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Die rote Farbe des Schnees

Die rote Farbe des Schnees

Titel: Die rote Farbe des Schnees
Autoren: Evelyn Holmy
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und fährt sich durchs offene, dunkelbraune Haar. „Sag, stimmt, was man
munkelt? Du hast endlich Jacobs Antrag angenommen?“
    Joan schaut zur Seite und lässt
den Blick versonnen über die Thorn schweifen. Ihr Wasser steht etwas niedriger
durch die dürren Sonnentage. „Ja, es ist wahr“, seufzt sie. „Die Hochzeit wird
noch vor Ende des Monats sein.“
    Alice mustert sie überrascht,
bemerkt jedoch ihre Zurückhaltung. Sie räuspert sich. „Du wirst glücklich mit
ihm sein“, meint sie beschwichtigend, woraufhin sich ihr Joan mit einem
traurigen Lächeln wieder zuwendet.
    „Ich beneide dich, Alice. ...
Insgeheim träume auch ich von der großen Liebe.“
    Alice legt ihr vertraulich eine
Hand auf die Schulter. „Jedes Mädchen in Thornsby beneidet dich um Jacobs
Zuneigung. ... Du musst doch zugeben, dass er verteufelt gut aussieht. ... Ich
war einst auch in ihn verliebt.“
    Joan lacht. „Ja, er sieht ganz
hübsch aus“, lenkt sie ein. „Aber er wirkt auf mich wie Wasser.“
    „Wie Wasser?“ Alice grübelt.
„Welch eigentümlicher Vergleich. ... Wasser hat Kraft und schmeckt süß. Es
nährt das Leben.“
    Joan
räuspert sich. „Ja. Aber es löscht das Feuer.“
    Joan zupft
einen Grashalm aus und steckt sich dessen saftiges Ende in den Mund. Ihr zu
einem dicken Zopf geflochtenes Haar streicht über das Gras hinweg, als sie den
Kopf zu Jacob wendet. Sie betrachtet sein ruhendes Gesicht auf ihrem Schoß und
streicht ihm durch sein kurzes, strohblondes Haar. Er regt sich daraufhin ein
wenig, wobei er den Kopf etwas zur Seite neigt. Indes kaut sie nachdenklich auf
dem Halm herum und mustert seine große Gestalt. Beim Anblick seines
mehlbepuderten, hüftlangen Leibrocks aus derbem, einst dunkelgrauem Leinen,
muss sie lächeln. Versonnen richtet sie den Blick geradeaus auf die Thorn. Sie
ist hier, etwas außerhalb von Thornsby, besonders schmal und treibt das
mächtige Mühlrad der alten Mühle zu ihrer Linken an. In der Nähe lassen einige
angepflockte Ziegen ab und zu ihr Meckern vernehmen. Sowohl dieses, als auch
das Rauschen des Flüsschens und das Klappern des Rades lullen Joan besänftigend
ein und machen auch sie schläfrig. Nach einem ausgiebigen Gähnen schüttelt sie
sich. Schließlich nimmt sie den ausgekauten Grashalm wieder aus dem Mund und
streicht Jacob mit den weichen Samen sanft über den hellen Stoppelbart, seine
mehlbestäubte Nasenspitze und die Sommersprossen auf seinen Wangen. Sie lässt
auch seine Blessuren an Stirn und linker Braue nicht aus, welche noch vom
ausgelassenen Fußballspiel vor zwei Tagen gegen das drei Meilen entfernte
Ellingsby zeugen. Dank Jacobs draufgängerischer Spielweise, welche ihn, der
alle anderen um Haupteslänge überragt, bereits berüchtigt gemacht hat und dem
gegnerischen Dorf das Fürchten lehrte, vermochten die jungen Burschen von
Thornsby den ledernen Ball in Ellingsby einzuspielen und trugen somit den Sieg
davon. Der begehrte Spielball ist nun wieder einmal in ihrem Besitz.
    Jacob kratzt sich übers
Gesicht, stellt ein Bein in der knielangen, weitgeschnittenen Hose auf, die
ebenfalls über und über mehlbestäubt ist, und blinzelt Joan an. Als diese ihm
daraufhin ein Lächeln schenkt, öffnet er seine großen, herrlich grünen Augen
vollends, um sie versonnen zu betrachten. Mit den Fingerspitzen berührt er ihre
vollen Lippen, so dass Joan diese aufeinander presst, weil es sie kitzelt.
    „Küss mich, Joan“, verlangt er
flüsternd. Auf ihr Zögern hin legt er einen kräftigen Arm um ihren Nacken, um
sie zu sich herabzuziehen.
    Sie sträubt sich kurz, gibt
dann jedoch nach und drückt ihm geschwind einen flüchtigen Kuss auf den Mund.
Doch er hält sie weiterhin fest und zieht sie erneut an sich. Er küsst sie
wieder, diesmal fester und bewegt den Kopf dabei. Unter einem zärtlichen Biss
in ihre Lippe streicht er ihr leidenschaftlich über den Busen. Es bewegt nichts
in Joan, langweilt sie gar. Insgeheim ekelt sie sich vor seiner forschenden
Zunge in ihrem Mund. So reißt sie sich wieder von ihm los. „Nicht, Jacob. ...
Deine Mutter könnte uns sehen“, wendet sie ein, während sie zur Untermalung
ihrer Worte zur Mühle, einem schlichten, länglichen Holzhaus, hinüberblickt.
    „Und? Wir heiraten morgen“,
protestiert er, betrachtet sie dann jedoch auf ihr bedrücktes Schweigen hin
nachdenklich. Er stützt sich hoch und setzt sich neben sie. „Du wirst mich
schon noch lieben lernen, Joan“, bemerkt er nun beinahe tröstend und stupst
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