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Die Rache des glücklichen Mannes

Titel: Die Rache des glücklichen Mannes
Autoren: Arto Paasilinna
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wurden ihm gebracht. Die übrige Einrichtung war eingebaut: an einer Seite ein Urkun­ denschrank, an der anderen das Bett, in einer Ecke ein Ölofen und eine Gasflasche. Über dem Bett hatte ein früherer Baustellenleiter Zeitungsfotos mit nackten Frauen angepinnt. Jaatinen riss die Fotos herunter, zerknüllte sie und warf sie in den Papierkorb; er sagte:
    »Frauen haben sich hier nicht zu rekeln.« Als er sein Büro eingerichtet hatte, rief er die Männer
    am Ufer zusammen und hielt eine kurze Ansprache: »Ich bin Brückenbauingenieur Akseli Jaatinen und
    trage die Verantwortung für diese Baustelle. Wir errich­ ten neben der alten Brücke eine neue, größere aus Beton, und wie euch bekannt ist, dauern die Arbeiten bis zum Herbst. Dann werdet ihr ausbezahlt, sodass sich jeder von euch darauf einstellen kann. Es soll nach Stunden abgerechnet werden, aber ich werde versuchen, jedes Mal wenn es sich ergibt, Akkord anzusetzen. Wählt aus euren Reihen einen Vertrauensmann, damit ihr euer Anliegen vorbringen könnt, falls es zu Differenzen kommt. Die Baustelle untersteht dem Straßenbauamt, das hier von mir vertreten wird. Heute ist der erste Arbeitstag, aber wir legen nicht gleich los, machen uns erst ein wenig mit den Örtlichkeiten vertraut. Morgen um acht fangen wir an, das Erdreich von der Böschung abzutragen, wir überprüfen die Markierungen, und einige von euch beginnen mit der Zufahrtstraße zur neuen Brücke. Ich kann hundsgemein werden, wenn man mir dazu Anlass gibt, aber auf den früheren Bau­ stellen hat es nie einen Anlass gegeben. Ich habe mehr als dreißig Brücken und dazu einige Meilen Landstraße gemacht, Baustellen hatte ich also zur Genüge. Glaubt mir im Guten, wenn ich euch etwas sage, oder ich haue euch in die Schnauze.«
    Die Männer lachten.
    »Scheint ein ehrlicher Kerl zu sein«, sagten sie hinter seinem Rücken über Jaatinen.
    Jemand entzündete am Flussufer ein Lagerfeuer. Die Männer ließen sich dort nieder, sie kochten Kaffee, rösteten Wurst und verzehrten ihren Proviant. Am Nachmittag kam Kainulainen, der Baumeister der Ge­ meinde, zur Baustelle. Er sah, wie die Männer am Feuer herumlagen, einige hielten ihre nackten Füße in den Fluss. Kainulainen ging zu Jaatinen in die Baubude, brachte ihm einige Papiere, unterhielt sich kurz mit ihm und fuhr dann mit seinem Auto ins Kirchdorf zurück.
    Auf dem Gemeindeamt berichtete er, was er am Fluss gesehen hatte:
    »Sie lagen nur herum. Dass die neue Brücke bis zum Herbst fertig wird, können wir wohl vergessen. Der Ingenieur scheint ein komischer Kerl zu sein, verbrüdert sich gleich am ersten Tag mit den Arbeitern.«
    Die Mitarbeiter im Gemeindeamt wirkten besorgt. Je­ mand sagte, es sei Pech für die Gemeinde, dass ein solcher Mann mit dem Brückenbau beauftragt worden sei, nachdem man jahrzehntelang gewartet habe.
    »Heutzutage gibt es die unmöglichsten Typen«, kons­ tatierte man.
    2
    Am nächsten Tag ging es gleich morgens an die Arbeit. Die Männer trugen mit Spaten die Erdschicht von den Uferböschungen ab, der kleine Bagger kam ihnen zu Hilfe, die Markierungen wurden überprüft. Zwei Lastwa­ gen fuhren das abgetragene Erdreich ab. Gegen Mittag wurde zum ersten Mal Felsgrund für die neue Straße weggesprengt.
    Jaatinen genoss den Frühling und die Tatsache, dass die neue Arbeit in Gang kam. Die Männer auf der Bau­ stelle gingen ebenfalls frisch zu Werke. Sie hatten einen gewissen Manssila, einen Zimmermann, zu ihrem Hauptvertrauensmann gewählt; er war Kommunist, Mitglied des Gemeinderates, um die Fünfzig. Er berich­ tete Jaatinen, dass der Winter hart gewesen sei, Arbeits­ losigkeit habe die Männer im Dorf heimgesucht. Der Bau der neuen Brücke sei von ihnen sehnsüchtig erwar­ tet worden, und so seien sie jetzt froh, dass es endlich losgehe und ihre Existenz wieder besser gesichert sei.
    »Die Kommune hat im Winter keine einzige eigene Ar­ beitsmaßnahme durchgeführt«, erklärte Manssila. Bau­ meister Kainulainen und Gemeindevorsteher Jäminki hätten um Weihnachten zu den Arbeitslosen gesagt, die Gemeinde habe keine eigenen Mittel, um für Beschäfti­ gung zu sorgen.
    »Wir sind dann mit einer Abordnung nach Helsinki gefahren und haben schließlich diesen Brückenbau mit Geldern des Staates durchsetzen können. Aber viele Männer sind während des ganzen Winters arbeitslos gewesen.«
    Es ging rasch voran, denn Jaatinen berechnete den Männern vieles nach Akkord, waren sie doch so lange Zeit arbeitslos
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