Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die rote Farbe des Schnees

Die rote Farbe des Schnees

Titel: Die rote Farbe des Schnees
Autoren: Evelyn Holmy
Vom Netzwerk:
Ziehkindes stimmt sie jedoch milde. Sie
stutzt plötzlich und berührt Joans Stirn.
    „Au“, bekundet diese, bevor
ihre Hand zum Molkekrug wandert, aus dem sie etliche tiefe Züge nimmt.
    „Was hast du angestellt“, fragt
Dorrit argwöhnisch.
    Joan lacht auf, um ihre
ernsthaften Gedanken zu überspielen. „Siehst du, es geht doch!“
    „Mach mir bitte nichts vor.“
    Joan schaut ihr unglücklich ins
Gesicht. „Ich habe heute Bekanntschaft mit dem Earl gemacht“, gesteht sie
zögernd und beobachtet unbehaglich, wie Dorrit die Augen aufreißt.
    „Ich hoffe, Ihr ... DU hast ihm
den nötigen Respekt erwiesen“, sprudelt es aus ihr heraus. Auf Joans
schwermütiges Seufzen hin setzt sie eine besorgte Miene auf. „Was ist passiert,
Kind?“
    „Er hat im Weiher gebadet“,
beginnt Joan stockend.
    „Er hat gebadet“, hakt Dorrit
verdutzt nach.
    „Er ist geschwommen.“
    Dorrit schüttelt den Kopf. „Nun
ja, es ist sein gutes Recht. ... Du solltest dich nun endlich vom Weiher fern
halten.“
    Joan blickt betreten zu Boden.
„Er hat mich nackt im Schilf aufgestöbert“, bekennt sie verzagt und vernimmt
beklommen, wie Dorrit auf ihre Offenbarung hin die Luft scharf einzieht.
    „Kind“, ruft diese
vorwurfsvoll, als hätte Joan eine solche Begegnung abwenden können.
    Als Dorrit gewahrt, dass sich
Joan bedrückt über ein Auge wischt, nimmt sie deren Kopf ganz beunruhigt
zwischen die Hände und blickt ihr in die verschwommenen, smaragdgrünen Augen.
„Was hat er getan“, fragt sie einfühlsam und eindringlich zugleich.
    Joan wird wieder wütend, nimmt
Dorrits Hände und zieht sie von ihrem Gesicht weg. „Er WOLLTE es tun.“ In dem
Versuch, sich zu fassen, atmet sie tief durch. „Ich konnte mich gegen ihn
wehren“, murmelt sie mit einem gehässigen Lächeln, das Dorrits Beunruhigung
nicht schmälert. „Ich bemerkte leider zu spät, dass ich den Earl vor mir hatte.
Verhalten hat er sich jedenfalls wie einer seiner grobschlächtigen Raufbolde.“
    Dorrit lacht bitter. „Kind, du
musst noch einiges über deinen sauberen Adel lernen.“
    „Ich würde jederzeit wieder so
handeln“, verkündet Joan selbstsicher, streicht sich dann jedoch eine Spur
nachdenklicher über die schmerzende Stirn. „Aber er wird sich mein Gesicht
gemerkt haben. Er offenbarte mir, dass er sich schon auf meine Hochzeitsnacht
freut.“
    Dorrit atmet hörbar aus. Sie
nimmt Joan tröstend in die Arme, wobei sie deren Gesicht an den üppigen Busen
drückt. Dann fasst sie Joan bei den Schultern und blickt sie eindringlich an.
„Du hattest Glück. Aber eines Tages wird dir deine Wildheit noch so richtig zum
Verhängnis, das sage ich dir voraus. Du solltest dich endlich wie eine Frau
deines Alters verhalten. ... Wie eine MITTELLOSE Frau deines Alters“,
verbessert sie sich nachdrücklich. „Was dir dein Vater beibrachte, bringt dich
in Teufels Küche. Es wird noch das Geringste sein, dass du deine Unschuld an
den Lord verlierst.“ Angesichts Joans unglücklich in sich zusammengesunkener
Gestalt senkt sie die Stimme etwas. „Dein Vater hat es in seinen Jugendjahren
übrigens ebenso gehalten“, brummt sie wie beiläufig.
    Joan ist sichtlich überrascht.
Doch Dorrit hebt ungerührt die Schultern. „Das ist nun mal Vorrecht eines
Earls. ... Mich hat es nie betroffen. Ich war nicht hübsch genug.“
    „Ich muss mich wohl noch daran
gewöhnen, nicht mehr mir selbst zu gehören“, bemerkt Joan nunmehr
niedergeschlagen.
    Dorrit hingegen schüttelt den
Kopf. „Du bist noch immer eine Freie. Doch bist du schlecht beraten, ihn dir
zum Feind zu machen.“
    „Ja, das weiß ich. ... Oh
Dorrit, mir wird so übel. Denn wenn er erfährt, dass ich eine Besitzlose bin,
dann bin ich seiner Willkür doch hoffnungslos ausgeliefert. Es gibt niemanden,
der mich vor ihm schützen könnte.“
    Dorrit wiegt den Kopf. „Nun
male den Teufel nicht an die Wand. ... Du solltest endlich das Angebot von
Müllers Jacob annehmen, auch wenn sein Beruf als unehrenhaft gilt. Völlig zu
Unrecht, wenn du mich fragst. Jeder hier ist auf ihn angewiesen und dass ein
Müller heimlich vom Korn der Bauern stiehlt, entbehrt jeglichen Beweises.
Überdies ist Jacob ein anständiger Bursche. Obendrein ansehnlich. Und er
verehrt dich abgöttisch!“
    „Du musst ihn nicht anpreisen
...“
    „Du bist längst im
heiratsfähigen Alter“, unterbricht Dorrit sie energisch. „Seit geschlagenen
vier Jahren, um genau zu sein. ... Wenn du mit einem Bastard schwanger gehst,
wird dich
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher