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Die Quelle

Titel: Die Quelle
Autoren: James A Michener
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Jahr hatte er an der Carnegie-TH angewandte Metallurgie studiert, um mit einiger Sicherheit die Herkunft und den Schmelzprozeß von Metallen und ihren Legierungen bestimmen zu können. Dann besuchte er drei Wintersemester lang die Staatsuniversität von Ohio, wo er sich so gründlich mit der Töpferei befaßte, als wolle er sein Leben lang nur Vasen und Teller herstellen. Dabei hatte er die Erfahrungen gesammelt, die es ihm gestatteten, Brennofentemperaturen zu schätzen, so daß er sie für jeden alten Tonscherben auf etwa hundert Grad recht genau angeben konnte. Er verstand zwar nicht ganz so viel von den geschichtlichen Beziehungen zwischen den einzelnen keramischen Stilen wie die hervorragende Spezialistin Dr. Bal-El; in technischen Dingen aber war er ihr überlegen. In New York beschäftigte er sich am Metropolitan Museum mit Trachten, Waffen und Rüstungen. Ein weiteres Jahr - eines der besten seines Lebens - verbrachte er in der französischen Universitätsstadt Grenoble; hier befaßte er sich mit der Ur- und Vorgeschichte und der Höhlenkunst Frankreichs. In Arizona hatte er über Indianer gearbeitet; während dieser Zeit belegte er Vorlesungen an der Staatsuniversität und machte sich mit der Methodik der Dendrochronologie vertraut, die eine Datierung vorgeschichtlicher Kulturschichten nach den Jahresringen der darin gefundenen Hölzer gestattet: Je nach Temperatur und Niederschlagsmenge entstehen beim Wachstum eines Baumes schmale oder breite Jahresringe, so daß man kennzeichnende Folgen kühler oder warmer, trockener oder feuchter Jahre identifizieren kann. Dann kam ein weiteres ganzes Jahr an der Universität von Princeton, wo er am Presbyterian Seminary mit Experten an Problemen der Bibelforschung arbeiten konnte.
    Ganz besonders wertvolle Kenntnisse aber hatte er sich selbst angeeignet:    Als Junge war er ganz versessen aufs
    Briefmarkensammeln gewesen. Sein irischer Vater hatte damals geknurrt: »Was machst’n eigentlich mit die Marken?« Er wußte es selbst nicht, aber vielleicht war dieses Hobby seiner Kindheit schuld daran, daß er Archäologe geworden war. Denn später, als junger Mann, hatte er die Spielerei mit den kleinen Papierstückchen aufgegeben und mit dem Sammeln von Münzen begonnen, was ihm solider erschien. Und gerade diese Liebhaberei erwies sich nun als höchst bedeutsam für die Bibelforschung: Er konnte eine jener wissenschaftlichen Arbeiten schreiben, in denen der Beweis erbracht wurde, daß es zwei verschiedene jüdische Sekel gegeben hatte: eine solcher Münzen um 165 v. Chr. während des ersten jüdischen Befreiungskampfes unter Judas Makkabäus und eine zweite um 135 n. Chr. zur Zeit des letzten Aufstandes unter Bar Kochba. Durch diese Arbeit hatte er seinen Ruf als Experte in der Numismatik begründet. Alle diese Kenntnisse, dazu noch solche, die er sich bei verschiedenen Ausgrabungen systematisch angeeignet hatte -etwa solche über antike Architektur oder über das Kriegswesen zu biblischen Zeiten -, sollten ihm jetzt für den Tell Makor zugute kommen. Und nun galt es zu bestimmen, wo die beiden Versuchsgräben anzulegen waren. Rein intuitiv zögerte er diese so wichtige Entscheidung noch ein wenig hinaus. Während die anderen den Tell verließen, blieb er allein zurück. Ziellos wanderte er über den Hügel und stieß mit dem Fuß gegen den Boden, um seine Struktur zu prüfen. Eine Fläche von nur hundertachtzig mal hundertzwanzig Meter - das scheint nicht sehr viel, dachte er. Zwei Fußballplätze. Steht man aber davor, nur mit einer kleinen Kelle in der Hand, und jemand sagt: »Ausgraben!«, dann sieht das verdammte Ding riesig aus. Er betete im stillen: So vieles hängt davon ab. Gott, hilf mir, den richtigen Platz zu finden. Da erblickte er plötzlich einen kleinen Gegenstand, der etwas aus dem Boden ragte und nicht gerade wie ein Kieselstein aussah. Cullinane beugte sich vor, ihn näher zu untersuchen. Ein kleines Stück Blei war es, nach einer Seite etwas abgeflacht - eine Gewehrkugel. Schon wollte er sie fortwerfen, aber da fiel ihm etwas ein.
    »Voilà. Unser erster Fund auf Tell Makor«, sagte er sich. Cullinane spuckte auf seine Finger und säuberte das Geschoß so lange, bis es matt schimmernd und schwer in seiner Hand lag. Er hielt es zwischen Daumen und Zeigefinger und fragte: »Schicht? Alter? Ursprung?« - Vorwand genug, seine Entscheidung über die Suchgräben noch weiter aufzuschieben. Er holte die Karte aus seiner Tasche, setzte sich an den Rand des
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