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Die Quellen der Malicorn: Roman (German Edition)

Die Quellen der Malicorn: Roman (German Edition)

Titel: Die Quellen der Malicorn: Roman (German Edition)
Autoren: Ju Honisch
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dem einen lag eine Geige, in dem anderen eine Flöte. Sie sahen etwas anders aus, als die Instrumente, die Una und Irene verloren hatten, doch sie waren kunstvoll verziert und ungeheuer schön.
    Nun richtete die Fürstin das Wort an sie: » Nehmt diese Instrumente als Zeichen unserer aller Anerkennung und Dankbarkeit. Seid willkommen in Talunys, Bardinnen. Unsere Liebe ist euch stets gewiss. «
    Vorsichtig nahmen Una und Irene ihre Instrumente auf.
    » Wir danken euch! « , sagte Irene, während Una noch nach den rechten Worten suchte. » Auch unsere Liebe ist euch gewiss, euch, den Menschen und Tyrrfholyn von Talunys. « Sie verstummte ein wenig abrupt, als versagte sie sich weitere Worte.
    » Ja « , fügte Una hinzu. » Vielen Dank. Ich … äh … « Sie brach ab, nahm stattdessen die Flöte an die Lippen und begann zu spielen. Nach einigen Sekunden nahm ihre Mutter die Geige auf und stimmte mit ein, dann begann ein Barde nach dem anderen zu singen. Darauf folgten die Einhörner. Einen Text gab es nicht, nur Klang. Una hatte noch nie ein besseres Instrument gespielt, und Irenes Geige mochte mindestens so schön klingen wie eine Stradivari.
    Ganz Kerr-Dywwen schwang in der Musik, die einmal zart war, dann wieder kraftvoll, schließlich rhythmisch wurde und gewaltig wie eine Beethoven-Symphonie. Der Klang, die Schwingungen, der Duft der Blumen, die Freude der Anwesenden – alles vermischte sich zu einem großen Ganzen, das wunderbarer nicht sein konnte.
    Una sah zu Kanura, doch dessen Blick ging weit zur Yssen hinunter. Er sah besorgt aus, bestürzt geradezu. Sie folgte dem Blick und erkannte die Göttin Macha und ihren Helden. Sie standen am Ufer, als warteten sie auf jemanden.
    Unas Blick flog zurück zur Fürstenfamilie. Sie sangen nicht mehr mit. Sie standen schweigend. Die blauen Augen des Fürsten waren weit, und Perjanu scharrte unwillig mit dem Huf.
    » Sie kommt, dein Versprechen einzufordern « , flüsterte Esteron seinem Sohn zu. » Was wirst du tun? «
    » Was immer sie verlangt « , antwortete Kanura tapfer.
    Una spürte sein Entsetzen mehr, als dass sie seinen Gesichtsausdruck lesen konnte. Ihr begannen die Hände zu zittern. Alles ist gut, versuchte sie sich zu sagen. Alles war gut. Alles wird gut werden.
    Doch sie glaubte sich nicht.

Kapitel 104
    Die Musik verebbte, und eine schmerzhafte Stille trat ein. Alle Blicke wandten sich der Göttin zu. Sie trug ein blutrotes Abendkleid mit einem unglaublichen Dekolleté, ihr Held einen Maßanzug, der Una an James Bond denken ließ. Er schien diesmal kein Schwert zu tragen, aber das ließ ihn nicht friedlicher aussehen. Und dass er etwa waffenlos da stand, glaubte Una keinen Augenblick.
    » Macha, Göttin des Krieges « , rief Hra-Esteron. » Dies ist ein Friedensfest. Was willst du hier? «
    Die Frau schenkte ihm ein scharfkantiges Lächeln.
    » Nur das, was mir zusteht! « , antwortete sie. » Mehr nicht. «
    Una fühlte ein schleichendes Grauen in sich hochsteigen. Sie wusste, dass Kanura, um ihr Leben zu retten, einen Schwur geleistet hatte. Er würde den Preis dafür bezahlen. Sie hatte ihm deswegen Vorhaltungen gemacht, doch er hatte nur in abgewandelter Form wiederholt, was er ihr schon einmal gesagt hatte, als sie ihn gefragt hatte, warum er sein Horn hergegeben hatte: » Weil du sonst schon tot wärst, Una aus der Menschenwelt, die die Herzen von Tyrrfholyn erobert. «
    Was mochte Macha von ihm verlangen? Nicht seinen Tod – bitte nicht seinen Tod! Ihr war, als könnte sie kaum atmen, als schnürte ihr etwas die Kehle zu. Bitte, flehte sie in Gedanken, bitte tu ihm nichts. Tu ihm nichts!
    » Una und Irene, kommt! « , befahl Macha. » Es geht nach Hause. Ihr gehört in mein Reich – nicht hierher! «
    Una glaubte zu Stein zu erstarren. Sie konnte keinen klaren Gedanken fassen. Zurück? Sie wollte nicht in einer anderen Welt sein als der, in der Kanura lebte.
    » Nein! « , rief Kanura. » Du hast etwas von mir verlangt. Nicht von ihnen! «
    » Und ich verlange von dir, dass du sie gehen lässt, kleiner Prinz Schwarzhorn. «
    Una flog zu ihm. Er wandelte sich, nahm sie in die Arme. Was würde er tun? Was würden sie alle tun? So viele Einhörner und Menschen waren hier versammelt. Sie mussten doch etwas tun können!
    Doch die Ratlosigkeit hing wie eine Wolke über der Versammlung, die eben noch so fröhlich gewesen war. Manche blickten verständnislos, andere schienen erzürnt. Nicht einer machte Anstalten, auf die beiden ungebetenen Gäste
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