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Die Rache Der Wanderhure

Die Rache Der Wanderhure

Titel: Die Rache Der Wanderhure
Autoren: Iny Lorentz
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Fürsten anzunehmen, seinen Befehlen zu gehorchen und sein Reich zu festigen?«
    Unter den Rittern befand sich auch der Burghauptmann auf Hohenstein. Michel war mit der Vorstellung nach Nürnberg gereist, an einem Kriegszug teilnehmen zu müssen, und fand sich nun als Teilnehmer an einer fingierten Krönung wieder. Für solche Spiele erschien ihm die Lage wahrlich zu ernst. Dann aber sagte er sich, dass gerade diese Zeremonie, auch wenn sie nur eine Probe für eine richtige Kaiserkrönung darstellte, die Einheit zwischen Sigismund als Reichsoberhaupt und den Teilnehmern am Reichstag stärken konnte. Daher skandierte er ebenso laut wie die anderen die altüberlieferte Antwort: »Fiat! Fiat! Fiat!«
    Kaum waren die Worte verklungen, setzte der falsche Papst dem echten König die Krone aufs Haupt, strich ihm mit Zeige- und Mittelfinger über die Stirn und erhob seine Stimme. »Es geschehe! So salbe ich dich zum Kaiser des Heiligen Römischen Reiches in nomine patris et filii et spiritus sancti, amen!«
    Sigismund wartete gerade noch ab, bis diese Worte gesprochen waren, erhob sich und zupfte erneut an seinem härenen Kittel.
    »Muss das Ding wirklich sein?«, fragte er Isabelle de Melancourt.
    Dann entdeckte er die schwarze Gestalt in der Nähe der Tür und gab seinem Herold einen Wink. Dieser trat auf den Mönch zu und fragte ihn nach Namen und Begehr. Nachdem Ruppertus die Auskunft recht hochmütig gegeben hatte, drehte der Herold sich um und hob seinen Stab, um die Aufmerksamkeit aller auf sich zu lenken.
    »Janus Suppertur, Inquisitor und Gesandter Seiner Heiligkeit, Papst Martin V.!«
    Auf Sigismunds Gesicht erschien ein abweisender Zug, während Isabelle de Melancourt hinter ihre beiden Begleiterinnen zurücktrat, als wolle sie sich vor Ruppertus’ schweifendem Blick verbergen. Ihre Miene zeigte für einen Augenblick Abscheu, ja sogar Hass. Doch sie hatte sich rasch wieder in der Gewalt und spitzte die Ohren.
    Sigismund trat mit einem gezwungenen Lächeln auf Ruppertus zu. »Ihr also seid Janus Suppertur! Ich hatte Euer Kommen später erwartet.«
    »Das habe ich bemerkt«, antwortete Ruppertus mit eisiger Stimme, besann sich aber, was er dem Oberhaupt des Reiches schuldig war, und neigte den Kopf, um eine Verbeugung anzudeuten.
    Dann kam er auf das Geschehen im Saal zurück. »Euer Majestät, was hatte dies hier zu bedeuten?«
    Mit einer ärgerlichen Bewegung nahm Sigismund die schwere Krone ab und setzte sie dem Papstdarsteller kurzerhand auf den Kopf. Dann lachte er hart auf.
    »Wenn Ihr es genau wissen wollt: Die Krönungszeremonie ist seit vierhundert Jahren die gleiche, und sie muss, wenn sie gelingen soll, vorher geübt werden. Man wird schließlich nur einmal im Leben Kaiser.«
    In der Stimme des Königs schwang deutliche Kritik mit. Papst Martin hatte ihn bereits zu lange mit der Kaiserkrönung hingehalten, und seine Geduld war erschöpft.
    Dies spürte Ruppertus sehr genau, doch das, was Sigismund sich am meisten wünschte, nämlich die Einladung nach Rom und das Versprechen der Kaiserkrönung, konnte er ihm nicht überbringen. Daher bemühte er sich vorerst, verbindlich zu sein.
    »Eine Kaiserkrönung ist ein feierlicher Akt. Ich verstehe, dass Ihr darauf vorbereitet sein wollt.«
    »Ich bin es und hoffe, Martin V. ist es auch!« Sigismund klopfte dem falschen Papst auf die Schulter und wies auf die Reichskleinodien. »Schaff das weg! Wir werden die Zeremonie später noch einmal proben. Jetzt habe ich so einiges mit dem Boten Seiner Heiligkeit zu besprechen.«
    Ruppertus’ Blick wurde dunkel, weil er als Bote bezeichnet wurde, und er sah mit wachsendem Ärger zu, wie der Papstdarsteller die Reichskleinodien einsammelte und mit ihnen durch eine Seitentür verschwand. Am liebsten hätte er Sigismund über die notwendige Demut belehrt, die auch einem König angemessen war. Schon die Tatsache, dass irgendein Hofnarr den Heiligen Vater in Rom darstellen durfte, überschritt die Grenze der Häresie. Doch leider brauchte Papst Martin den König als Schwertarm gegen die Feinde des Glaubens, und er war gesandt worden, um Sigismund an seine Pflichten zu erinnern.
    »Wann werdet Ihr gegen die ketzerischen Hussiten ziehen?«, fragte Ruppertus den König unvermittelt.
    Sigismund wies mit einer weit ausholenden Geste auf die Ritter im Saal. »Wie Ihr sehen könnt, habe ich bereits meine Getreuen zusammengerufen. All diese Männer sind bereit, einen Kreuzzug gegen den Ketzer Vyszo und seine Hussiten zu führen und
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