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Die Rückkehr der Templerin

Die Rückkehr der Templerin

Titel: Die Rückkehr der Templerin
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Kopf, wenn sich ihre Blicke begegneten, und einige von ihnen hatten es plötzlich sehr eilig, sich umzudrehen und zu gehen. Aber Robin hätte schon blind sein müssen, um nicht trotzdem zu begreifen, was in ihnen vorging. Sie hatte keine Bewunderung erwartet, nicht einmal Anerkennung für ihre Leistung - so gut sie auch gewesen sein mochte -, aber nun erblickte sie Bestürzung, ja, sogar Entsetzen in einigen Gesichtern, und hier und da mühsam unterdrückten Zorn. Ja, bei mindestens einem Mann war sie sich sogar sicher, dass er sich nur noch mit aller Mühe beherrschen konnte, nicht einfach auf sie zuzutreten und sie zu schlagen.
    Die Erkenntnis machte sie wütend und traurig zugleich. Die meisten dieser Männer hier waren ihre Freunde. Viele - wenn nicht alle - hatten sie vorhin während des Kampfes mit johlendem Händeklatschen angefeuert, aber plötzlich wurde ihr klar, dass sie es in dem sicheren Wissen getan hatten, einem Spiel zuzusehen, allerdings einem gänzlich anderen Spiel, als Robin geglaubt hatte. Für diese Männer hatte festgestanden, dass Salim sie eine Weile gewähren lassen und mit ihr spielen würde wie die Katze mit einer Maus, um sie dann niederzuwerfen. Schließlich war er ein Mann - ein Krieger! - und sie nur eine Frau. Möglicherweise hätte man ihr sogar noch verziehen, ihn besiegt zu haben, denn ihre letzte Attacke war tatsächlich alles andere als fair gewesen und konnte durchaus als weibliche Heimtücke gewertet werden. Was diese Männer jedoch nicht verzeihen konnten, das war die Tatsache, dass sie aus etwas, was jedermann wusste, etwas gemacht hatte, was jedermann sah.
    Statt also zu tun, was ihr ihre Vernunft riet - nämlich ihr Haupt wieder zu bedecken und das schwarze Tuch erneut vor ihrem Gesicht zu befestigen -, wickelte sie den Turban ganz auf, indem sie das Tuch wie eine Peitsche knallen ließ, warf es sich mit einer trotzigen Bewegung über die Schulter und fuhr sich gleichzeitig mit den gespreizten Fingern der anderen Hand durchs Haar. Ihr war klar, dass sie sich ziemlich dumm benahm. Ob ihr nun gefiel oder nicht, was sie sah, die Welt war nun einmal so, und sie würde sie nicht ändern; schon gar nicht durch solche dummen, trotzigen Aktionen. Salim würde ihr Vorhaltungen machen und ziemlich ärgerlich sein, wenn er davon erfuhr (und es bestand kein Zweifel daran, dass er davon erfuhr), und Robin belegte sich selbst in Gedanken mit einigen wenig schmeichelhaften Bezeichnungen, denn sie wusste auch, wie schwer sie es Salim und auch seinem Vater mit einem solchen Benehmen machte.
    Niemand hatte es bisher laut ausgesprochen. Niemand wagte es, sich auch nur irgendwas anmerken zu lassen, aber Robin war klar, dass Salim weder sich selbst noch seinem Vater einen Dienst erwiesen hatte mit der Wahl seiner Gemahlin. Salim war nicht i r g e nd e i n Krieger, so wenig wie Sheik Raschid Sinan irgendein Fürst war. Möglicherweise hätte man es ihm verziehen, sich ein hübsches Christenmädchen, über das er auf eine seiner zahlreichen Reisen gestolpert war, mitzubringen und in seinen Harem aufzunehmen. Robin war ganz gewiss nicht die einzige Christin gewesen, der ein solches Schicksal widerfuhr. Aber Salim hatte sie nicht als Beute mitgebracht, und sein Harem bestand ganz genau aus einer Person: aus ihr selbst. Er hatte sie geheiratet.
    Robin verscheuchte auch diesen Gedanken, warf noch einen trotzigen Blick in die Runde, der unerwidert blieb, denn es war niemand mehr da, der sie hätte ansehen können, und ging die paar Schritte zum Strand hinunter. Ihr Haus lag in der anderen Richtung. Wenn sie der Wasserlinie folgte, um es zu erreichen, bedeutete das einen großen Umweg. Aber das Schwindelgefühl war immer noch da, wenn auch nicht mehr so schlimm wie zuvor, und ihr war mit einem Mal unter der doppelten Schicht von Kleidung, die sie trug, entsetzlich heiß. Zwar langsamer werdend, aber ohne anzuhalten, schüttelte sie die Stiefel von den Füßen, hob sie im Vorübergehen hoch und atmete hörbar auf, als die erste Welle über ihre nackten Füße leckte. Das Wasser war warm, kam ihr in der Gluthitze des Tages aber eiskalt und unglaublich erfrischend vor, und Robin musste sich wirklich beherrschen, um sich nicht den Mantel und auch noch die Kleider, die sie darunter trug, vom Leib zu reißen und sich in die eisigen Fluten zu stürzen.
    Einen Moment später lächelte sie über ihre eigenen Gedanken. Das war vollkommen verrückt. Selbst Salim und sein Vater konnten sie nicht mehr beschützen,
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