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Die Saat

Die Saat

Titel: Die Saat
Autoren: Guillermo Del Toro
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Erscheinungsbild gewöhnt. Ja, es war schon zu seinem Markenzeichen geworden - das ironische Symbol der enormen Finanzkraft, mit der dieser gebrechliche, aschfahle Mann so viel Macht und Einfluss auf internationale Geldmärkte und Politik ausübte. Dieser Investorenkreis umfasste dreißigtausend Personen, eine Finanzelite: Zwei Millionen Dollar waren erforderlich, um sich einzukaufen, und viele, die seit Jahrzehnten bei Palmer investierten, besaßen inzwischen Vermögen im neunstelligen Bereich. Die Kaufkraft der Stoneheart Group verlieh Palmer ein gewaltiges wirtschaftliches Gewicht - das er effektiv und zuweilen auch skrupellos einzusetzen wusste.
    Die Türen auf der Westseite des Raumes führten in die opulente Eingangshalle. Mr. Fitzwilliam, in seiner zweiten Funktion auch Chef von Palmers privatem Sicherheitsdienst, kam mit einem Silbertablett herein, auf dem ein tragbares, abhörsicheres Telefon lag. Fitzwilliam war ein hochintelligenter ehemaliger Angehöriger des U.S. Marine Corps bestätigt waren zweiundvierzig im Kampfeinsatz getötete Feinde -, dessen medizinische Ausbildung nach der Entlassung aus dem Militärdienst von Palmer finanziert worden war. »Unser Mann im Heimatschutzministerium, Sir«, sagte er. In dem kühlen Raum war sein Atem deutlich zu sehen.
    Normalerweise duldete Palmer während seiner abendlichen Regenerationsphase keine Störungen, sondern nutzte die Zeit, um nachzudenken. Diesen Anruf jedoch hatte er erwartet. Er nahm das Telefon entgegen und wartete, bis sich Fitzwilliam wieder zurückgezogen hatte.
    Dann meldete er sich - und erfuhr, dass eine beträchtliche Unsicherheit herrschte, wie die Verantwortlichen am JFK mit dem »schlafenden Flugzeug« verfahren sollten. Der Anrufer sprach aufgeregt, mit einer Art befangener Förmlichkeit, wie ein Kind, das stolz von einer guten Tat berichtet. »Dies ist ein äußerst ungewöhnlicher Vorfall. Ich dachte, Sie wollten unmittelbar darüber in Kenntnis gesetzt werden, Sir.«
    »Ja«, erwiderte Palmer. »Ich weiß diese freundliche Geste sehr zu schätzen.«
    »Ich wünsche Ihnen eine gute Nacht, Sir.«
    Palmer unterbrach die Verbindung und legte das Telefon zur Seite. Eine gute Nacht, in der Tat! Eine gewisse Vorfreude überkam ihn. Er hatte es erwartet. Und jetzt, nachdem das Flugzeug gelandet war, wusste er, dass es begonnen hatte und auf welch spektakuläre Art und Weise!
    Er wandte sich dem großen, in die Wand eingelassenen Fernsehschirm zu und schaltete ihn mit der in der Armlehne integrierten Fernbedienung ein. Noch nichts über das Flugzeug. Aber bald ...
    Palmer drückte den Knopf der Gegensprechanlage, und Fitzwilliams Stimme antwortete: »Ja, Sir?«
    »Lassen Sie den Hubschrauber startklar machen, Mr. Fitzwilliam. Ich muss geschäftlich nach Manhattan.«
    Eldritch Palmer blickte durch die breite Fensterfront auf die Chesapeake Bay hinaus, tiefschwarz und aufgewühlt dort, wo der eisige Potomac River sich in ihre Tiefen ergoss.
     
    Rollbahn Foxtrot
     
    Flughafentechniker rollten Sauerstoff tanks unter den Rumpf. Das Aufschneiden eines Verkehrsflugzeuges war eine Maßnahme für den äußersten Notfall. Jede Maschine verfügte über spezielle Bereiche, wo sie aufgeschnitten werden kann, sogenannte »Chop-out Areas«. Die Chop-out der 777 lag im hinteren Bereich des Rumpfes, vor der Heckflosse, auf der rechten Seite zwischen den beiden Türen des Frachtraumes. Das LR in der Modellbezeichnung Boeing 777-200LR stand für »Long Range«, Langstrecke, und als C-Modell mit einer maximalen Reichweite von über neuntausend Seemeilen, fast achtzehntausend Kilometern, sowie einer Tankkapazität von rund zweihunderttausend Litern besaß die Maschine zusätzlich zu den normalen Kerosintanks in den Tragflächen noch drei Zusatztanks im Laderaumbereich - was die Notwendigkeit einer sicheren Chop-out unterstrich.
    Die Techniker benutzten ein Arcair Slice Pack, einen Plasma-Schneidbrenner, der nicht nur wegen seiner Handhabbarkeit im Katastropheneinsatz bevorzugt wurde, sondern weil er auch mit sicheren Schneidgasen arbeitete statt mit so gefährlichen Gasen wie Acetylen. Es würde etwa eine Stunde dauern, die dicke Rumpfhülle aufzuschneiden.
    Zu diesem Zeitpunkt rechnete auf dem Rollfeld niemand mehr mit einem glücklichen Ausgang des Zwischenfalls. Es waren keine Notrufe von Passagieren registriert worden. Weder Licht noch Geräusche oder irgendwelche anderen Signale kamen aus der Maschine. Die Situation war vollkommen rätselhaft.
    Inzwischen
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