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Untot - Lauf, solange du noch kannst (German Edition)

Untot - Lauf, solange du noch kannst (German Edition)

Titel: Untot - Lauf, solange du noch kannst (German Edition)
Autoren: Kirsty McKay
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Kapitel
 
1
  Ich möchte lieber sterben als die alle noch mal wiedersehen. Und zwar einen schrecklichen Tod. Mit viel Blut und zerfetzten Körperteilen und so. Das ist mal glasklar.
    Als unser Bus auf den Parkplatz der kleinen Raststätte einbiegt, lehnt meine Stirn an der kalten Fensterscheibe und die Kopfhörerstöpsel stecken in meinen Ohren. Die Musik ist schon lange zu Ende, aber so kann ich mir weiterhin einbilden unsichtbar zu sein. Ich perfektioniere meinen Tausend-Meter-Starrblick auf die öde schottische Pampa und das Wetter macht diesen Spiegel-der-Innenwelt-Quatsch. (Soll heißen, es ist genauso mies drauf wie ich. Nur für den Fall, dass ihr da im Literaturkurs nicht aufgepasst habt. Hey, soll kein Vorwurf sein.)
    Noch ein paar Minuten, dann bin ich allein. Meine lieben Mitschüler gehen was essen und nichts und niemand kann mich zwingen da mitzulatschen.
    Das hier könnte glatt als Klassenfahrt aus der Hölle durchgehen, bloß würde man sich da nichts abfrieren. Richtig nasskalt ist es – kriecht einem in die Knochen und dämpft den Lebenswillen. Verglichen mit dem hintersten Schottland hat sogar die Hölle ihre Vorteile.
    »Eine Skireise vor Schulanfang, Bobby?«, hatte mein Dad vor Monaten geschwärmt, als wir uns noch zu Hause in den Staaten befanden und der Umzug nach England mehr eine verschwommene Halbidee war, die jemand anderen betraf. »Perfekt! Eine bessere Gelegenheit, deine neuen Mitschüler kennenzulernen, gibt’s doch gar nicht!«
    »Die kannst du dann auf sämtlichen Pisten beeindrucken!«, hatte meine Mutter hilfreich wie immer hinzugefügt.
    Ja, und damit stand die Sache fest.
    Bloß sind meine Eltern nicht auf die Idee gekommen, dass Aviemore in Schottland doch irgendwie was anderes ist als Aspen in Colorado. Und dass der Versuch, Freundschaften zu schließen, indem man mit seinen Eins-a-Skikünsten angibt, hier im Land der Queen der mit Abstand beste Weg ist, sich unbeliebt zu machen.
    Erst musste ich mich vor sechs Jahren neu eingewöhnen, als wir in die Staaten gezogen sind, und jetzt mache ich schon wieder alles falsch, bloß diesmal in der alten Heimat. Ich muss mich dringend wieder an die Spielregeln gewöhnen, und zwar schnell. Ich habe die Nase voll davon, wie sie hinter meinem Rücken lästern und die Augen verdrehen und mit harten Schneebällen nach mir werfen. Die amerikanische Highschool kann brutal sein, aber die britische Variante ist genauso fies. Jede Mahlzeit im Skilager ist die reinste Folter gewesen. Nach einem freien Platz suchen. Darauf hoffen, dass wenigstens einer freundlich guckt. Beten, dass Mr Taylor und Ms Fawcett mich nicht schon wieder zu sich an den Lehrertisch winken – weil es sozialer Selbstmord wäre, als ihr Liebling abgestempelt zu werden.
    Aber jetzt ist der Horror bald vorbei. Dieser Gedanke hat mir durch die letzten vierundzwanzig Stunden geholfen. Nur noch die Rückfahrt zur Schule, dann ist es ausgestanden.
    Alle strömen raus ins Cheery Chomper, um was zu essen, aber ich bleibe einfach hier. Natürlich habe ich mich darauf vorbereitet und mir beim Frühstück noch schnell ein Erdnussbuttersandwich eingepackt. Als ich es zusammen mit einem Apfel in meiner Tasche versteckt habe, hat diese Möchtegern-Reality-Star-Schlampe Alice Hicks das mitgekriegt und eine aus ihrer Clique hat angefangen zu singen: »It’s Peanut Butter Jelly Time«. Oder so. Diese miesen Zicken in ihren pastellfarbenen Skianzügen und mit ihrem pinken Glitzernagellack. Heute Mittag müssen sie jemand anderen mit Pommes bewerfen.
    Ich habe überhaupt keinen Appetit, aber das ist nicht das Problem. In Wahrheit muss ich dringend pinkeln, schon seit wir losgefahren sind … aber echt mal , nur ein Vollidiot würde das Klo im Bus benutzen. Auf dem Hinweg ist Pete Moore da drin gewesen und die haben ihn anschließend zwei Stunden lang damit aufgezogen. Wie konnte er auch nur so blöd sein? Er hat doch eigentlich schon genug damit an der Backe, dass er der schwächliche Klassenspinner ist. Sie nennen ihn ›Albino-Boy‹, wegen seiner weißen Haare und der durchscheinenden Haut, was für manche Leute vermutlich schon an Rassismus grenzt. Er hat mich mal angelächelt, aber es war die Sorte von Lächeln, die dir jemand schenkt, der ein noch leichteres Opfer entdeckt hat. Er wird bald merken, dass ich ihm seine Frischhaltefolienhaut auch nicht rette. Weil ich denen nämlich keine Angriffsfläche bieten werde. Und wenn es darauf hinausläuft, dass ich für die nächsten
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