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Die satten Toten: Ein Fall für Karl Kane (Band 2) (German Edition)

Die satten Toten: Ein Fall für Karl Kane (Band 2) (German Edition)

Titel: Die satten Toten: Ein Fall für Karl Kane (Band 2) (German Edition)
Autoren: Sam Millar
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Liebespaar.
    »Hm?«, murmelte Karl.
    »Warum stehst du da mit der Zeitung in der Hand und glotzt zum Fenster raus? Du bist noch nicht mal angezogen!« Naomis Stimme klang vorwurfsvoll.
    »Können wir nicht einfach hier essen und uns das ganze Getue sparen, Naomi? Und später gehen wir in Nick’s Warehouse was trinken. Vergiss nicht, wir haben noch angebrochene Flaschen Hennessy und Bacardi im Kühlschrank, die danach schreien, geleert zu werden.«
    »Nein, wir können nicht hierbleiben«, antwortete Naomi und riss Karl blitzschnell die Zeitung aus den Händen. »Fünf Tage hier in diesem Loch sind Strafe genug. Und jetzt zieh dich an. Ich bin gleich fertig. Und achte diesmal darauf, dass du deine Brieftasche einsteckst. Ich übernehme die Rechnung garantiert
nicht
noch mal. Und vergiss nicht, wir essen vegetarisch. Auf keinen Fall Fleisch.«
    »Kein Fleisch?« Karl verzog das Gesicht. »Angesichts dessen, dass du erst vor sechs Wochen zur Vegetarierin geworden bist, bist du ganz schön militant.«
    »Spar dir den Sarkasmus. Du weißt, dass ich den Geschmack von Fleisch nicht mehr ertragen kann.«
    »Darauf fiele mir ein geistreicher Konter ein …«
    »Ich war schon immer Vegetarierin, es war mir nur nicht klar, bis ich diese schreckliche Schlachthof-Doku gesehen habe. Es ist nicht richtig, lebendige Geschöpfe zu essen.«
    »Falls es dir noch nicht aufgefallen ist, Naomi, für gewöhnlich sind sie
tot
, wenn sie auf dem Teller landen.«
    »Lass es, Karl.«
    »Dann beantworte mir das: Wenn Gott nicht wollte, dass Menschen Tiere essen, warum zum Teufel hat Er sie dann aus Fleisch gemacht, das angebraten so verdammt lecker schmeckt?«
    Naomis Gesicht lief im Sekundentakt dunkelroter an. »Dafür bin ich jetzt echt nicht in Stimmung. Beeil dich und zieh dich an, bevor unsere Tischreservierung …«
    Eine Etage tiefer läutete die Büroklingel.
    »Das glaube ich jetzt nicht«, sagte Karl. »Kann denn heute keiner mehr lesen? An der Tür steht doch groß und deutlich: Samstag und Sonntag geschlossen. Und wenn das nicht …« Es läutete erneut, nervtötend lange. »Der klebt wohl mit dem Finger fest. Ich hätte gute Lust, da runterzugehen und …«
    »Du gehst dich höchstens anziehen«, sagte Naomi. »Wenn du jetzt da runtergehst, fällst du wieder auf eine rührselige Geschichte rein. Könnte auch der Briefträger sein.«
    »Vermutlich mein jüngstes Manuskript, abgelehnt und per Boten zurückgeschickt«, sagte Karl mit einem schiefen Lächeln im Gesicht. »Aber höchstwahrscheinlich sind es nur Zeugen Jehovas. Sag ihnen, dass wir Scientologen sind und Tom und Katie nachher auf Tee und Kekse vorbeischauen. Samstags missionieren? Das sieht den Arschlöchern ähnlich.«
    Naomi stapfte nach unten, während Karl sich anzog und schließlich in ein Paar hübsche Lederschuhe von Samuel Windsor schlüpfte, während er die aufgeschlagene Zeitung überflog und nach weiteren potenziellen Siegern suchte. Als ihm gerade einer ins Auge fiel, verspürte er ein nerviges Jucken im Hintern.
    »Herrgott noch mal … nicht jetzt.« Rasch zog er eine Schublade auf und nahm eine Tube Hämorrhoidensalbe mit der Aufschrift »Roid Rage« heraus. Er ließ die Hose runter, trug hastig die Salbe auf die schmerzende Stelle auf und seufzte erleichtert, als die kalte Creme die pochende, heiße Stelle kühlte.
    »Karl!«, ertönte Naomis Stimme von unten.
    »Herrgott noch mal …«
, zischte er und ließ beinahe die Tube fallen.
    »Karl! Ich brauche dich hier unten.«
    »Einen Augenblick, verflucht!«, brüllte Karl, zog eilig die Hose hoch und warf die Tube wieder in die Schublade.
    »Karl? Könntest du bitte
sofort
hier runterkommen?«
    Karl streifte fluchend sein Jackett über, lief die Treppe hinunter und stolperte in seiner Hast.
    »Fast hätte ich mir den Hals gebrochen, Naomi. Ich habe dir doch gesagt, dass ich …«
    »Karl«, sagte Naomi sanftmütig, »das ist Geraldine Ferris. Sie ist aus Dublin gekommen.«
    Geraldine Ferris sah für Karl nicht älter als dreizehn aus. Hübsch, aber ungesund dünn, wie frisch aus dem Konzentrationslager, mit eiternden Pickeln im Gesicht und einer Haarfarbe, die aussah wie Rost auf Metallschrott. Große Puppenaugen beherrschten den Rest ihres Gesichts.
    »Ja«, sagte Karl leicht verwirrt. »Was können wir für dich tun … Geraldine?«
    »Ich suche meine kleine Schwester, Mister Kane. Die Leute in dem Jugendheim, wo sie normalerweise wohnt, sagten mir, dass sie vor über einem Monat weggelaufen
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