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Die Schattenfrau

Die Schattenfrau

Titel: Die Schattenfrau
Autoren: Ake Edwardson
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baten ihn, die Männer zu beschreiben, und er tat es, so gut er es vermochte.
    Als er das Zimmer verlassen hatte, zündete Winter einen neuen Zigarillo an. Die Asche fiel auf seinen nackten Oberschenkel.
    »Hast du gemerkt, dass der Bursche unsere Aneta für einen Flüchtling gehalten hat?«, fragte er.
    »Wieso meinst du das?«, fragte Ringmar zurück.
    »Es wird immer einen Unterschied geben. So 'ne und so 'ne Menschen. Generation um Generation. Ohne Rücksicht darauf, wo sie geboren sind.«
    »Ja.«
    »Die Flüchtlinge dieser Welt.«
    »Was?«
    »Es gibt einen Ausdruck für Menschen, die von Land zu Land ziehen, ohne in eines der Paradiese eingelassen zu werden. Man nennt sie die Flüchtlinge dieser Welt.«
    »Das ist ein hübscher Ausdruck«, sagte Ringmar. »Fast poetisch. Aber das gilt nicht für Aneta.«
    »Nein, aber wenn sie im Paradies angekommen sind, was geschieht dann?« Winter drückte den Zigarillo im Aschenbecher aus, den er hinter der Gardine wieder gefunden hatte.
    Draußen lastete die Wärme drückend auf dem Ernst Fontells Plats. Die Sonne hatte ihren höchsten Stand erreicht. Der getrocknete Schweiß auf Winters Haut löste sich und rann ihm den Rücken hinab. Es juckte ihn zwischen den Beinen. Er setzte die Sonnenbrille auf, ging zum Auto und öffnete die Tür. Er hatte den Schatten der Bäume falsch eingeschätzt. Die Hitze auf dem Vordersitz war unerträglich. Er setzte sich, ließ den Motor an und atmete vorsichtig ein. Dann schaltete er die Klimaanlage an.
    Er fuhr nach Osten, am Stadion Nya Ullevi vorbei und hinauf zu einer großen Villa in Lunden. Im Hof des Nachbarhauses bellte wie verrückt ein Hund. Winter hörte das Gerassel der Kette, mit der er angeleint war.
    Der Hauseingang lag im Schatten. Winter läutete an der Tür und wartete. Er klingelte noch einmal, und als niemand öffnete, stieg er die Treppe wieder hinunter, wandte sich nach links und ging an der verputzten Hauswand entlang. Es duftete nach schwarzen Johannisbeeren aus den Büschen an der Wand und nach etwas anderem, das er nicht einordnen konnte.
    Auf der Rückseite glitzerte die Sonne in einem Swimmingpool. Winter bekam den Geruch von Chlor und Sonnenöl in die Nase. An der nördlichen Schmalseite des Pools stand ein Liegestuhl, und darauf lag ein nackter Mann. Sein Körper wirkte massig und war gleichmäßig gebräunt. Eine matte, kräftige Farbe, die sich von dem Handtuch abhob, das den Stuhl gegen Schweiß und Öl schützte. Das Handtuch war blau und weiß, und Winter konnte unter den Füßen des Mannes »Swedcom« lesen. Winter räusperte sich, und der Nackte öffnete die Augen.
    »Dacht ich's mir doch, dass ich was gehört habe«, sagte er. »Warum machst du dann nicht auf?«, fragte Winter. »Du hast doch trotzdem hergefunden.« »Es hätte jemand anders sein können.«
    »Wär besser gewesen«, gab der Mann zurück, der noch immer in derselben Stellung dalag. Sein Penis hing schrumplig zwischen den muskulösen Schenkeln.
    »Zieh dich an und lad mich zu einem Drink ein, Benny.«
    »In dieser Reihenfolge? Bist du homophob geworden, Erik?«
    »Alles eine Frage der Ästhetik.« Winter sah sich nach einem Stuhl um.
    Der Mann, der Benny Vennerhag hieß, stand auf, ergriff einen weißen Bademantel und machte eine Geste zum Wasser hin. »Kannst so lange ins Wasser.« Er ging zum Haus und drehte sich auf der Veranda um. »Ich hol uns Bier. Eine Badehose findest du in der Schublade des Hockers da. Hübsches T-Shirt. Aber wer sehnt sich schon nach London?«
    Winter zog das T-Shirt und die Shorts aus und sprang ins Becken. Das Wasser war kühl auf seiner Haut, und er tauchte über den Grund, bis er die andere Schmalseite erreichte. Dann teilte er kraftvoll die Oberfläche und ließ sich auf dem Rücken treiben. Für einen Augenblick schien die Sonne weiter weg zu sein. Er tauchte wieder, drehte sich auf dem Grund um und blickte zum Himmel. Die Wasseroberfläche sah aus wie ein Dach aus flüssigem Glas. Da unten knisterte es in den gekachelten Wänden oder aber in seinen Trommelfellen. Er blieb lange unter Wasser und glitt erst wieder an die Oberfläche, als er den Schemen eines Gesichts über sich erblickte.
    »Hast du versucht, einen neuen Rekord aufzustellen?«, fragte Vennerhag und reichte ihm ein Bier über den Beckenrand.
    Winter strich sein Haar zurück und nahm die Flasche. Sie fühlte sich eiskalt an. »Du lebst gut«, sagte er und trank.
    »Das hab ich mir verdient.«
    »Den Teufel hast du.«
    »Wer wird denn da
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