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Die Pyramide: Im Zeichen des Orion (German Edition)

Die Pyramide: Im Zeichen des Orion (German Edition)

Titel: Die Pyramide: Im Zeichen des Orion (German Edition)
Autoren: Ingrid Müller
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nächsten Supermarkt, um Vorräte einzukaufen und zu horten. An den folgenden Tagen machten wir lange Spaziergänge über die Klippen, setzten uns auf die Felsen, ließen uns von wohlig warmen Sonnenstrahlen verwöhnen und horchten auf das tief unter uns murmelnde Meer. Dann schlug das Wetter um. In der Nacht war ein heftiger Sturm aufgekommen, der an unserem Häuschen rüttelte. Es zog durch Türen- und Fensterritzen. Wir waren froh, dass wir zusätzlich zu unserer Heizung noch einen Kamin hatten, vor den wir uns setzten, um uns von vorn rösten zu lassen. Wir trauten uns gar nicht, aus dem Fenster zu sehen. Schwarze und graue Wolken fetzten über den Himmel, der Regen klatschte wütend gegen die Fenster, der Wind jaulte wie ein ganzes Wolfsrudel, und ich glaubte die Marterschreie der verlorenen Seelen aus der Hölle zu hören. Moritz hatte sich mit Kevin verabredet und Kurti brachte ihn – beide fest in Ölzeug verzurrt – hinunter ins Dorf. Ich hatte den ganzen Tag gelesen, und als sich Kurti nachmittags erneut durch den Sturm kämpfte, um Moritz abzuholen, entschloss ich mich zu einem Gang auf die Klippen. Erschöpft kam ich oben an und erreichte den höchsten Punkt, von dem man einen spektakulären Blick auf die Felskette hatte. Das Meer war die reinste Hexenküche. Von weit draußen rollten Wellen heran, die ihre schäumenden Kämme vor sich hertrieben. Eine brodelnde graue Brühe warf sich krachend gegen die Felswände, um sich dann in einer weißen Explosion rückwärts aufs Meer zu katapultieren. Es knatterte in meinen Ohren. Ich hatte Mühe, mein Gleichgewicht zu halten und fürchtete, der Wind würde mich vom Felsen herunterreißen. Ganz plötzlich ließ er ab von mir. Am Himmel bildeten die Wolken einen Wirbel, aus dessen Mitte sich ein kleiner Sonnenstrahl zwängte. Die Wolken von hellgrau bis schwarz kreiselten um die Öffnung. Die wurde immer größer, die Sonne immer heller, und am Himmel bildete sich ein Tunnel, der ins Licht führte. Dieser Tunnel übte eine magische Sogwirkung auf mich aus. Ich verfiel in einen tranceartigen Zustand. Ich wollte die Arme ausbreiten, ich wollte durch die Luft in dieses gleißende Licht fliegen. Eine unsägliche Todessehnsucht überkam mich und ein nie erfahrenes Glücksgefühl. In dem Augenblick fasste mich jemand mit festem Griff und ein Arm legte sich um meine Schulter.
     
    „Das ist aber sehr gefährlich,“ sagte Kurti und zog mich von der Klippe weg. Benommen sah ich ihn an.
    „Hast Du dieses Naturschauspiel gesehen?“ fragte ich und blickte in den Himmel.
    Aber die Erscheinung war verschwunden. Dunkle Wolken rasten an der Stelle tief über das Wasser, der Wind hatte Fahrt aufgenommen und eine Ladung Regen trommelte auf uns herab.
     
    „Ich hab es gesehen,“ sagte Kurti.
    “Wir müssen nach Hause zurück. Moritz und ich haben Tee gekocht und Sheila hat Scones für uns gebacken.“
    Im Cottage war es herrlich warm. Der Tee stand auf dem Stövchen, im Kamin lag ein knisternder Holzscheit. Ich kuschelte mich in einen Sessel, knabberte Scones, schlürfte heißen Tee und fühlte mich unendlich geborgen.
     
    Nachdem ich mich von allen Menschen unverstanden und verlassen fühlte, überfiel mich eine heftige Sehnsucht nach Irland. Dieses Gefühl, das ich damals gehabt hatte, wollte ich noch einmal erleben. Ich wollte von diesem Sturm gepeitscht werden, meine  Gedanken ordnen und niederschreiben. Ich wollte auf dem Felsen auf die Erscheinung warten, die mich damals so fasziniert hatte, und dann durch den Tunnel in das Licht fliegen und mich diesem Glücksgefühl hingeben, wenn es sich denn wieder einstellen sollte. Ich war geradezu besessen von dem Gedanken an Irland. Unverzüglich rief ich dort an. Brian war erfreut.
     
    „Ich hole Dich in Shannon ab, keine Frage, aber willst Du wirklich jetzt Mitte Oktober ganz allein hierher kommen? Es wird nicht mehr lange dauern, dann versinken wir in Nebel und Kälte“.
     
    Ich sprach mit Moritz.
    „Könntest Du mit Deinem Papa ein paar Wochen allein bleiben? Ich muss einfach einmal weg von hier.“
    „Kannst Du nicht bis zum Frühjahr warten, dann kommen wir mit.“
    „Dein Vater möchte zurzeit sicher nicht mit mir verreisen. Er ist mir böse. Ich habe wohl einen großen Fehler gemacht.“
    Moritz sah mich besorgt an.
    „Kannst Du denn nicht mit ihm sprechen? So schlimm wird es doch nicht sein.“
    „Ich muss mal allein sein und nachdenken. Danach wird sicher alles wieder gut“, sagte ich unsicher.
    „Aber
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