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Die Pyramide: Im Zeichen des Orion (German Edition)

Die Pyramide: Im Zeichen des Orion (German Edition)

Titel: Die Pyramide: Im Zeichen des Orion (German Edition)
Autoren: Ingrid Müller
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hatte. Sylvia reagierte schockiert.
    „Du überforderst mich,“ sagte sie schroff.
    „Wir haben uns immer große Sorgen um Dich gemacht. Aber Du kreist nur um Dich selbst. Du meinst, Dein Schicksal sei das härteste, was einem Menschen widerfahren kann. Das ist aber nicht so. Auch andere leiden und das, was Dir geschehen ist, berechtigt Dich überhaupt nicht, den Todesengel zu spielen und Rache zu üben. Ich habe kein Verständnis dafür, und mir wäre es lieber, Du hättest mich da nicht mit reingezogen. Du kommst hierher und machst mich einfach ohne Vorwarnung zu Deiner Mitwisserin. Von rechts wegen müsste ich Dich anzeigen, und ich bitte Dich, es selbst zu tun. Ich kann Kurt vollkommen verstehen. Hast Du nicht wenigstens an Deinen Sohn gedacht?“
     
    Mit dieser Reaktion von meiner besten Freundin hatte ich nicht gerechnet. Schwach versuchte ich, die Argumente vorzutragen, die schon bei Kurti nicht verfangen hatten.
    „Ich bin gläubige Katholikin,“ antwortete sie, „für mich gibt es keinerlei Zwischenweg. Mord ist ein schlimmes Verbrechen, und muss geahndet werden.“
    Nie habe ich mich so einsam gefühlt, wie in diesem Augenblick, in dem mich  alle, die mir nahe standen, verließen.
    „Ich wünsche Dir viel Kraft,“ sagte Sylvia noch als ich ging.
     
    Grübelnd ging ich nach Hause; aber eigentlich hatte ich gar kein Zuhause mehr. Ich ging zu Kurt:
    „Gib mir ein paar Tage Zeit,“ sagte ich, „ich muss mit mir ins Reine kommen.“
     
    Wie würde ich mich entscheiden? Dann kam mir ein Gedanke. Ich musste meine Geschichte aufschreiben, alles was ich erlebt hatte, seit ich Jochen das erste Mal auf Mallorca gesehen hatte. Das würde mir helfen, meinen Weg zu finden. Aber ich konnte es nicht hier tun. Ich musste irgendwo ungestört sein, getrennt von allem hier, ganz mit mir allein.
    „Irland,“ dachte ich. „Ich muss nach Irland.“
     
     
    Kapitel XVII
     
     
    Als Moritz sieben Jahre alt war, verbrachten wir unseren Urlaub in Irland. Das war für ihn eine aufregende Erfahrung. Zum ersten Mal in seinem Leben flog er mit dem Flugzeug. Dann mieteten wir für eine Woche ein Boot, um über den Shannon zu fahren. Er war völlig aus dem Häuschen, stellte tausend Fragen, wollte immerzu Kapitän sein und das Schiff steuern. Und dann das abendliche Anlegemanöver, die Ankunft in einem fremden Hafen, das Übernachten in der Koje; wir, die stolzen Eltern, amüsierten uns den ganzen Tag lang. Nach der ersten Woche mieteten wir ein Auto, um das Land noch ein wenig zu erkunden. Eines Spät nachmittags kamen wir zu einem Örtchen an der Westküste, das uns sofort begeisterte. Es hatte eine geschützte kleine Sandbucht, einen Fischerhafen, kleine hutzelige Fischerkaten und eine alte Burgruine. Wir parkten das Auto im Ort und gingen hügelan, um zu den Steilfelsen zu gelangen. Die Straße endete irgendwo, und es gab nur noch einen Trampelpfad. Genau dort, am Ende der Straße stand ein kleines Cottage mit einem Schild „To Rent“. Wir fragten im Nachbarhaus nach den Vermietern und stellten fest, dass wir schon an der richtigen Adresse waren. Das Ehepaar Sheila und Brian hatten das Haus ihrer Eltern nach deren Tod  modernisiert, um es an Feriengäste zu vermieten. Es hatte zwei Schlafzimmer, einen sitting-room mit Kamin, ein neues Badezimmer und eine große Küche. Wir konnten es für eine Woche zu einem günstigen Preis haben, denn es gab gerade eine Lücke bei der Vermietung. Das Wetter war überwiegend sonnig und Moritz wollte immer nur ans Wasser. Bei den Fischerbooten lernte er sofort Kevin kennen, der so aussah, wie man sich irische Jungen immer vorstellt: rote Haare, Sommersprossen, eine Stupsnase, zwei riesige Schneidezähne und einen verwegenen Revoluzzerblick aus braunen Augen. Die beiden Jungen wurden sofort Freunde, obwohl Kevin einige Jahre älter war als Moritz. Der eine sprach kein deutsch, der andere kein englisch, jeder redete in seiner eigenen Sprache, und sie verstanden einander. Es war eine wunderbare Woche, leider viel zu schnell vorbei, und wir beschlossen: Nächstes Jahr kommen wir wieder und bleiben wenigstens zwei Wochen.
     
    Im folgenden Jahr lag Ostern sehr spät in der dritten Aprilwoche, und so beschlossen wir, die Osterferien für unseren Irlandurlaub zu nutzen. Als wir ankamen, war das Wetter ungewöhnlich schön und warm. Krokusse, Osterblumen und einige frühe Tulpen blühten bereits zu unserer Begrüßung. Moritz wollte sofort zu Kevin, und Kurti und ich fuhren mit Brian zum
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