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Die Schattenhand

Die Schattenhand

Titel: Die Schattenhand
Autoren: Agatha Christie
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mir, Mr Burton. Warum waren Sie denn sonst so irritiert von der Nachricht, die Ihre Schwester auf den Telefonblock geschrieben hatte?»
    Ich wiederholte es langsam: «‹Wenn Dr. Griffith anruft: Ich kann nicht mehr als eine Stunde › – jetzt verstehe ich! Ich kann nicht mehr? »
    Miss Marple strahlte mich an.
    «Ganz genau. Mr Symmington ist auf eine solche Nachricht gestoßen und hat ihr Potenzial erkannt. Er hat sich die Worte herausgerissen, die er im fraglichen Moment brauchen würde – eine Botschaft in der Handschrift seiner Frau.»
    «Gibt es noch mehr Beispiele für meine Brillanz?», erkundigte ich mich.
    Miss Marple zwinkerte mir zu.
    «Sie haben mich auf die Spur gebracht. Sie haben mir all diese Fakten gesammelt präsentiert – in der richtigen Reihenfolge –, und darüber hinaus haben Sie mir den wichtigsten Hinweis überhaupt gegeben – dass nämlich Elsie Holland keinerlei anonyme Briefe erhalten hat.»
    «Wissen Sie», sagte ich, «gestern Abend dachte ich, sie sei die Briefschreiberin und das sei der Grund, warum sie selbst keine Briefe bekommen hat.»
    «Lieber Himmel, nein… Fast jeder, der anonyme Briefe schreibt, schickt sich selbst auch einen. Das verleiht der Sache anscheinend erst den richtigen – Kitzel. Nein, es hat mich aus einem ganz anderen Grund interessiert. Denn sehen Sie, es war die einzige Blöße, die Mr Symmington sich gegeben hat. Er hat es nicht über sich gebracht, seiner Angebeteten einen hässlichen Brief zu schreiben. Ein sehr aufschlussreiches Schlaglicht auf die menschliche Natur – und eines, das ihm gewissermaßen Ehre macht, aber genau dadurch hat er sich verraten.»
    «Und er hat Minnie umgebracht?», sagte Joanna. «War das denn nötig?»
    «Wahrscheinlich nicht. Sie haben nie einen Mord begangnen, liebes Kind, deshalb können Sie das nicht wissen, aber die Wahrnehmung des Täters ist nach der Tat verzerrt, alles stellt sich ihm drastischer dar, als es ist. Er wird gehört haben, wie das Mädchen Partridge anrief und sagte, dass sie so bedrückt sei seit Mrs Symmingtons Tod und dass es etwas gebe, das sie nicht verstehe. Er kann es nicht darauf ankommen lassen – dieses dumme, törichte Mädchen hat irgendetwas gesehen, sie weiß etwas.»
    «Aber es hieß doch, er sei den ganzen Nachmittag in der Kanzlei gewesen?»
    «Ich stelle mir vor, dass er sie vorher getötet hat. Miss Holland war im Esszimmer und in der Küche. Er ging einfach in die Diele hinaus, zog die Haustür auf und drückte sie zu, so als ob er gegangen sei, und schlüpfte dann in die kleine Garderobe. Als nur noch Minnie im Haus war, klingelte er wahrscheinlich rasch an der Tür, verschwand wieder in seinem Versteck, trat hinter Minnie und schlug sie auf den Kopf, als sie die Tür öffnete, und nachdem er die Leiche in den Schrank gestopft hatte, machte er, dass er in die Kanzlei kam, wo er ein klein wenig später eintraf als sonst, wenn das überhaupt jemand gemerkt hat, was vermutlich nicht der Fall war. Schließlich hatte niemand einen Mann im Verdacht.»
    «Dieses Untier», sagte Mrs Dane Calthrop.
    «Er tut Ihnen nicht Leid, Mrs Dane Calthrop?», wollte ich wissen.
    «Nicht im Geringsten. Wieso?»
    «Nur so. Freut mich zu hören.»
    Joanna sagte: «Aber was ist mit Aimée Griffith? Die Polizei hat den Stößel aus Owens Apotheke gefunden, und den Bratspieß auch – ein Mann tut sich natürlich viel schwerer, etwas in eine Küchenschublade zurückzulegen. Und ratet, wo sie waren? Superintendent Nash hat es mir vorhin erzählt, als ich ihn auf dem Weg hierher getroffen habe. In einem von diesen verstaubten alten Dokumentenkästen in seinem Büro. Nachlass von Sir Jasper Marrington-West, Gott hab ihn selig.»
    «Armer Jasper», sagte Mrs Dane Calthrop. «Er war ein Cousin von mir. Die Korrektheit in Person. Er würde sich im Grab umdrehen!»
    «War es nicht verrückt, das Zeug aufzuheben?», fragte ich.
    «Weniger verrückt, als es wegzuwerfen», meinte Mrs Dane Calthrop. «Niemand hegte auch nur den leisesten Verdacht gegen Symmington.»
    «Er hat sie übrigens nicht mit dem Stößel niedergeschlagen», sagte Joanna. «In dem Kasten lag auch das Gewicht von einer Uhr, mit Haaren und Blut daran. Die Polizei nimmt an, er hat den Stößel am Tag von Aimées Verhaftung mitgehen lassen, und bei der Gelegenheit hat er auch gleich die Buchseiten bei ihr versteckt. Was mich zu meiner Ausgangsfrage zurückbringt. Was ist mit Aimée Griffith? Sie ist doch beobachtet worden, wie sie den Brief
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