Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Schattenhand

Die Schattenhand

Titel: Die Schattenhand
Autoren: Agatha Christie
Vom Netzwerk:
Scheckheft aus der Tasche und stellte einen Scheck aus. Er löschte die Tinte sorgfältig ab und wandte sich um. Er streckte den Scheck Megan hin.
    «Du bist jetzt erwachsen», sagte er. «Ich kann verstehen, dass du dir ab und zu etwas Besonderes zum Anziehen kaufen möchtest, alles das. Ich weiß nicht, wovon du redest. Ich habe nicht aufgepasst. Aber hier hast du einen Scheck.»
    Megan sah darauf hinab, dann sagte sie:
    «Danke. Das reicht fürs Erste.»
    Sie wandte sich ab und ging aus dem Zimmer. Symmington starrte ihr nach, auf die geschlossene Tür, dann drehte er sich um, und als ich sein Gesicht sah, zuckte meine Hand unwillkürlich nach vorn.
    Der Bewegung wurde auf höchst unerwartete Art Einhalt geboten. Der Busch neben mir an der Hauswand hörte plötzlich auf, ein Busch zu sein. Zwei Arme hielten mich fest, und Superintendent Nashs Stimme hauchte mir ins Ohr:
    «Nicht, Burton. Himmelherrgott!»
    Und ohne mich loszulassen, trat er mit unendlicher Vorsicht den Rückzug an, sodass ich ihm wohl oder übel folgen musste.
    Hinter der Hausecke richtete er sich auf und wischte sich die Stirn.
    «Das war ja klar», sagte er, «dass Sie hereinplatzen würden!»
    «Das Mädchen ist in Gefahr», sagte ich drängend. «Haben Sie sein Gesicht gesehen? Wir müssen sie da rausholen.» Nash packte mich am Arm. «Mr Burton, würden Sie mir jetzt zuhören!»
     
    VI
     
    Nun, ich hörte zu.
    Es gefiel mir nicht – doch ich fügte mich.
    Aber ich bestand darauf, dabei sein zu dürfen, und ich schwor blinden Gehorsam.
    So kam es, dass ich mit Nash und Parkins durch die bereits entriegelte Hintertür ins Haus eindrang.
    Und dass ich mit Nash auf dem oberen Treppenabsatz hinter dem Samtvorhang, der die Fensternische verdeckte, wartete, bis die Uhren im Haus zwei schlugen und Symmingtons Tür sich öffnete und er über den Flur in Megans Zimmer ging.
    Ich schritt nicht ein, ich rührte mich nicht, denn ich wusste, dass in dem Zimmer Sergeant Parkins wachte, versteckt durch die aufschwingende Tür, und ich wusste, dass Parkins ein guter Mann war und sein Handwerk verstand, und ich wusste auch, dass ich selbst nie und nimmer in der Lage gewesen wäre, an mich zu halten und nicht hervorzustürmen.
    Und wartend, mit hämmerndem Herzen, sah ich Symmington wieder herauskommen, Megan in den Armen, und sie die Treppe hinuntertragen. Nash und ich folgten in diskretem Abstand.
    Er trug sie in die Küche, und er hatte ihren Kopf gerade gemütlich ins Backrohr gebettet und den Gashahn aufgedreht, als Nash und ich zur Tür hereinkamen und das Licht anknipsten.
    Und das war das Aus für Richard Symmington. Er gab auf. Noch während ich Megan aus dem Ofen zerrte und das Gas abstellte, sah ich ihn zusammensacken. Er machte nicht einmal den Versuch, sich herauszureden. Er hatte gespielt, und er hatte verloren.
     
    VII
     
    Ich saß an Megans Bett und wartete, dass sie wieder zu sich kam, und in der Zwischenzeit beschimpfte ich Nash. «Woher wollen Sie wissen, dass ihr nichts fehlt? Das Risiko war viel zu groß!»
    Nash gab sich redlich Mühe, mich zu beschwichtigen.
    «Ein einfaches Schlafmittel in der Milch, die sie immer an ihrem Bett stehen hat. Sonst nichts. Er hätte es sich doch gar nicht leisten können, sie zu vergiften. Für ihn war der Fall mit der Verhaftung von Miss Griffith ja abgeschlossen. Einen Tod, der Rätsel aufgibt, konnte er da nicht brauchen. Keine Gewalt, kein Gift. Aber wenn ein ohnehin unglücklich veranlagtes Mädchen über dem Selbstmord seiner Mutter brütet und schließlich hingeht und den Kopf in den Gasherd steckt – nun, dann sagen die Leute lediglich, dass sie schon immer ein bisschen wunderlich war und dass der Tod ihrer Mutter ihr endgültig den Rest gegeben hat.»
    Ich wandte den Blick nicht von Megan.
    «Sie ist schon so lange bewusstlos.»
    «Sie haben doch gehört, was Dr. Griffith gesagt hat – Herzschlag und Puls völlig in Ordnung. Sie wird einfach schlafen und von ganz allein wieder aufwachen. Das Zeug gibt er vielen von seinen Patienten, sagt er.»
    Megan bewegte sich. Sie murmelte etwas.
    Nash verließ unauffällig den Raum.
    Kurz darauf schlug Megan die Augen auf. «Jerry.»
    «Na, meine Süße.»
    «Hab ich es gut gemacht?»
    «Als hättest du die Erpressung mit der Muttermilch eingesogen.»
    Megan schloss die Augen wieder. Dann murmelte sie:
    «Gestern Abend… ich hab dir einen Brief geschrieben… falls es… falls irgendwas schief geht. Aber ich war zu schläfrig, ich bin nicht fertig
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher