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Die Scanner

Die Scanner

Titel: Die Scanner
Autoren: Robert Sonntag
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Mobril-Gläser hinweg in meine Richtung.
    »Wo ist deine Mobril?«, fragte sie erstaunt.
    Sie hatte mir zum Geburtstag die 43.Generation geschenkt.
    »Hab sie gestern die Toilette heruntergespült. Nachdem ich den Animator aus der Wandkonsole gerissen hab. Und bevor ich die Techmix-Sensoren zerstört hab.«
    Sie starrte mich ein paar Sekunden an.
    »Bist in letzter Zeit so textlastig«, sagte sie und verschwand in ihrer Arbeitsbox.
    Ich machte den Tisch sauber.

    Vielleicht erhielt meine Mutter in diesem Augenblick Besuch von den Sicherheits-Scannern. Ob sie noch wusste, was ich ihr beim Frühstück gesagt hatte? Sicher hatte sie nichts dagegen, wenn die Typen in Olivgrün unter einem billigen Vorwand mein Zimmer durchsuchten. Konnten sie machen! Ich hatte nichts hinterlassen außer E-Schrott.
    Ein Blitz aus tiefen, schwarzen Wolken ließ mich vom Bussitz auffahren. Ein kräftiges Donnern brachte die Verschalung um mich herum zum Vibrieren. Draußen regnete es in Strömen. Die Reihen vor und hinter mir leerten sich. Die letzte Viertelstunde saß ich allein auf meiner Ebene.
    »Endstation. B-Zone, 1. Quartier, Übergang zum Metro-Gleiter.«
    Völlig durchnässt lief ich durch den Korridor des Metro-Gleiters. 11 Uhr leuchtete auf dem Fenster, aus dem ich nach Sicherheits-Scannern Ausschau hielt. Ich hatte mir meinen nassen Pullover um den Kopf gewickelt. Keiner konnte mein Gesicht mit seiner Mobril aufzeichnen. Seltsame Typen gab es viele auf dem Weg von der B-Zone zur C-Zone. Ich fiel nicht auf.

    Ich entdeckte die Kontrolleurin am Ende des Ganges. Das nächste Problem. Normalerweise ließ ich einfach meinen Ausweis der Scan AG durch ihre Mobril ziehen. Die Daten auf der Karte verglich der Prozessor mit dem, was die Kamera der Brille sah: mein von den Sicherheits-Scannern gesuchtes Gesicht. Ich versteckte mich auf der Toilette.
    »C-Zone, 16. Quartier«, sagte die sanfte Stimme.
    Arne wollte mich im 20. Quartier in einem Seniorenheim treffen. In etwa 30 Minuten. Mir blieb keine Zeit, auszusteigen und auf einen Gleiter ohne Kontrollen zu warten. Ich musste es riskieren und wartete auf der Toilette. Die Kontrolleurin klopfte.
    »Das ist ein Metro-Gleiter und kein Metro-Hotel«, rief sie.
    Ich öffnete die Tür einen Spalt und schob meinen Scan-AG-Ausweis ein paar Zentimeter in ihre Richtung.
    »Tut mir leid, aber diese Metro-Gleiter machen mich fertig«, sagte ich laut und musste nicht einmal lügen. Die Frau lachte, schritt weiter und ließ meine Plastikkarte unbeachtet im Türspalt stecken.
    Viertel vor zwölf saß ich an einer leeren Bar in einem grauen Betonklotz vor dem Seniorenheim Sonnenblick. Unterwegs hatte ich einen Fünfer auf dem Boden gefunden und wollte damit noch schnell etwas essen.
    Der alte Mann hinter dem Tresen trug keine Mobril. Daher war meine Wahl auf diesen trostlosen Laden gefallen, mit schwarzen Wänden voller noch schwärzerer Flecken.
    Ich schaute auf einen riesigen Spiegel, der unter einer altmodischen Digitaluhr hing. Ich wickelte mir den nassen Pullover vom Kopf, bestellte Kaffee und eine Suppe mit falschen Tomaten.
    Das Gewitter machte mich noch nervöser, als ich ohnehin schon war. Bei jedem Donnern fuhr ich zusammen.
    »Soll den ganzen Tag so weitergehen«, sagte der alte Mann.
    Zehn vor zwölf stellte er das heiße Wasser vor mir ab. Die Kaffeetablette lag auf einem kleinen Plastiklöffel. Neun vor zwölf löste ich sie im Wasser auf, umschloss die Tasse mit beiden Händen.
    Der Barkeeper verschwand wortlos in einer Kammer hinter dem Spiegel. Acht vor zwölf kam er mit der Suppe wieder. Vier vor zwölf war sie ausgelöffelt. Ich legte meinen Fünfer auf den Tisch. Ich wollte aufstehen. Der Animator hinter mir sprang an.
    Ich drehte mich um und traute meinen Augen nicht. Die Kiste projizierte mitten in diesen Laden ein Bild von mir. Es war die Mobril-Aufnahme des Feuerwehrmannes. Im Hintergrund sah ich den Notausgang der Beisetzungshalle.
    Eine schrille Stimme drang aus den Boxen auf einem Regal zwischen Gläsern und Flaschen. »Achtung! Dieses Individuum ist Mitglied der terroristischen Vereinigung Büchergilde. Die Zonenregierung fahndet nach diesem Mann in Zusammenarbeit mit Ultranetz. Er ist Anführer der Terror-Zelle, die für den E-Anschlag vor zwei Tagen im 5. Quartier verantwortlich ist. Er ist bewaffnet und äußerst gewaltbereit.«
    Ich bestaunte meinen Doppelgänger, wie er reglos zwischen schwarzer Wand und meinem Barhocker verharrte. Ultranetz machte aus mir eine
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