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Die Rebellin von Leiland 1: Maske (German Edition)

Die Rebellin von Leiland 1: Maske (German Edition)

Titel: Die Rebellin von Leiland 1: Maske (German Edition)
Autoren: Magali Ségura
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wenig mehr zurück. Doch der Gestank der Reptilien erfüllte noch immer Andins Lunge und drehte ihm den Magen um. Das Summen der Fliegen war genauso lästig wie ihre ständigen Annäherungsversuche. Aber das Hinderlichste blieb die schlechte Sicht. Die Erscheinungen wurden dadurch noch beängstigender. Seltsame Wasserschlangen durchstießen den Nebel und schossen auf Andin und Nis zu, um sie zu verschlingen. Eine alte, hässliche Frau zerfetzte in dem Versuch, sie aufzuspießen, den Dunst mit armlangen Fingernägeln. Ein Riese mit verbranntem Gesicht zerriss die Schleier der Luft mit seinem Knüppel und wollte sie damit zerschmettern.
    Die Drohungen, die sie brüllten, ließen einem das Blut in den Adern gefrieren. Ihr Atem zischte ganz nahe am Gesicht des jungen Mannes vorbei, aber ihre Krallen wurden immer wieder zu Zweigen. Ein Schwerthieb oder ein Pfeil setzten dem Blendwerk ein Ende.
    Die einzige Schwierigkeit bestand weiterhin in den großen Reptilien, die wie aus dem Nichts erschienen. Aber sie tauchten regelmäßig in der Nähe der Bäume auf, wenn die Illusion durchbrochen war, und der ekelerregende Geruch ging ihnen unmittelbar voraus. Sie gaben sich wütender als ein Zauberer, dessen kostbarste Taschenspielerei man durchschaut hatte. Andin hätte nie gedacht, dass Niedergeister so leicht zu überwältigen waren!
    Im Kampf gegen die Geister drang er an diesem Schreckensort immer weiter vor und vergaß seine Müdigkeit und seine Fragen. Die Versteinerten Berge hatten ihm nur eine Lehrstunde in Ausdauer erteilt. Die Höllischen Nebel, die Ungeheuer, Fallen und Prüfungen bargen, kamen seiner neugierigen und wagemutigen Natur eher entgegen. Nis wirkte trotz ihres gelegentlichen Zurückzuckens kaum weniger hingerissen als ihr Herr. Vielleicht schenkte ihr die wachsende Anzahl von Karotten, die er ihr versprach, neuen Mut?
     
    Nach mehreren Stunden milderte eine Brise all diesen eingebildeten Wahnsinn. Sie zerstreute den Nebel leicht und brachte die ersten Sonnenstrahlen mit. Zu seiner großen Erleichterung konnte Andin unterhalb von seinem Standort verschwommen die Umrisse eines Waldes ausmachen. Er hatte Leiland erreicht.
    Nun hätte er seine Schritte beschleunigen sollen. Er hatte es geschafft. Er war durchgekommen. Dennoch blieb er stehen.
    Andin hatte schon zahlreiche Länder in den Vier Welten bereist; Leiland war das einzige Gebiet, in das seine Abenteuerlust ihn noch nie geführt hatte. Er hatte die Wege des Landes so gründlich studiert, dass er sich geradewegs mit geschlossenen Augen zum Palast hätte begeben können, trotz der schwierig zu durchquerenden Furt der Fünf Flüsse. Aber irgendetwas hatte ihn immer davon abgehalten, die Grenze zu überschreiten. Dennoch lag dieses Königreich direkt neben seinem. Warum wurde ihm das erst jetzt so recht bewusst?
    Ein letztes Zögern, ein letzter Schritt. Was fürchtete er? Er verstand seine völlige Lähmung nicht.
    Andin wandte den Kopf. Hinter den Höllischen Nebeln, jenseits der Versteinerten Berge, lag sein Königreich. Würde er eines schönen Tages das Schloss von Pandema wiedersehen? Die Frage hatte er sich zuvor noch nie gestellt. Im Alter von zwölf Jahren hatte er sein Land und den Wohnsitz seiner Familie verlassen. Seitdem reiste er durch Berg und Tal, ohne dass irgendjemand sein Bedürfnis, dieses Wanderleben zu führen, verstanden hätte. Sein Vater noch weniger als irgendjemand sonst … Aber er hatte seinen Aufbruch nie bereut. Dieses Heimweh war seltsam. War es eine weitere Illusion? Oder schadete dieser abscheuliche Gestank etwa seinem Verstand?
    Die kleinen Nebelwirbel gaben Stück für Stück die Landschaft frei. Andin konnte nicht zurück. Er hatte versprochen, dass er den Auftrag ausführen würde, den man ihm anvertraut hatte. Diese Furcht, weiter vorzudringen, wurde langsam wirklich lächerlich! Wie konnte er nach alldem, was er schon durchschritten hatte, noch zögern? Er erinnerte sich an das, was Prinz Cedric, der Thronerbe von Pandema, ihm unmittelbar vor seiner Abreise gesagt hatte: »Ich habe gehört, dass das Land der Zwei Monde ein Königreich ist, in dem es vor Dämonen und Gottheiten nur so wimmelt. Die Illusion beherrscht dort die Wirklichkeit.«
    Nach seinem Weg durch die Höllischen Nebel musste Andin sich eingestehen, dass ein Körnchen Wahrheit in diesem Ruf stecken mochte. Aber all diese Phantastereien dienten doch einzig und allein dem Zweck, Fremden Angst einzujagen! Er würde jetzt nicht einknicken.
    Diese
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