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Die Rückkehr der Templerin

Die Rückkehr der Templerin

Titel: Die Rückkehr der Templerin
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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wenn sie etwas so Dummes tat, und ganz davon abgesehen würde sie es nicht einmal dann tun, wäre sie ganz allein an diesem Strand. Was war nur mit ihr los? Irgendein Teil von ihr schien regelrecht versessen darauf zu sein, etwas Verrücktes zu tun.
    Vielleicht wollte sie einfach herausfinden, wie weit sie gehen konnte.
    Obwohl in dem kleinen, aus nur einer Hand voll Häuser bestehenden Fischerdorf jetzt keine Menschenseele mehr zu sehen war, spürte Robin doch genau, dass sie beobachtet wurde, während sie der vorund zurückweichenden Flutlinie folgte und sich dem ehemaligen Haus des Dorfvorstehers näherte, das nun leer stand und für die gelegentlichen Besuche von ihr und Salim reserviert war. Ein seltsames Gefühl überkam sie. Dieser kleine Ort hatte in ihrem Leben eine wichtige Rolle gespielt, und sie hatte all ihren Einfluss in die Waagschale geworfen, all ihre Überredungskunst aufgewandt, um ihn wieder zu dem zu machen, was er vor jenem schicksalhaften Tag gewesen war.
    Und dennoch war sie plötzlich nicht mehr sicher, ob es nicht ein Fehler gewesen war, hierher zurückzukehren. Auf ihr Drängen hatte Sheik Sinan den überlebenden Dorfbewohnern die Rückkehr in ihre Heimat ermöglicht und einige sogar aus der Sklaverei zurückgekauft - und dennoch waren die meisten Menschen, die heute hier lebten, Fremde für sie. Was sie gerade in den Gesichtern der Männer gelesen hatte, hätte sie nicht überraschen dürfen. Der ehemalige Bewohner des Hauses, das sie ansteuerte, war ebenso tot wie die Hälfte aller anderen hier, und auch wenn ihr die Überlebenden noch so oft und glaubhaft versicherten, ihr dankbar zu sein und niemals zu vergessen, dass sie ihr, der Fremden, ihr Leben und ihre Freiheit verdankten (was die Wahrheit war), so begann sich Robin doch allmählich einzugestehen, dass sie sie niemals wirklich akzeptieren würden. Das konnten sie nicht.
    Robin trat ein paar Schritte tiefer ins Meer hinein, bis ihr das Wasser fast zu den Knien reichte, aber die Erleichterung, auf die sie wartete, kam nicht. Ganz im Gegenteil. Die Hitze schien noch unerträglicher geworden zu sein, und auch das Schwindelgefühl hatte sich zwar ein wenig gelegt, war aber nicht wirklich verschwunden.
    Da sie plötzlich das Gefühl hatte, unter dem schweren schwarzen Mantel nicht mehr atmen zu können, zog sie ihn kurz entschlossen aus und warf ihn sich wie eine Decke über den linken Arm. Das strahlend weiße Gewand mit dem roten Tatzenkreuz, das sie darunter trug, musste nicht nur meilenweit zu sehen sein, sondern auf die Männer, die sie gerade beobachtet hatten, auch ungefähr die Wirkung einer schallenden Ohrfeige haben, aber das war ihr mittlerweile gleich. Sie hatte an diesem Tag schon so viel falsch gemacht, dass es darauf vermutlich auch nicht mehr ankam.
    Unglücklicherweise half es auch nichts. Ihr war noch immer heiß. Um sich wirklich Linderung zu verschaffen, hätte sie schon den Wappenrock und vor allem das zentnerschwere Kettenhemd, das sie darunter trug, abstreifen müssen, was ohne weiteres möglich gewesen wäre, denn sie trug auch darunter noch ein dickes, baumwollenes Kleid, um sich die Haut nicht an den groben eisernen Maschen des Kettenhemdes wund zu scheuern (und sie wunderte sich, dass ihr heiß war?), aber nach dem, was Salim gerade über ihre Rüstung gesagt hatte, ließ es ihr Stolz nicht zu.
    Sie ging in die Knie, schüttete sich zwei Hand voll des erfrischenden Salzwassers ins Gesicht und machte dann kehrt, um mit plötzlich schnellen Schritten auf das einzeln dastehende Gebäude am Dorfrand zuzugehen. Das große, eingeschossige Haus - das einzige Gebäude hier mit festen Mauern - war grob mit abbröckelndem Lehm verputzt und hatte das typische, von einer brusthohen Mauer umgebene Flachdach, über dem sich die ausladenden Äste eines etwas windschiefen Aprikosenbaums erhoben. Sie waren schwer von Früchten. Die ersten davon waren bereits goldgelb, und der Anblick ließ Robin das Wasser im Mund zusammenlaufen, obwohl es noch keine zwei Stunden her war, dass sie ausgiebig und fast schon zu gut gefrühstückt hatte. Salim hatte zwar nichts dazu gesagt, aber ihr waren weder seine Blicke noch sein bezeichnendes Stirnrunzeln entgangen. In letzter Zeit entwickelte sie einen gesunden Appetit, und auch, wenn sie es empört von sich gewiesen hätte, so wusste sie doch, dass sie etliche Pfunde zugenommen hatte.
    Robin fragte sich, ob das ein gutes oder ein schlechtes Zeichen war. Hunger war ihr nicht fremd. Er
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