aimée nach ihrer schrecklichen Prüfung nicht recht weiß, wohin, wo doch auch ihr Bruder heiratet – wie nett, dass Sie nun alle beide bei uns heimisch werden! – und mit mir kommen will! Wir haben vor, eine ganze Weile wegzubleiben. Vielleicht», Miss Emily senkte die Stimme, «vielleicht machen wir sogar eine Weltreise 1 . Aimée ist ja so großartig und so patent. Es hat sich doch wirklich alles zum Besten gewendet, finden Sie nicht auch?»
    Einen flüchtigen Augenblick lang dachte ich an Mrs Symmington und Minnie Morse in ihren Gräbern auf dem Friedhof und fragte mich, ob sie dem zustimmen würden, und dann fiel mir ein, dass Minnie von ihrem jungen
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