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Die Quellen der Malicorn: Roman (German Edition)

Die Quellen der Malicorn: Roman (German Edition)

Titel: Die Quellen der Malicorn: Roman (German Edition)
Autoren: Ju Honisch
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zuzugehen und sie zu vertreiben. Wie erstarrt waren sie alle.
    Unas Mutter blickte zu Esteron.
    » Müssen wir gehen? « , fragte sie leise. Ihre Stimme war beinahe tonlos in dem Bemühen, sich zusammenzunehmen.
    » Wenn Kanura sein Wort halten will « , gab Esteron ebenso angespannt zurück.
    » Und wenn er es bricht? «
    Ein Raunen ging durch die Anwesenden. Gläser wurden abgestellt, Hände zuckten. Hufe scharrten. Aus der Unentschlossenheit, die eben noch alle umfangen hatte, formierte sich eine erste diffuse Reaktion. Doch noch passierte nichts weiter, als dass die Gruppen zusammenrückten und taxierend die Göttin und den Helden betrachteten, um dann wieder fragend ihre Blicke auf das Fürstenpaar zu lenken.
    Nun wandelte sich auch Esteron.
    » Wortbruch gegenüber einer Göttin ist eine schwere Entscheidung. Auch wenn es eure Göttin ist, nicht unsere « , sagte er vorsichtig.
    Una versuchte zu begreifen. Es würde Folgen haben. Drastische Folgen. Aber für wen? Für Una? Für ihre Mutter? Für Kanura? Oder für ganz Talunys? Der Zorn der Göttin. Einer Göttin aus der Menschenwelt.
    » Also, meine Göttin ist sie nicht! « , zischte Una und klammerte sich noch fester an Kanura.
    » Sie gehört in eure Welt. Aber sie ist auch hier nicht ohne Macht. Die Integrität der Tyrrfholyn ist die Basis unseres Lebens. Wortbruch hat Konsequenzen. «
    Wortbruch hatte immer und überall Konsequenzen. Aber war es ein so schlimmes Verbrechen?
    » Welche? « , fragte nun Irene. Sie klang nun fast klinisch professionell in ihrem Bemühen, sachlich zu bleiben.
    » Das weiß man nie vorher. « In Esterons Stimme schwang die ganze Bandbreite möglichen Unheils.
    Wirre Gefahren schossen Una durch den Kopf: Krieg, Kampf, Tod. Die Malicorn, die nur darauf lauerte, erneut Unfrieden über Talunys zu bringen. Tote Einhörner. Versklavte Menschen. Sie hatte helfen wollen, Menschen zu befreien. Was, wenn sie nun mitschuldig wurde, Menschen zu schaden? Konnte sie damit leben? Und wenn ja, wie würde so ein Leben aussehen – bei Kanura in einem Reich, an dessen zerstörtem Frieden sie schuld wäre?
    » Ich übergebe Una nicht der Göttin des Krieges! « , rief Kanura nun trotzig und zog sie beinahe schmerzhaft fest an sich. Mit einem Mal hatte er seinen schwarzen Dolch in der Hand, während er im anderen Arm Una hielt. Die Stille um sie herum wurde wie Eis.
    Er würde kämpfen. Er würde sein Wort brechen und gegen eine Göttin kämpfen. Er mochte verlieren. Sie alle würden verlieren. Sie würden untergehen, während Kerr-Dywwen brannte und das Gras sich rot färbte mit den Farben Machas.
    Und doch: Er würde für Una in den Kampf ziehen. Und sein Blut würde auf ihrer Seele lasten und das aller anderer Bewohner dieses Reiches.
    Ein Schauer durchfuhr sie. Kampf erforderte Mut. Doch was, wenn sie mutiger sein musste als nur zu kämpfen? Sie atmete zitternd ein und legte ihre Hand auf seinen Arm, spürte die Anspannung darin, fühlte seine warme Haut, das Leben in seinem Körper.
    » Nein « , sagte sie. » Das tust du nicht. Ich weiß, du würdest uns nicht übergeben. Das musst du nicht. Wir gehen freiwillig mit. « Sie krampfte ihre Finger um sein Handgelenk. » Wir alle haben Talunys nicht gerettet, um es jetzt der Willkür einer allegorischen Gottheit zu opfern. « Es hatte heroisch klingen sollen, aber vielleicht klang es eher ein wenig trotzig.
    Una wandte sich um und blickte Macha hoch erhobenen Hauptes an.
    » Wann? « , fragte sie.
    » Jetzt! « , hieß die Antwort.
    » Gleich? Ohne Aufschub? « Nun zitterte Unas Stimme doch, wurde hoch und spitz.
    » Sofort. «
    » Das ist grausam! « , begehrte Una auf.
    » Der Krieg ist nie etwas anderes « , flüsterte Irene. Sie suchte die Augen des Fürsten, sah die Bestürzung darin, fühlte seine Zerrissenheit. Würde auch er für seine menschliche Liebste kämpfen wollen? Oder war es seine Aufgabe, für sein Reich den Frieden zu bewahren, was auch immer es ihn selbst kosten mochte?
    Sie wollte nicht wissen, wie er sich entscheiden würde, wollte nicht einmal, dass er sich entscheiden müsste. Liebe war so vieles. Vielleicht bedeutete Liebe jetzt, ihm die Entscheidung abzunehmen.
    Liebe konnte so grausam sein wie Krieg.
    Sie packte ihre Geige ein und schloss sorgfältig den Kasten, den Blick auf ihr Geschenk gesenkt. Sie traute sich nicht zu, in Esterons blaue Augen zu sehen und dennoch an ihrer Entscheidung festzuhalten. » Una, pack deine Flöte ein und komm. «
    Es war, als hätten
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