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Die Rückkehr der Karavellen - Roman

Die Rückkehr der Karavellen - Roman

Titel: Die Rückkehr der Karavellen - Roman
Autoren: Luchterhand
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sehr hatten Tuberkulose und Abwesenheit seinen Körper zu einer Art substanzlosem Geist gemacht. Hin und wieder ließ er ein Blutfädchen in den Flaschenhals rinnen, der in einer kleinen scharlachroten Blume gerann und wieder, nur noch ein Blitzen von Augen, im Pyjama verschwand. Am Ende der Serenade wandte er sich, indem er den Fußboden mit seiner Hose aus grobem Leinen kaum streifte, zu einem Pavillon, der neuer als die andern und hinter dem Hauptgebäude zwanzig oder dreißig Meter von der Küche entfernt errichtet worden war und in dessen Zimmern die letzten Düfte der Diätbrühen verblichen.
    An den folgenden Abenden, wenn er sich in Pantoffeln schlurfend den Weg durch ein Gewühl aus Geräusper zu seinem täglichen Spaziergang bahnte, traf er auf den kurzsichtigen Typ, den seine Durchsichtigkeit mit den Aquarellen an den Wänden verschmelzen ließ, wie er, auf einem Liegestuhl hingegossen, die Apfelbäume des Parks betrachtete oder in einer Ecke der Veranda in geheimnisvollen Dialogen mit Herren konspirierte, die ebenso inexistent waren wie er, alle ein Reagenzglas für Spuckrosen in der Hand hielten und deren vernarbte Zungen die unauslöschlichen Zeichen von Skorbut trugen. Zu jener Zeit erzielte das Sanatorium die ersten Toten unter den dünnsten Rückkehrern, die winzig waren unter den Laken, die ihnen den Kopf
bedeckten, und die Leute sahen sie auf einer Art Tablett mit Rädern in den Weinkeller der Autopsien fahren, einen Klosterhof, in dem ein Schlachter mit Gummischürze und mispelfarbenen Haushaltshandschuhen Eingeweide und Arterien mit Buschmesserhieben sezierte.
    Der Mann namens Luís hatte an dem Septemberabend, als der trügerische Kurzsichtige ihn, nachdem er ihn eine Stunde lang vorsichtig wie ein Geier umkreist, am Pyjamaärmel gezogen und ihn eingeladen hatte, in der ersten Oktoberwoche an der Landung des Königs in Ericeira teilzunehmen, bereits ein Drittel seines Gedichts geschrieben:
    – König D. Sebastião erscheint auf einem Schimmel aus den Wellen, flötete er, indem er eine Rose in seiner Flasche deponierte.
    Der Dichter stellte sich eine Horde Tuberkulosekranker in Krankenhausuniform vor, die im Nebel der Dünen hockend auf einen lächerlichen Monarchen wartete, der sich in Begleitung seines besiegten Heeres aus den Wellen erheben würde. Seit er aus Afrika zurückgekommen war, kam ihm sogar das Fließen der Zeit absurd vor, und er hatte sich noch nicht an die langwierigen Quittensaftdämmerungen des Sommers gewöhnen können, an das Fehlen des hohen Grases mit seinem gierigen Insektenknistern, und er bewegte sich in der Stadt wie auf einem vom Mechanismus der Einbildung geschaffenen Planeten, wurde von Nachrichten in der Zeitung informiert, die so rätselhaft waren wie das Gurren eines Wals. Und er nahm die Einladung genauso an wie die Pneumotoraxe und die Sirups der Ärzte in der Anstalt, die sich dienstags und freitags voll Heilungseifer mit Nadeln und Jodtinktur auf ihn stürzten.

    – Das einzige Problem, warnte ihn der durchsichtige Herr, ohne die Lippen zu bewegen und indem er auf die Diener wies, die die Auswürfe der Siedler überwachten, sind die spanischen Informanten.
    Und er klärte ihn darüber auf, daß das Land nach dem Scheitern der marokkanischen Expedition von den Kastiliern besetzt worden sei, und der Prior von Crato, Sohn des Infanten D. Luís, dessen Truppe nach zwei oder drei Zusammenstößen beim Stockspiel desertiert war, irrte als Pekinese verkleidet durch den Norden und versuchte nutzlosen Beistand in verwirrten Dörfern zu finden.
    Die Einzelheiten des Planes zur Wiedererlangung der Unabhängigkeit, der zwischen den Hustenanfällen vom Patrioten mit der Flöte entworfen worden war, würden ihm während der Siestas nach dem Mittagessen oder nach den beinahe täglichen Totenwachen in der Kapelle des Sanatoriums enthüllt werden, die mit langwimprigen Figuren des heiligen Rochus dekoriert war, die in Weiber und Pferde liebender Barmherzigkeit in kurzem Wams die Tuberkulösen mit ihrem noch immer in einem Luftholen ohne Luft geöffneten Mund betrachtete. Ein Schreiber des Hospizes hatte, von den Liebesmanövern einer Mulatten-Passionaria angelockt, die auf diese Weise zwanzig Jahre entfesselter Prostitution abtrug, einen Bus mit getönten Scheiben gemietet, der dazu diente, Touristenherden zu Bergfrieden, Kathedralen und anderen Nichtigkeiten dieser Art zu führen und die Kranken nach Ericeira zum Treffen mit dem schwulen König und seinem zerlumpten
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