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Die Rache des glücklichen Mannes

Titel: Die Rache des glücklichen Mannes
Autoren: Arto Paasilinna
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gewesen. Alle waren eifrig bei der Sache, und eine Woche nach Beginn der Arbeiten konnten die Zimmerleute bereits die ersten kleineren Verschalungen machen. Baumeister Kainulainen erschien hin und wieder, um den Fortgang der Arbeiten zu beobachten, obwohl ihm diese Art der Einmischung in keiner Weise zustand. Es war zu sehen, dass ihn die aufgeräumte, fröhliche Stimmung auf der Baustelle ein wenig ärgerte, hatte er doch gleich am ersten Tag darüber geschimpft, dass der neue Ingenieur die Männer müßig am Ufer herumliegen ließ. Das flotte Arbeitstempo entzog jetzt diesen Aussagen den Boden. Kainulainen betrachtete Jaatinen mit Widerwillen und erzählte im Dorf, dass die Leute am Fluss von einem Extrem ins andere gefallen seien: erst werde herumgelegen, dann werde geschuftet.
    »Als ich gestern Abend hinkam, saß der Jaatinen mit Manssila im Baubüro. Beide hatten eine Schnapsfahne. Sie haben uns aus dem Bezirksbüro einen versoffenen Bauleiter geschickt und extra einen Ingenieur, bloß wegen der einen Brücke, dabei gäbe es genug Baumeis­ ter. Er verbrüdert sich außerdem zu sehr mit den Arbei­ tern, das führt zu nichts Gutem.«
    Jaatinen entging nicht, wie eifrig Kainulainen die Ar­ beit beobachtete. Einmal sagte er denn auch gutmütig zum Baumeister:
    »Der Brückenbau scheint dich ja mächtig zu interes­ sieren.«
    Mit dieser Äußerung wollte er dezent zu verstehen ge-ben, dass Kainulainens ständige Besuche auf der Bau­ stelle nicht unbedingt nur willkommen waren. Kainulai­ nens Interesse für den Fortgang der Arbeiten ging so weit, dass er zwischen den Männern herumlief, ihnen oft im Weg war und immer wieder seine Ratschläge anzu­ bringen versuchte. Die waren zudem oft inkompetent, und das merkten die Männer, denn Jaatinen kam für gewöhnlich hinzu und gab seine eigenen Instruktionen.
    »Jede Baustelle hat ihre besonderen Plagen«, sagte Zimmermann Manssila zu Jaatinen am Ufer.
    »Wenn er nur nicht in den Fluss fällt«, erwiderte Jaa­ tinen, während er Kainulainen beobachtete, der auf dem schwankenden Baugerüst herumlief.
    »Ich würde es ihm gönnen«, murmelte Manssila. Da ertönte ein Schrei und ein lautes Platschen, und
    als Jaatinen und Manssila noch einmal hinsahen, war Baumeister Kainulainen von der Bildfläche verschwun­ den. Er war tatsächlich in den Fluss gefallen. Die Arbei­ ten wurden unterbrochen, alle Männer rannten ans Ufer, um mit anzusehen, wie die Strömung den Bau­ meister erfasste. Er versuchte in seiner dicken Kleidung zu schwimmen, doch das frühjahrskalte Wasser ließ ihn so steif werden, dass er nicht gleich das Ufer erreichte, sondern hinter dem Balkenkasten der alten Brücke verschwand. Die Bauleute liefen am Ufer hinterher. Besonders große Eile legten sie dabei nicht an den Tag, wie Jaatinen bemerkte. Daraus ließ sich schließen, dass sich die einheimischen Arbeiter nicht viel aus Baumeis­ ter Kainulainen machten.
    »Los, ziehen wir ihn an Land«, sagte Manssila schließ­ lich und warf Kainulainen ein Seil zu. Der Baumeister griff danach und gelangte bald ans Ufer. Seine schweren Kleidungsstücke troffen, seine Zähne klapperten vor Kälte und seine Hand presste sich um die schwarze Aktentasche; er hatte sie also während der ganzen Zeit bei sich gehabt und war dadurch beim Schwimmen behindert worden.
    Kainulainen schüttelte notdürftig das Wasser aus sei­ nen Kleidern. Dann stieg er auf die Böschung, öffnete seine Aktentasche und goss das Wasser aus. Ein dickes Bündel nasser Papiere fiel ins Gras, außerdem nasse rote Socken und eine Krawatte. Kainulainen wrang seine Socken aus und breitete die Papiere auf dem Rasen aus, sie wurden vom Wind auseinander geweht, und die Männer mussten hinterherlaufen und sie einsammeln. Erde klebte an den Papieren, und sie wirkten kein biss­ chen trockener als vorher. Sämtliche Arbeiter der Bau­ stelle hatten sich in einem großen Kreis um Kainulainen geschart und sahen ihm zu. Schließlich merkte er, dass seine Lage einigermaßen lächerlich war, er raffte seine Papiere zusammen, stopfte sie in die Aktentasche zu den Socken und klappte den Deckel so wütend zu, dass er sich einen Finger einklemmte, er fluchte und schlug die Tasche erneut zu.
    »Ihr habt das Gerüst mit Absicht so gemacht, dass ich in den Fluss fallen musste«, blaffte er die umstehenden Männer an. Jaatinen bedachte er mit einem besonders wütenden Blick.
    »Es war keine Absicht. Aber so ein Malheur passiert oft auf Baustellen, wenn sich dort
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