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Die Runenmeisterin

Die Runenmeisterin

Titel: Die Runenmeisterin
Autoren: Claudia Groß
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aufgeplatzt.«
    »Was ist passiert?«
    Er lachte leise. »Ein harmloses Turnier, bei dem ich mich wohl nicht sehr geschickt angestellt habe. Ich schlage mich nicht gern, Maria. Der Gegner traf mich direkt in eine Schwertwunde, die ich vorher schon hatte, aber mein Arzt wird mich frisch verbinden. Es ist nichts, worüber man sich Gedanken machen müßte.«
    Er stand auf. Maria sah, daß er das linke Bein ein wenig nachzog, als ihre Stiefmutter ihn in eine Kammer neben der Küche bringen ließ. Sie ging ihm nach und wartete an der Tür. Er sank auf einen Stuhl, wischte sich den Schweiß von der Stirn und ließ den Arzt holen. Raupach, der ebenfalls näher gekommen war, stand die Sorge ins Gesicht geschrieben. Hatte der Kaiser ihm einen Todeskandidaten ins Haus geschickt? Schwertwunden konnten sich böse entzünden und im schlimmsten Fall zum Tode führen. Und hatte er gerade gesagt, er schlage sich nicht gern?
    Von draußen drang der Gesang der Soldaten herüber. Die Schreie der Mägde quietschten schrill, wenn einer der Männer ihnen zu nahe kam, aber Raupach lächelte stillvergnügt. Endlich kam etwas Leben an diesen trostlosen Ort zurück, verscheuchte die Gespenster der Heide und die Irrlichter der Moore.
    Sie warteten, bis der Arzt erschien. Es war ein sehr sonderbarer Arzt, an dessen breitem Kampfgürtel ein Schwert und ein Dolch hingen. »Wo ist er?« fragte er mit einem fremdländischen Akzent.
    Raupach zeigte auf die Tür zur Kammer. »Ihr seid ein Arzt?«
    Jetzt blitzte wie ein blasser Funke ein Lächeln in den Augen des Mannes auf. »Ich bin Soldat, aber der Herr läßt sich nur von mir behandeln.«
    Er betrat die Kammer und schlug die Tür hinter sich zu.
    Raupach starrte Frau und Tochter an. »Was ist das für ein merkwürdiger Kerl? Und dieser Akzent …«
    »Er ist Ire«, ertönte eine Stimme hinter ihnen. Van Neil stand da und grinste. »Der Herr hat einen Narren an ihm gefressen. Cai hat ihm einmal das Leben mit seinem Unkraut gerettet, und seitdem schleppt Maesfeld ihn hinter sich her wie einen Schatz.«
    »Der Mann ist mir unheimlich«, sagte Marias Stiefmutter leise.
    Van Neil grinste noch breiter. »Er ist Söldner, Herrin, und ich fürchte, Ihr werdet Euch an ihn gewöhnen müssen. Er schleicht wie eine Katze, und manche sagen, er ist ein gottverdammter Heide.«
    Raupach zog ärgerlich die Stirn kraus. »Was denkt sich Maesfeld dabei, mir einen Ungläubigen ins Haus zu bringen?«
    Van Neil zuckte gleichgültig mit den Schultern. »Oh, getauft ist er, und er besucht auch die heilige Messe, doch es gibt einige, die behaupten, sein Großvater sei ein gotteslästerlicher Heidenpriester gewesen. Aber er ist ein guter Soldat, und ich brauche gute Soldaten. Schickt ihn weg, und Ihr seid Maesfeld ebenfalls los. Er schwört auf Cai Tuams Heilkunst.«
    Jemand stieß die Türe auf. Eine Magd, bleich im Gesicht, erschien mit einer Schüssel Wasser, die sie in die Küche trug. Sie stellte die Schüssel auf einen Tisch und rannte zu den Latrinen, wo sie sich übergab.
    Die Tür zur Kammer stand offen. Berthold saß noch immer auf dem Stuhl, sein Hemd baumelte über der Lehne. Ein breiter Verband zog sich über seinen Oberschenkel und einen Teil der Hüfte. Sein Gesicht war fahl und grau wie Asche. Der Ire hielt ihm einen Becher hin. »Trinkt, Herr.«
    Er warf Berthold sein Hemd zu und drehte sich um. »Er wird schlafen«, sagte er zu Raupach, »das Mittel ist stark genug, ihn bis Mittag schlafen zu lassen.«
    Maria starrte ihn an. »Er sagte, es sei nichts, worüber man sich Sorgen machen müßte.«
    Der Ire zögerte. »Ja«, meinte er endlich. »Es wird vorbeigehen. Aber er wird Fieber haben und Schmerzen.«
    Mehr wollte er nicht sagen. Wozu sie verunsichern, warum ihnen die Wahrheit sagen? Für seinen Herren stand viel auf dem Spiel. Die Heirat mit Maria war auch für seinen politischen Status von Bedeutung. Also wiegte er sie in Sicherheit, sagte ihnen, was sie hören wollten und betete zu Gott, daß er recht behalten würde.
    Endlich zur Ruhe gekommen, besserte sich Bertholds Zustand zusehends. Die Wunde trocknete, das Feuer, das in ihr gebrannt hatte, schwand. Mit jedem Tag ging es ihm besser. Er ritt auf die Jagd und begleitete Raupach in die Umgebung zu seinen Lehenshöfen. Er lernte die Sachsen kennen, schweigsame, ernste Menschen, die seit Jahrhunderten von dieser kargen Erde lebten, auf der nur schwer etwas wuchs und gedieh.
    Während er mit Raupach unterwegs war, saß Maria in ihrem ummauerten Garten
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