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Die rote Antilope

Die rote Antilope

Titel: Die rote Antilope
Autoren: Henning Mankell
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zu legen, sondern warb statt dessen dafür, die Missionsarbeit zu unterstützen, die in Afrika betrieben wurde.
    Niemand wußte, daß der Sarg, den sie beerdigten, eigentlich leer war.

    EPILOG

    KALAHARIWÜSTE, MÄRZ 1995

    Auf dem Weg zwischen Francistown, Botswana, und Windhoek, Namibia, übernachtete er in einem Hotel in Ganzi. Der kleine Ort bestand aus einer Ansammlung von windschiefen Häusern, mitten in die Wüste hingestreut. Im Hotel war überall Sand. Auch wenn die Speisekarte im Restaurant eine große Auswahl an Gerichten bot, bestanden sie überwiegend aus Sand. Sogar wenn er Wasser trank, knirschte es zwischen den Zähnen. In der verlassenen Bar des Hotels saßen zwei Männer und verhandelten über ein Geschäft. Sie ließen sich Zeit, hüllten sich oft in langes Schweigen, ehe sie das Gespräch fortsetzten. In der Wüste gab es keinen Grund zur Eile. Da sich keine anderen Gäste in dem Lokal befanden und der Barkeeper verschwunden war, konnte er nicht umhin, ihr Gespräch mit anzuhören. Der eine war mit seinem Lastwagen kurz hinter der namibischen Grenze steckengeblieben und versuchte jetzt, den Wagen mitsamt der Ladung zu verkaufen, die, soviel er verstand, aus Fahrradreifen und diversen Kurzwaren bestand, Kinderkleidung, Strümpfen sowie einer Partie Schirmmützen, die der Mann irgendwo billig aufgetrieben hatte. Die Verhandlungen über den Preis gingen nur langsam voran, und er blieb nicht lange genug, um zu hören, ob die beiden Männer handelseinig wurden oder nicht.

    Kurz vor Einbruch der Dunkelheit machte er einen Spaziergang entlang der einzigen Straße. Überall war die Wüste gegenwärtig. Er betrat einen Laden, hauptsächlich um zu sehen, was es dort zu kaufen gab. Die Frau hinter der Kasse, die schwarz und sehr jung war, fragte ihn sofort, ob er vielleicht gewillt sei, sie zu heiraten und von dort wegzubringen. Er hatte das deutliche Gefühl, daß sie es ernst meinte, und verließ fluchtartig den Laden.
    Am Abend, nachdem er Eier, Kartoffeln, Gemüse und Sand gegessen hatte, lag er in seinem Hotelzimmer wach und kämpfte mit den Mücken. Die Wüste, die ihn umgab, rauschte in der Dunkelheit, als ob er sich eigentlich auf einer Insel befände, mitten in einem endlosen Meer.

    Als er am Morgen erwachte, war er am ganzen Leib zerstochen. Er lag im Bett und zählte die Tage. Falls er in der Nacht mit Malaria infiziert worden war, würde es etwa vierzehn Tage dauern, bis die Krankheit ausbrach. Dann hätte er, wenn alles nach Plan lief, die Wüste bereits weit hinter sich gelassen, und bei einem plötzlichen Fieberanfall würde er wissen, daß er möglicherweise von Malaria befallen war.

    Dann setzte er seine Fahrt zur namibischen Grenze fort. Man hatte ihn gewarnt, daß die Piste sehr schlecht sei, streckenweise kaum vorhanden. Der Jeep mit seinem Vierradantrieb und dem kräftigen Motor trug ihn jedoch vorwärts. Er war gespannt, ob er den Lastwagen passieren würde, der irgendwo da draußen liegengeblieben war, wie ein gestrandetes Schiff im Sandmeer.

    Aber bevor er so weit gekommen war, legte er eine Pause ein, um zu pinkeln. Die Wüste war flach, nicht wie die Wüste, die er auf Bildern gesehen hatte, Sanddünen, die sich sanft zu Kämmen auftürmten und all den Sand verbargen, der sich dahinter befand. Hier gab es keine Hügel. Der Sand war grau, vereinzelt wuchsen niedrige Sträucher. Am Horizont trafen sich Himmel und Erde in einem farblosen Dunst.

    Als er seine Hose zugeknöpft hatte und sich umdrehte, um sich wieder hinters Lenkrad zu setzen, entdeckte er eine Gruppe von Menschen, die ihm durch die Wüste entgegenkamen. Sie bewegten sich sehr schnell, in einer langgezogenen Linie, und es dauerte eine Weile, bis er ganz sicher war, daß es Menschen waren, die er sah, und keine Tiere. Er stellte sich neben die Ladefläche des Wagens und lehnte sich so an, daß die Führerkabine ihm Schatten spendete. Mit zusammengekniffenen Augen zählte er die Menschen, die sich näherten. Er kam auf die Zahl einunddreißig.

    Der erste, der auf ihn zutrat, war ein alter hagerer Mann mit grauen Haaren und krummen Beinen. Der Alte betrachtete ihn mit neugierigen Augen.
    - I know how to speak English, sagte er.

    Das überraschte ihn sehr. Er hatte sich erzählen lassen, daß die Nomaden in der Wüste, das Buschvolk, keine andere Sprache beherrschten als ihre eigene, die jene eigenartigen Klicklaute enthielt, deren Gebrauch für Außenstehende nahezu unmöglich zu erlernen war.

    Der Wagen war jetzt
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