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Die Rache ist Dein

Die Rache ist Dein

Titel: Die Rache ist Dein
Autoren: Faye Kellerman
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sachlich. »Nicht die Kleinen. Die sind leicht zu verstehen. Sie brüllen und schreien, was ihnen gerade einfällt. Aber die Teenager! Entweder murmeln sie vor sich hin, oder ich werde tatsächlich taub, weil ich kein Wort von dem verstehe, was sie sagen.« Sie lächelte. »Ich hab das ehrlich gemeint. Es ist ein Wunder, wie gut sie aussieht. Ihre Lippe ist verheilt, und ihre Nase wird besser aussehen als je zuvor.«
    »Sie wollte sich immer die Nase operieren lassen.«
    »Tja, das ist ja jetzt passiert. Ich hoffe nur, der Arzt hat sie nicht zu klein gemacht. Cindy hatte eine Patriziernase ... sehr stattlich im Vergleich zu all diesen kalifornischen Knopfnasen. Das hatte was ... Klassisches.«
    Decker seufzte. »Ich weiß nicht, wie du das machst.«
    »Was?«
    »So ... so zuversichtlich zu sein, ohne unecht zu klingen. Du bist so selbstsicher. Wenn du Cindy sagst, daß alles gut werden wird, glaubt sie dir das. Und wenn ich bei ihr bin, komme ich mir wie der letzte Esel vor. Ich weiß nicht, was ich sagen oder tun soll! Ich bin ihr Vater, Himmel noch mal!«
    »Genau daran liegt es, Peter. Du bist der Vater, ich bin nur die Stiefmutter. Ich liebe Cindy sehr, aber weil ich sie nicht von klein an kenne, kann ich objektiv bleiben. Wenn es um Hannah ginge, cbaßwecholile, wäre ich völlig außer mir.«
    Der Fahrstuhl kam. Rina sah ihren Mann an und streckte die Arme nach ihm aus. Statt sie nur kurz zu umarmen, drückte Decker sie fest an sich. Seine Finger fuhren unter ihre Kappe und in ihr Haar.
    Sie hörte ihn tiefe, kurze Atemzüge machen, spürte, wie sich sein Brustkorb hob. Eine Weile blieben sie so stehen, ließen die Fahrstühle kommen und gehen. Als sie schließlich aufsah, waren seine Augen feucht und rot, aber die Wangen trocken.
    Erstickt brachte er hervor: »Schätze, es war noch nicht an der Zeit.«
    »Nein«, erwiderte Rina. »Gott hat zu viele Pläne mit ihr. Das weiß ich. Ich weiß nur nicht ... welche. Aber ist das nicht das Leben, Peter? Was auch immer geschieht, das Leben bleibt ein Geheimnis!«

39
    Cindy hatte nicht kommen wollen und sie wollte nicht hier sein. Aber Marx hatte erklärt, drei Monate Pause wären genug. Und wo Cindy jetzt keine Anfängerin mehr war, müsse sie den Teufel bei den Hörnern packen, sich wieder aufs Pferd schwingen, bla, bla, bla. Da Marx ihre Rolle als Mentorin zu genießen schien, wollte Cindy nicht widersprechen. Sie wußte, daß sie Hayley was schuldig war, also fügte sie sich diesem schrecklichen Ritual. Und jetzt war sie hier, bei Bellini's, versuchte, das eisige Schweigen und die feindseligen Blicke der Kollegen zu ignorieren, als sie mit Hayley auf der Suche nach einem freien Tisch am Tresen vorbeiging.
    Auf dem Revier war es schlimm genug — das Zischeln, Kichern und Grinsen. Aber da konnte Cindy sich abwenden, nicht darauf achten und ihre Arbeit machen, und die machte sie gut. Graham hatte sich anständig verhalten, von Anfang an ... wenn auch nicht übermäßig feinfühlig. Sie hatte ja nicht erwartet, daß er ihr Therapeut sein würde, aber ein gewissen Verständnis wäre doch nett gewesen.
    Den Tag konnte sie überstehen, konnte sich hinter den täglichen Anforderungen verschanzen. Aber bei Bellini's gab es kein Abwehrschild, keine schützende Barriere, keine Stacheldrahtzäune. Sie konnte sich nicht hinter Büroarbeit oder Telefonanrufen oder Trimmgeräten verschanzen. Hier war alles offen. Sie wollte nur auf ihr Bierglas schauen, war aber immer noch so verängstigt, daß sie ständig über die Schulter sah oder im Spiegel verfolgte, wer kam und wer ging.
    Hätte sie einen anderen Beruf gehabt, wäre sie längst abgehauen und hätte die Abwicklung ihren Anwälten überlassen. Aber aus Hochachtung vor ihrem Vater, vor Marge Dunn und Scott Oliver, vor Hayley und Graham und all den anderen, die sich bemüht hatten, biß sie sich durch, Tag für Tag, fragte sich, wie lange sie das aushalten würde.
    Hayley war mitten in einer Geschichte. »Der Kerl wedelt mit was rum, und wir wissen nicht, was es ist, aber es kann keine Waffe sein oder irgendwas Hartes, weil es so schlaff runterbaumelt. Ray und Raul waren mit uns da ... Raul nähert sich dem Kerl — Decker, hörst du zu?«
    Cindy nahm einen Schluck Bier. »Raul nähert sich ... «
    »Das interessiert dich doch gar nicht.«
    »Natürlich interessiert es mich. Mit was hat er rumgewedelt?«
    Hayley lachte leise. »Warte, warte, das kommt erst noch.«
    Cindy sah in den Wandspiegel. Sie wurde angestarrt, aber
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