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Die Rache des glücklichen Mannes

Titel: Die Rache des glücklichen Mannes
Autoren: Arto Paasilinna
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Außenstehende auf­ halten«, sagte Jaatinen.
    »Außenstehende« – dieses Wort ärgerte Kainulainen maßlos. Er stapfte in seinen nassen Sachen und mit der nassen Tasche unter dem Arm zu seinem Auto, stieg ein, knallte die Tür zu und fuhr ab. Seit dem Tag ließ er sich nicht mehr auf der Baustelle blicken.
    Auf dem Gemeindeamt ging Kainulainen von Zimmer zu Zimmer und erzählte allen, wie man ihn auf der Baustelle behandelt hatte. Man hatte ihn eindeutig mit Absicht in den Fluss gestoßen, hatte allerlei Anspielun­ gen gemacht, ihn im Grunde genommen von dort ver­ treiben wollen. Und warum? Kainulainen war sich si-cher, dass Jaatinen und seine Männer ihn deshalb nicht auf der Baustelle haben wollten, damit die Unfähigkeit des Ingenieurs und der Pfusch der Arbeiter nicht ent­ deckt werden würden, sondern für alle Ewigkeit im stummen Beton verborgen blieben. Die Korridore auf dem Gemeindeamt wurden nass von Kainulainens trop­ fender Kleidung, aber der Baumeister bemerkte es nicht, so erregt war er. Die Putzfrau lief mit dem Wischlappen hinter ihm her, um seine Spuren zu trocknen. Die Mäd­ chen im Büro kicherten, wie es Mädchen in solchen Situationen zu tun pflegen.
    Umso ernster waren Gemeindevorsteher Jäminki und Baumeister Kainulainen, als sie im Zimmer des Letzte­ ren zusammensaßen und sich über den Ingenieur un­ terhielten. Am Ende ihrer Beratung beschlossen sie, das
    Bezirksbüro des Straßenbauamtes über den Vorfall zu informieren. Jäminki übernahm das Reden:
    »Am ersten Tag haben sie auf der Baustelle nur rum­ gelegen und Würste am Feuer gegrillt, und jetzt arbeiten sie dort so schnell, dass wir fürchten, sie liefern Pfusch. Wir fragen uns, ob der Ingenieur überhaupt genug Eisen in den Beton tut oder ob er es womöglich auf eigene Rechnung weiterverkauft… Und den Bauinspektor unserer Gemeinde haben sie ins Wasser geschmissen. Das ist der jüngste Vorfall, ist eben erst passiert.«
    Im Bezirksbüro wies man die Beschwerden zurück, man erklärte, Jaatinen sei in jeder Weise rechtschaffen, die Gemeinde habe keinerlei Grund zu Befürchtungen. Die Brücken, die Jaatinen gebaut habe, seien für finni­ sche Verhältnisse wahrhaft vorbildlich, und auch inter­ national gesehen…
    »Und sie riechen dort nach Schnaps. Außerdem macht sich dieser Ingenieur mit den Arbeitern gemein, einmal saß ein hiesiger Kommunist, den Namen lasse ich unerwähnt, dieser Kommunist also, der auf der Baustelle der Hauptvertrauensmann ist, saß mit dem Ingenieur einträchtig in der Baubude zusammen, und beide hatten eine Schnapsfahne. Sollte sich das Stra­ ßenbauamt nicht langsam für diese Zustände interessie­ ren?«
    Die Antwort aus dem Straßenbauamt lautete: »Hören Sie mal, Jäminki, die Baustelle untersteht
    uns, und somit tragen wir die volle Verantwortung. Wir sind auch verantwortlich für die Moral und lassen uns selbst von den Leuten anhauchen, falls es dazu Anlass gibt. Mischen Sie sich nicht in Dinge ein, die nicht in Ihre Zuständigkeit fallen.«
    Nach dem ergebnislosen Telefonat murmelten die bei­ den Kommunalbeamten:
    »Überall wird man für dumm verkauft.« »Die haben uns einen Teufel hergeschickt.«
    In Jaatinens Baubude gab es keinerlei Komfort. Er versuchte, sich im Kirchdorf Kuusmäki eine bessere Wohnung zu besorgen, doch niemand wollte ihm ein Zimmer vermieten. Es schien, als hätte Jäminki die Einwohner davor gewarnt, den Ingenieur aufzunehmen. Jedenfalls herrschte in Kuusmäki plötzlich so große Wohnungsnot, dass er in seiner schmutzigen und engen Baubude hausen musste.
    Da es dort keine Waschmöglichkeit gab, gewöhnte er sich an, morgens und abends im Fluss zu baden. Er watete nackt und nur mit einem Stück Seife bewaffnet in das dunkle Wasser, seifte sich von oben bis unten ein und planschte herum wie ein Flusspferd. Oft blieben auf der Brücke Passanten stehen, um zuzusehen, wie sich der große Mann im Fluss säuberte. In solchen Augenbli­ cken stieß Jaatinen für gewöhnlich ein dumpfes Gebrüll aus, um so seinem Waschauftritt einen zusätzlichen dramatischen Effekt zu verleihen.
    Eines Nachmittags hielt auf der Brücke ein schwarzes Personenauto, und ihm entstieg ein kleiner, untersetzter Mann. Es war der Pfarrer der Gemeinde Kuusmäki, Propst Roivas. Der betagte Propst beobachtete eine Weile den im Fluss herumbrüllenden Jaatinen und rief ihm dann zu:
    »Ich bin Propst Roivas, guten Tag, Ingenieur Jaati­ nen!«
    »Tag, Tag, Propst!«
    Propst Roivas erklärte
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