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Die Rache der Medica (Die Medica-Reihe) (German Edition)

Die Rache der Medica (Die Medica-Reihe) (German Edition)

Titel: Die Rache der Medica (Die Medica-Reihe) (German Edition)
Autoren: Johanna Geiges
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Gersteneintopf, Fischsülze, Forelle im Teigmantel, Aalpastete, zimtbestreuter Reis mit Mandelmilch, sogar Rehpfeffer – alles, was die klösterliche Küche zu bieten hatte. Wenn er dann nach der Mette zurückkam, um nachzusehen, waren der Teller und das dazugehörige Fladenbrot stets unberührt.
    Der Erzbischof nahm nur mit Wasser verdünntes Bier zu sich und trug ein Cilicium aus Pferdehaaren und Schweineborsten. Nachts kasteite er sich zusätzlich mit einer neunschwänzigen Katze und betete auf dem harten und eiskalten Steinfußboden, bis er vor Schmerzen in den Knien nicht mehr konnte und vornüberfiel. Aber da auch Schlafentzug zu seiner selbst gewählten Askese gehörte, zwang sich der Erzbischof dazu, wach zu bleiben, indem er endlose Anrufungslitaneien mit sich selbst in den Boden murmelte. Und wenn er damit fertig war, fing er wieder von vorne an, bis er schließlich doch in einen unruhigen Schlaf dämmerte, in dem ihn unzählige wirre Alpträume apokalyptischen Ausmaßes quälten, bis er nur umso erschöpfter wieder erwachte. Dann flehte er Gott an, bettelte um ein Zeichen für eine Läuterung, eine Vergebung. Aber Gott antwortete seinem treuesten Diener nicht.
    Abt Sixtus, der heimlich ab und zu an der Tür zu den Abtgemächern horchte und dann einen Blick durch das Schlüsselloch riskierte, machte sich allmählich größte Sorgen um seinen Herrn und die Zukunft des Klosters, des Bistums und des Reiches. Aber an wen sollte er sich wenden, wenn sich der Zustand des Erzbischofs weiter verschlimmerte? Niemand durfte davon erfahren, die Gegner des Erzbischofs, und davon gab es viele, hätten jede Schwäche sofort zu ihrem Vorteil ausgenutzt. Papst Coelestin IV . war nach nur 17  Tagen Pontifikatdauer im Monat Neblung 1241 gestorben. Nach nun über zehn Monaten Sedisvakanz war immer noch kein neuer Papst in Sicht, den man in dieser heiklen Angelegenheit um Rat hätte angehen können. Verzweifelt betete Pater Sixtus vor dem Altar der Klosterkirche darum, dass der Erzbischof wieder zu alter Stärke und Führungskraft zurückfand. Je länger das selbstzerstörerische Hadern des Erzbischofs andauerte, desto mehr befürchtete Abt Sixtus, dass mit Armageddon Heisterbach gemeint war und der Tag des Jüngsten Gerichts nicht mehr allzu fern war.
    Der Erzbischof kniete vor seinem Hausaltar, einem Marienbild. Aber er konnte es nicht ansehen, er konnte nur in sein Inneres blicken, das schwarz war, schwarz wie der abgrundtiefe Groll, den er gegen sich selbst hegte. Bei seinem Vorgehen gegen Anna, die häretische Hexe aus Ahrweiler, hatte Konrad von Hochstaden als Erzbischof und selbsternannter Inquisitor auf ganzer Linie versagt. Da hatte ihm Gott diese von einem jüdischen Medicus unterrichtete Medica auf dem silbernen Tablett serviert, und ihm war es nicht gelungen, sie dem Scheiterhaufen zu überantworten, wie es sich gehört hätte, um ihre von teuflischen Irrlehren beherrschte Seele zu reinigen. In seiner Verblendung hatte er auch noch übersehen, dass diese Hexe mit den verschiedenfarbigen Augen seine Nichte war. Die totgeglaubte Tochter seines ermordeten Bruders, die ihm diese unglaubliche Tatsache auch noch ins Gesicht spie, als er schon sicher war, sich ihrer für alle Zeiten entledigt zu haben. Nun war sie unangreifbar für ihn. Er wusste nicht, wie er ihrem ruchlosen ketzerischen Treiben als Wunderheilerin ein Ende setzen sollte. Er selbst war gezwungen gewesen, sie für unschuldig zu erklären, beim Gedanken an diesen erniedrigenden und demütigenden Vorgang schoss der blinde Hass wie schwarze Galle in ihm hoch.
    Anna von Hochstaden, wie sie wirklich hieß, musste mit dem Teufel im Bunde sein, anders war es nicht zu erklären, wie sie sämtliche Prüfungen, die das Schicksal und der Wille des Erzbischofs ihr auferlegten, nicht nur schadlos überstanden hatte, sondern, wie er zähneknirschend konzedieren musste, nur noch größer daraus hervorgegangen war. Es ging sogar das Gerücht um, dass Graf Chassim von Greifenklau sie ehelichen wollte. Nach seinem schweren Turnierunfall, den normalerweise niemand überlebt hätte, war er halbtot ins Haus der Medica gebracht und dort behandelt worden – auf welche widernatürliche Art auch immer. Nicht nur, dass Anna eine Buhlschaft des Teufels war – in dieser Zeit hatte sie mit ihrer Hexenkunst das gebrochene Bein des Junkers geheilt und die Gunst der Stunde genutzt, indem sie Geist und Seele des jungen Grafen in ihren Bann geschlagen und ihn zu ihrem Liebhaber
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