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Die Prophezeiung des Adlers

Die Prophezeiung des Adlers

Titel: Die Prophezeiung des Adlers
Autoren: Simon Scarrow
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Telemachos stieß einen Schmerzschrei aus, als er die Hände von den Flammen zurückriss und die Schriftrollen auf den Boden warf.
    »Hol sie!«, bellte Vespasian, und Cato stürzte vor, hob die Schriftrollen auf und zog sich mit ihnen zurück.
    Telemachos deutete auf seinen Sohn. »Lass den Tribun los. Schneide seine Fesseln auf.«
    Ajax blickte seinen Vater benommen vor Entsetzen an, die Klinge zitterte in seiner Hand. Dann sah er mit einem Ausdruck bitteren Hasses auf Vitellius hinunter. Einen Augenblick lang war Cato sich sicher, dass er dem Tribun die Kehle durchschneiden würde … doch dann beugte er sich vor und zerschnitt den Strick um Vitellius’ Handgelenke. Sobald seine Fesseln fielen, krabbelte Vitellius von den Piraten weg auf die anderen Römer zu. Als er in sicherer Entfernung war, stand er steifbeinig auf und starrte Vespasian heftig keuchend an.
    »Solange ich lebe«, sagte er leise, »werde ich dir das nicht vergessen.«
    »Ich auch nicht.« Vespasian lächelte schwach. »Eine versäumte Gelegenheit, kein Zweifel.«
    Cato hielt den Blick von den beiden Aristokraten abgewandt. Im Raum herrschte eine extrem gefährliche Spannung, und er wollte möglichst nicht auffallen. Er hielt die Schriftrollen an die Brust gedrückt und sah zu den beiden Piraten hinüber. Nach kurzem Zögern trat Telemachos zu seinem Sohn und legte ihm sanft den Arm um die Schultern. Ajax starrte ihn verletzt und verzweifelt an, und in seinen Augen schimmerten Tränen. Er ließ das Messer fallen und umarmte seinen Vater, nun schließlich überwältigt von der Trauer über die Niederlage, von der Erinnerung an die Qualen, die Vitellius ihm zugefügt hatte, und von dem schrecklichen Opfer seines Vaters. Aus seiner Brust löste sich ein tiefes Stöhnen, und er vergoss die Tränen seines Kummers in die Stofffalten auf Telemachos’ Schulter.
    Als Macro aufs Dach trat, spähte er vorsichtig am Türpfosten vorbei, sprang dann durch den Eingang und drehte sich rasch um. Er hatte das Schwert gezückt und war bereit, beim ersten Anzeichen von Gefahr zuzuschlagen. Aber auf dem Dach des Wachturms befand sich nur eine einzige weitere Person. Aus der gegenüberliegenden Ecke lächelte Minucius ihn unsicher an.
    »Macro, ich hatte gehofft, dass du es sein würdest.«
    »Wirklich?« Macro hielt das Schwert erhoben und näherte sich dem Verräter langsam.
    »O ja! Verstehst du, es bleibt nicht viel Zeit.«
    »Du irrst dich.« Macro schüttelte den Kopf. »Dir ist die Zeit schon ausgegangen, Minucius. Du bist jetzt schon tot.«
    »Warte!« Minucius hob die Hand. Seine Faust war um die Riemen eines Lederbeutels geballt. »Hier drinnen befindet sich ein Vermögen! Edelsteine und etwas Gold. Es gehört dir!«
    »Mir?«
    »Wenn du mir zur Flucht verhilfst.«
    Macro lachte. »Zur Flucht! Du bist verrückt.« Er umfasste die Festung mit einer Bewegung seiner freien Hand. Marineinfanteristen eilten über die Straßen, erpicht auf einen größtmöglichen Anteil von der Beute der Piraten. »Bald werden sie alle wissen, dass du sie verraten und verkauft hast. Und dann bist du tot, sobald sie dich nur sehen. Es gibt kein Entkommen für dich, Minucius.«
    »Du kannst mich verstecken. Mich verkleiden. Mich hier rausschaffen. Tu es, und du bist ein reicher Mann!«
    Macrospürte,wieAbscheuinihmaufstieg,undkämpfteeinenAugenblicklangmitzusammengepresstenLippendagegenan.»EsgibteinigeDinge,dieeinMannnichtüberlebendarf.DerVerratandeneigenenKameradengehörtdazu.LegjetztdiesenBeutelwegundziehdeinSchwert!«
    Minucius starrte ihn an und senkte die Hand mit dem Beutel. »Na gut, dann tu es nicht fürs Geld. Tu es für Portia. Tu es stattdessen für deine Mutter. Sie liebt mich, weißt du? Sie braucht mich.«
    »Leg den Beutel weg!«
    »Um ihretwillen, Macro. Tu es um ihretwillen. Nicht um meinetwillen.«
    »Leg den Beutel weg!«
    »Wenn mir etwas zustößt, wird ihr das das Herz brechen.«
    » LEG DEN VERDAMMTEN BEUTEL WEG !« Macro wollte nichts mehr hören. Er wandte Minucius die Schulter seines Schwertarms zu und ging mit federnden Schritten auf den Verräter los.
    »Warte!«, schrie Minucius. »Was willst du damit beweisen? Wir wissen beide, dass du der bessere Kämpfer bist! Ich habe doch gar keine Chance!«
    »Dann wirst du sterben.«
    Minucius ließ den Beutel fallen, fiel auf die Knie und streckte die Arme nach Macro aus. »Um der Götter willen! Denk doch an deine Mutter!«
    Macro hob das Schwert, fest entschlossen, ihn an Ort und Stelle zu erschlagen. Einen
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