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Raphael

Raphael

Titel: Raphael
Autoren: Mathilda Grace
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    Prolog
     
     
    Von Menschen zu trinken ist eine riesige Sauerei.
    Allerdings nur, wenn man sich dabei so bescheuert anstellt wie ich. Das sagt zumindest Raphael nach jedem neuen Versuch und ich kann ihm schwer widersprechen, da mein heutiges Opfer gerade den hellen Teppich unter meinen Schuhen vollblutet. Er hat sein Blut im gesamten Raum verteilt, sogar die Decke ist damit bespritzt. Nur in meinem Mund, wo es eigentlich landen sollte, ist kaum etwas angekommen.
    Ein Geräusch an der offenen Wohnungstür lässt mich aufsehen. Raphael. Er sieht nicht sonderlich begeistert aus. Verständlich, wenn man bedenkt, was ich hier eben wieder angestellt habe.
    So schwierig kann es doch eigentlich gar nicht sein. Nahrungsbeschaffung bei Untoten, meine ich. Was gäbe ich nicht alles für einen großen Supermarkt, indem man von jeder Blutgruppe ausreichend Vorrat findet. Die Idee ist aber leider nicht umsetzbar, es sei denn, wir hängen den zur Vene oder Ader gehörigen Menschen kopfüber von der Decke. Am Besten schön praktisch in Beißhöhe, nicht dass sich noch ein Vampir beim Trinken den Hals verrenkt. Das gäbe eine sehr amüsante Schlagzeile. Und wenn der Mensch dann tot und ausgeblutet ist, wird er ausgewechselt.
    Sollte das einmal Realität werden, mein Leben wäre ein Traum. Aber bis es so weit ist, muss ich weiterhin auf normalem Wege versuchen am Leben zu bleiben, auch wenn das nicht ganz einfach ist.
    „Findest du das lustig?“
    Raphaels verärgerte Frage bringt meine verdächtig zuckenden Mundwinkel umgehend zu Räson. „Es tut mir leid“, entschuldige ich mich und starre verlegen auf den Teppich.
    Das ist jedoch keine gute Idee. Das trocknende Blut lässt meinen Körper vor Hunger schmerzen. Aber der Mann ist längst tot und wir trinken niemals totes Blut. Es bekommt uns nicht. Wir werden davon genauso high wie ein Junkie von der Überdosis, bevor wir elend daran zugrunde gehen. Ein unschöner und endgültiger Tod, und ich habe nicht vor sobald den Löffel abzugeben, wo ich gerade geboren wurde. Seine Unsterblichkeit wirft kein Vampir leichtfertig weg.
    Raphael betritt kopfschüttelnd die Wohnung und ich schaue durch meinen Pony, der dringend gekürzt werden muss, in seine Richtung. Er macht die Tür hinter sich zu und sieht mich tadelnd an.
    „Was für eine elende Schweinerei. Caine, du stellst dich wirklich an wie der erste Mensch.“
    „Vampir“, kontere ich und wage ein leichtes Grinsen, als Raphael die Augen verdreht.
    „Du bist mir eindeutig zu ähnlich“, grollt er, meint es aber nicht böse, so gut kenne ich ihn mittlerweile. „Dabei wollte ich nur einen kleinen Bruder haben, mit dem ich mir tagsüber die Zeit vertreiben kann. Stattdessen kriege ich dich. Irgendetwas muss ich falsch gemacht haben, dass Gott mich dermaßen bestraft.“
    Ich kann es nicht lassen und muss ihn ärgern. „Er hat dich eher belohnt, würde ich sagen.“
    Raphael stöhnt, aber das belustigte Funkeln in seinen Augen gibt mir recht. Er ist nicht sauer, nicht wirklich. Das war er noch nie, obwohl er richtig wütend werden kann, sobald ihm etwas nicht passt. Aber heute Nacht kann ich es mir erlauben, ihn zu necken, Raphael hat die richtige Laune dafür, was seine nächsten Worte mir auch beweisen.
    „Du bist eine Nervensäge, Caine.“
    „Danke.“
    „Warum fand ich dich in dieser U-Bahn damals bloß so anziehend?“
    Statt zu antworten, breite ich die Arme aus und werfe mich in Engelspose, inklusive unschuldigen Lächeln. Das habe ich als kleiner Junge immer wieder gegen meine Mutter eingesetzt und vor einiger Zeit ist mir aufgefallen, dass es in bestimmten Situationen sogar bei Raphael funktioniert.
    „Idiot“, knurrt er, da ihm sehr wohl bewusst ist, dass ich ihn zu manipulieren versuche, seufzt im nächsten Moment aber ergeben. „Schaffen wir den Alten weg und besorgen dir was Neues zu trinken.“
    Vielen Dank auch.
    Ich kann mir eine bessere Nachtgestaltung vorstellen, als mir noch mal einen Menschen zu müssen und später dessen Leiche zu entsorgen. Mein Gesichtsausdruck zeigt das anscheinend deutlich, so wie Raphael seine Brauen zusammenzieht. Jetzt folgt bestimmt ein Donnerwetter wegen meiner nicht vorhandenen Trinkfähigkeiten. Ich ziehe automatisch den Kopf ein.
    „Vergiss es, Caine. Ich habe Hunger und keine Lust auf eine weitere, nutzlose Unterrichtsstunde im Beißen und Trinken von Menschen.“
    Seine Worte wecken einen Hoffnungsschimmer in mir. Manchmal lässt Raphael sich dazu überreden, mich
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