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Die Prophezeiung der Nonne: Roman (German Edition)

Die Prophezeiung der Nonne: Roman (German Edition)

Titel: Die Prophezeiung der Nonne: Roman (German Edition)
Autoren: Nancy Bilyeau
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führte ihn nach unten.
    In der Küche machte ich Feuer und schnitt Brot auf. Der Käse war großenteils schimmlig geworden, aber ich fand noch ein ordentliches Stück für Arthur. Kitty, meine Dienstmagd, jung und unerfahren, vergaß oft, unsere Essensvorräte in der kühlen Speisekammer zu verwahren, wie es sich gehörte. Sie lebte ganz in der Nähe im Haus ihrer Eltern und kam an mehreren Nachmittagen in der Woche, um zu putzen, zu waschen, zu buttern und zu kochen. Besonders gut machte sie ihre Sache nicht, aber sie war ein liebes Ding und brauchte das Geld.
    Arthur kaute seine zweite Scheibe Brot, als es draußen klopfte.
    »Schwester Bea!« Er stieß einen Freudenschrei aus.
    Schwester Beatrice schüttelte den Regen von ihrem Umhang, bevor sie eintrat. An ihren langen blonden Wimpern glänzten Wassertröpfchen. Sie war vor meiner Zeit Novizin in Dartford gewesen und hatte das Kloster verlassen. Doch wenige Monate vor seiner Schließung war sie als Laienschwester zurückgekehrt und stand nun, wie ich, vor dem Nichts: mit Gewalt aus dem religiösen Leben hinausgedrängt, in Herz und Geist nicht bereit, ein weltliches Leben zu führen.
    Sie lächelte auf die ihr eigene Art, als Arthur seine kleinenArme um ihre Taille schlang. Sie war eine wortkarge Frau, die selten ihre Gefühle zeigte. Noch nie hatte ich ein Erröten ihrer blassen Haut oder ein Zornesblitzen in ihren leicht schrägstehenden grünen Augen gesehen.
    Sie betrachtete mich aufmerksam, als ich ihr ein Stück Brot reichte. Vermutlich hatte die beinahe schlaflose Nacht Spuren in meinem Gesicht hinterlassen. Aber sie fragte nichts. Wir mischten uns nicht in die Sorgen und Geheimnisse der anderen ein. Sie war gekommen, um Arthur zu hüten, während ich zur Messe ging, da der Junge in der Kirche keinen Moment stillsitzen konnte.
    »Ich bin gleich fertig«, versprach ich, noch im Nachtgewand.
    »Gehen wir zum Amt, wenn Ihr von der Messe zurück seid?«, fragte sie.
    Augenblicklich fiel alle Müdigkeit von mir ab. »Ach ja, das hatte ich ganz vergessen. Heute ist ja der erste Mittwoch des Monats. Hurra!« Ich tanzte mit Arthur durch die Küche, dass er vor Lachen halb gekaute Brotkrümel prustete.
    Heute war der Tag, an dem ich meinen Tapisserie-Webstuhl abholen konnte.
    Im Kloster hatten wir erlesene Tapisserien aus Seide hergestellt, die verkauft wurden und dann die Wände vornehmer Häuser schmückten. Jede von ihnen erzählte eine Geschichte, die entweder auf einer antiken Sage oder einem Gleichnis aus der Bibel gründete. Wir Novizinnen hatten täglich zur hellsten Zeit des Tages mindestens drei Stunden am Webstuhl gesessen, und obwohl sich die Teppichwirkerei gründlich von der feinen Nadelarbeit unterschied, die meine Mutter mich gelehrt hatte, erfasste ich die Technik schnell.
    Vor vier Monaten hatte ich beschlossen, diese Tradition unseres Klosters selbstständig fortzuführen. Das Schwierige war, einen geeigneten Webstuhl zu erwerben; der aus unserer Werkstatt war mit allem anderen Besitz bei der Auflösung des Klosters fortgeschafft worden, und in England wurden solche Webstühle gar nicht gefertigt. Ich bestellte daher einen in Brüssel, wo die Tapisseriekunst in höchster Blüte stand, und veranlasste seineVersendung aus den Niederlanden nach Dartford. Das war bei den schwierigen Handelsbedingungen kein Kinderspiel, aber ich schaffte es. Und heute wollte ich ihn auf dem Amt für Bauwesen abholen, wo man die importierten Waren am ersten Mittwoch jedes Monats abholen konnte.
    Ich rannte nach oben und machte mich in Windeseile fertig. Wieder unten, gab ich Arthur einen Kuss und eilte hinaus, nachdem ich Schwester Beatrice noch zugerufen hatte: »Seht zu, dass Ihr bereit seid, wenn ich zurückkomme. Ich bringe Verstärkung mit.«

Kapitel 3
    Kaum zur Tür des zweistöckigen Fachwerkhauses in der High Street hinaus, befand ich mich schon mitten im Herzen des Dorfes. Von jenseits der schützenden Klostermauern war es uns immer als guter Nachbar erschienen – ein freundlicher, wohlgeordneter kleiner Ort. Von London aus war er zu Pferd in drei Stunden zu erreichen und bekannt für seine Gasthäuser, die den Reisenden sichere Unterkunft boten, für seine Werkstätten und seinen stolzen Markt und natürlich seine fünfhundert Jahre alte Kirche, die sich beinahe direkt gegenüber von meinem Haus erhob.
    Aber es gab auch ein anderes Dartford mit weniger freundlichem Gesicht. Das Schlachthaus war der Kirche näher gelegen, als in einem Ort dieser Größe im
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