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Die Rache des glücklichen Mannes

Titel: Die Rache des glücklichen Mannes
Autoren: Arto Paasilinna
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nen stellte fest, dass die Männer aus Kuusmäki ehrlich und fleißig waren. Sie wirkten nach außen hin still und unauffällig, konnten aber tüchtig zupacken. Da die Baustelle klein war, hatte man keine Kantine errichtet. Die Männer bereiteten sich in der Mittagspause selbst ihr Essen am Feuer und verzehrten es im Schein der Flammen; Jaatinen gesellte sich zu ihnen, und in diesen Ruhepausen lernte er seine Leute noch besser kennen.
    Manssila, Gemeindevertreter und Vertrauensmann, erwies sich als der Korrekteste von allen. Er war ein sehniger Mann, auf seinem gefurchten Gesicht zeigte sich nur selten ein Lächeln, auch war er nicht sehr gesprächig. Doch er war es, der Jaatinen von der Ver­ gangenheit der Brücke und von Vornanens Schicksal erzählte. Dabei stellte sich heraus, dass auch Manssilas Vater in jenem Kampf während des Bürgerkrieges ver­ wundet worden war.
    »Wir Kommunisten dieses Dorfes, und gewiss auch die anderen Linken, wir haben seit jenen Zeiten ziemlich viel auszustehen. Du kannst dir nicht vorstellen, Jaatinen, was für nachtragende Leute hier in Kuusmäki wohnen. Auch du solltest dich vor diesen Bauern in Acht nehmen.«
    Ein anderer interessanter Mann war Pyörähtälä, jung und unverheiratet, ein langer und magerer Bursche, immer fröhlich, immer mit einem Lächeln auf den Lip-pen. Jaatinen befreundete sich von Anfang an mit ihm. Pyörähtälä war der intelligenteste Mann der Baustelle, vielleicht nicht allzu fleißig und auch nicht besonders sorgfältig, aber wann sind solche Männer je Arbeitstiere gewesen.
    Die Baustelle lebte, sie war in Fahrt wie ein Zug. Fröhlich und munter ging es weiter bis zu einem Diens­ tag Mitte Juni, an dem es plötzlich einen jähen Um­ schwung in der Stimmung gab.
    Schon morgens bemerkte Jaatinen, dass Pyörähtälä nicht mit den anderen zur Arbeit kam. Die Männer unterhielten sich leise über ihn, Jaatinen verstand nicht, was sie sagten. Allmählich kam die Arbeit jedoch in Gang.
    Es vergingen ein paar Stunden, und Pyörähtälä ließ sich immer noch nicht blicken. Jaatinen erkundigte sich bei Manssila, ob er etwas über den Verbleib des Mannes wisse und ob der vielleicht erkrankt sei.
    »Krank ist er nicht… er hat etwas zu erledigen.« Nach der Mittagspause tauchte Pyörähtälä endlich
    auf. Sein Erscheinen erregte Aufmerksamkeit, die Män­ ner versammelten sich neugierig um ihn. Pyörähtälä erzählte ihnen gestikulierend und aufgeregt etwas, die Männer machten lange Gesichter. Schließlich gingen sie auseinander, alle verrichteten lustlos ihre Arbeit, der fröhliche Eifer war wie weggeblasen. Jaatinen beobach­ tete die Entwicklung verwundert und besorgt durch das schmutzige Fenster seiner Baubude. Schließlich be­ schloss er, Pyörähtälä wenigstens danach zu fragen, warum er am Vormittag blaugemacht hatte.
    »Ich hatte im Kirchdorf etwas zu erledigen. Du kannst mir die Stunden abziehen, ich hätte mich deshalb noch selbst bei dir gemeldet.«
    Kurz darauf kam Vertrauensmann Manssila zu Jaati­ nen.
    »Wir machen eine Belegschaftsversammlung, sie dau­ ert eine Stunde.«
    Die Männer schalteten die Maschinen aus. Sie verlie­ ßen das Flussufer und zogen sich an den Waldrand zurück, dort setzten sie sich im Kreis zusammen. Jaati­ nen beobachtete die Versammlung jetzt zunehmend besorgt. Was war nur los? Hatte er die Männer auf irgendeine Weise beleidigt? Auf seinen Baustellen hatte es nie Streiks gegeben, die aus internen Differenzen entstanden wären. Sollte es jetzt das erste Mal sein?
    Eine böse Geschichte.
    Die Männer diskutierten, Jaatinen sah, dass es um etwas Ernstes ging, ihre Gesten ließen darauf schließen. Am liebsten wäre er hingegangen und hätte gefragt, was sie bedrückte, doch es war nicht gut, sich in eine Beleg­ schaftsversammlung einzumischen. Er musste tatenlos abwarten, was da kommen würde.
    Schließlich endete die Versammlung. Manssila trat allein zu Jaatinen in die Baubude. Er setzte sich. Als Jaatinen fragte, worum es auf der Belegschaftsver­ sammlung gegangen war, sagte Manssila:
    »Wir haben beschlossen zu kündigen. Alle miteinan­ der.«
    Zu kündigen! Jaatinen war fassungslos. Er fragte, wa-rum sich die Männer nicht vorher mit ihm beraten hätten, ehe sie einen solchen wahnsinnigen Beschluss fassten. Hatten sie nicht genug unter der Arbeitslosig­ keit gelitten? War nicht bisher alles in jeder Hinsicht gut gelaufen?
    »Um dich geht es gar nicht. Ich werde mal erzählen.« Manssila erläuterte die
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