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Die Rache

Die Rache

Titel: Die Rache
Autoren: Eoin Colfer
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sofort, sondern überprüfte erst sämtliche Bildschirme. Die Videoeinspeisung stammte von verschiedenen Mikrokameras, die Opal vor ihrer Einweisung in der Klinik angebracht hatte. Die Kameras bestanden aus genetisch verändertem organischem Material. Die Bilder, die sie sendeten, waren also im wahrsten Sinne des Wortes »Live«-Übertragungen. Die ersten lebenden Maschinen der Welt. Völlig unaufspürbar von Wanzensuchgeräten.
    »Nur die Nachtbesetzung«, sagte er schließlich. »Außer unserem Corporal Dämlich ist niemand in diesem Abschnitt.«
    »Was ist mit dem Parkplatz?«
    »Völlig verlassen.«
    Merv streckte die Hand aus. »Okay, Bruderherz. Es ist so weit. Jetzt oder nie. Sind wir bereit? Wollen wir Opal Koboi zurückholen?«
    Scant pustete sich eine schwarze Haarlocke aus dem runden Wichtelauge. »Ja, denn wenn sie von allein zurückkommt, wird sie sich was ausdenken, um uns das Leben schwer zu machen«, sagte er und schlug ein. »Also ja, wir sind bereit.«
    Merv nahm eine Fernbedienung aus seiner Tasche, die auf einen Sonix-Empfänger in der Giebelwand der Klinik eingestellt war. Der wiederum war mit einem Säureballon verbunden, der auf dem Hauptgenerator in der Verteilerbox des Klinikparkplatzes lag. Ein zweiter Ballon lag auf dem Notgenerator im Versorgungskeller. Als Hausmeister der Klinik war es für Merv und Scant eine Kleinigkeit gewesen, die Säureballons am Abend zuvor dort zu positionieren. Natürlich war die Argon-Klinik auch ans Hauptnetz angeschlossen, aber wenn die Generatoren ausfielen, dauerte es zwei Minuten, bis das Hauptnetz aktiviert wurde. Weitere Vorbereitungen waren nicht nötig, denn schließlich war das hier ein Krankenhaus, kein Gefängnis.
    Merv holte tief Luft, klappte die Sicherheitsabdeckung auf und drückte auf den roten Knopf. Die Fernbedienung aktivierte über ein Infrarotsignal den Sonix-Empfänger, der seinerseits zwei Schallwellen aussandte. Diese brachten die Ballons zum Platzen, und die Säure ergoss sich über die Generatoren. Zwanzig Sekunden später hatten sich die Generatoren restlos aufgelöst, und die Klinik versank in Dunkelheit. Merv und Scant setzten eilig Nachtsichtbrillen auf.
    Sobald der Strom ausfiel, blinkten am Boden grüne Lichtbänder auf, die den Weg zu den Ausgängen wiesen. Merv und Scant setzten sich schnell und zielstrebig in Bewegung. Scant schob den Putzwagen, und Merv steuerte direkt auf Corporal Kelp zu. Grub schob sich gerade die Videobrille auf die Stirn.
    »He«, sagte er, irritiert durch die plötzliche Dunkelheit. »Was ist hier los?«
    »Stromausfall«, sagte Merv und rempelte ihn mit beabsichtigter Ungeschicklichkeit an. »Ich habe Professor Argon schon hundertmal gesagt, dass die Leitungen dringend erneuert werden müssen, aber die Leute stecken das Geld ja lieber in schicke Dienstwagen als in Reparaturen.«
    Merv quasselte nicht aus Spaß an der Freude, sondern er wartete darauf, dass das selbstauflösende Betäubungspflaster, das er Grub aufs Handgelenk gedrückt hatte, seine Wirkung tat.
    »Wem sagen Sie das«, seufzte Grub und blinzelte plötzlich sehr viel mehr als sonst. »Ich versuche schon ewig, im Polizeipräsidium neue Schließfächer durchzukriegen. Mann, hab ich einen Durst. Sie auch?« Dann erstarrte er zur Salzsäule, ausgelöst von dem Serum, das durch sein System floss. In weniger als zwei Minuten würde der ZUP-Officer aus der Betäubung erwachen und sofort wieder voll da sein. Er würde sich nicht an die Bewusstlosigkeit erinnern, und mit etwas Glück würde er auch den Zeitunterschied nicht bemerken.
    »Los«, sagte Scant knapp.
    Merv war schon unterwegs. Mit geübten Bewegungen tippte er Professor Argons Codenummer in Opals Tür ein. Er war schneller, als Argon es je sein würde, weil er in seiner Wohnung auf einer gestohlenen Tastatur stundenlang geübt hatte. Argon änderte seinen Code jede Woche, aber die Brill-Brüder sorgten dafür, dass sie immer vor Opals Zimmer putzten, wenn Argon seine Runde machte. Bis zur Mitte der Woche hatten die Wichtel meist den gesamten Code.
    Das Lämpchen an der Tastatur blinkte grün, und die Tür glitt auf. Opal Koboi schwebte sanft in ihrer Aufhängung wie ein Käfer in einem exotischen Kokon.
    Merv senkte sie auf den Putzwagen ab. Mit schnellen, präzisen Bewegungen schob er Opals Ärmel hoch, bis er die Narbe in ihrem Oberarm fand, wo der Seeker-Sleeper eingepflanzt worden war. Er fixierte den harten Knubbel mit Daumen und Zeigefinger.
    »Skalpell«, sagte er und streckte
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