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Die Rache der Medica (Die Medica-Reihe) (German Edition)

Die Rache der Medica (Die Medica-Reihe) (German Edition)

Titel: Die Rache der Medica (Die Medica-Reihe) (German Edition)
Autoren: Johanna Geiges
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Dann hatte er doch nicht geträumt! Endres trank jetzt ebenfalls vom Bachwasser und kam mit letzter Kraft wieder auf die Knie. Er sah zu Baldur hoch, das Wasser troff von seinen wirr abstehenden Haaren. »Was machen wir jetzt?«, fragte er. »Gehen wir zurück in den Wald, suchen diese verdammte Kate und brennen sie mitsamt der Hexe und ihrem schwachsinnigen Bastard nieder?«
    Baldur dachte nach. Das wäre eigentlich seine normale Reaktion gewesen. Aber zugleich war da die Angst vor dem Unerklärlichen. Er konnte einem Feind oder auch einem Dutzend Auge in Auge mit der Waffe gegenüberstehen und kaltblütig bleiben, bis es zum Kampf kam. Dann verlor er alle Hemmungen und steigerte sich in eine blinde Raserei, bis auch der letzte Gegner vernichtet war und allmählich das Blutrauschen in seinen Ohren wieder nachließ. Aber da gab es ja auch noch eine andere Welt, nicht unbedingt das Jenseits, das die Kirche predigte, und das Fegefeuer, das ihn wegen seiner Todsünden, die er begangen hatte und ohne Reue noch begehen würde, erwartete, das war ihm vollkommen gleichgültig. Nein – es war die Welt der Magie, der Zauberei und des Aberglaubens, die ihm Unbehagen bereitete.
    Er atmete tief durch und sah seine beiden gebeutelten Gefährten, die jetzt wieder einigermaßen auf ihren Beinen waren, mit festem Blick an. »Nichts da. Wir steigen auf unsere Pferde und reiten weiter. Und wenn einer von euch diese Geschichte und was da gesprochen wurde auch nur einmal erwähnt, dann schlage ich ihn eigenhändig tot. Diese Angelegenheit bleibt unter uns, die nehmen wir mit ins Grab. Habt ihr verstanden?«
    Endres und Jobst konnten sehen, wie ernst es ihrem Anführer damit war. Statt einer Antwort schwangen sie sich auf ihre Pferde. »Worauf wartest du dann noch? Ich habe heute Nacht geschlafen und schlecht geträumt. Das war alles. Wir sollten zusehen, dass wir ein Wirtshaus finden, ich sterbe vor Hunger.« Damit galoppierte Jobst los. Endres wendete sein Pferd und jagte Jobst hinterher. Das konnte der ehrgeizige Baldur nicht auf sich sitzen lassen. Er hatte zwar Mühe, in den Sattel zu kommen, doch dann trieb er sein Pferd an, als wäre der Leibhaftige hinter ihm her. Aber er war überzeugt, dass er dem Teufel auch noch von der Schippe springen würde. Er hatte noch nie von jemandem gehört, der ein grünes und ein braunes Auge hatte.

TEIL I

I
    D er Monat Scheiding im Jahre des Herrn 1242 fing so an, wie der Monat Ernting aufgehört hatte. Der Himmel hatte seine Schleusen geöffnet, es goss in Strömen. Die hügelige, bis zu einem fernen Horizont reichende Landschaft, normalerweise ein Flickenteppich aus Buchenwäldern und grünen Wiesen, ab und zu unterbrochen von felsigem Gestein und Nadelholz, verschwand immer wieder hinter einem trüben Vorhang aus Dunst und Regenschauern. Die Sonne blitzte nur gelegentlich zwischen den schwer am schwarzgrauen Firmament dahinjagenden Wolkentürmen auf.
    Eine Gruppe Reisender fuhr auf einem Holzwagen einen holprigen, mit Pfützen und Schlaglöchern übersäten, schlammigen Weg entlang, der einem langgezogenen Hügelkamm folgte. Zwei Reitknechte bildeten die Vorhut, dann folgte der vierrädrige, offene Wagen, gezogen von zwei Pferden. Die Zügel führte ein alter Mann mit Brandnarben auf einer Gesichtsseite, er zählte bestimmt über vierzig Lenze. Neben ihm auf dem Kutschbock kauerte, fest in einen wollenen Kapuzenmantel gewickelt, aus dem nur eine Nasenspitze hervorlugte, eine zierliche, junge Frau, die man aus der Entfernung auch für einen Jungen hätte halten können: Anna von Hochstaden, genannt die Medica. Auf der Ladefläche hockten eine junge, blonde Frau, die den Kopf eines verletzten Mönchs im Schoß hielt, dessen Schulter blutdurchtränkt war, und ein junger, kräftiger Mann, dessen rechtes Bein in einer unförmigen Hülle aus einer grauen, mörtelartigen Masse steckte. Die ungewöhnliche Reisegesellschaft musste bis auf die Knochen durchnässt sein, sie wirkten, als wären sie mit ihren Kräften am Ende, aber sie zogen stoisch ihres Weges. Was blieb ihnen anderes übrig, als in der menschenleeren Gegend, wo es weit und breit kein Dach über dem Kopf gab, der widrigen Witterung zu trotzen?
    Wenn der Himmel nicht wollte, waren Mensch und Tier eben den Unbilden des Wetters ausgeliefert. Da half kein noch so dicker Mantel oder eine tief ins Gesicht gezogene Kapuze, nur die begründete Hoffnung, ihr Ziel, die Burg Greifenklau, bald zu erreichen und dort in trockene Kleidung zu
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