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Die Priesterin: Wild Roses, Staffel 1, Band 4 (German Edition)

Die Priesterin: Wild Roses, Staffel 1, Band 4 (German Edition)

Titel: Die Priesterin: Wild Roses, Staffel 1, Band 4 (German Edition)
Autoren: Claire Gavilan
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sich inzwischen an die Tatsache, dass sie eine Zeitreisende war, ganz gut gewöhnt hatte. Trotzdem fingen ihre Hände an zu zittern, als sie sich nun erneut in dem Kleid und mit der Frisur aus dem Beginn des letzten Jahrhunderts sah. Sie begegnete ihrem eigenen Blick und wartete darauf, dass die Erinnerung sie überkommen würde, wie es jetzt schon ein paarmal passiert war.
    Aber nichts geschah.
    In ihrem Kopf war dort, wo diese Erinnerung hätte sein müssen, nichts als Leere. Leere und ein Gefühl von unendlichem Unbehagen, das jenem glich, das man in einem Albtraum hatte, wenn man wusste, hinter der nächsten Ecke lauerte etwas Furchtbares, Gefährliches.
    „Du solltest es lieber wieder weglegen.“ Alans Stimme war sehr ruhig, aber trotzdem wirbelte Rose herum wie ein ertapptes Kind.
    Er stand in der niedrigen Tür der Hütte und schaute Rose an.
    Sie schluckte. Sie wollte etwas sagen, aber Alan ließ ihr keine Gelegenheit dazu. Er kam zu ihr, streckte die Hand nach dem Foto aus. „Bitte!“, sagte er, als sie nicht reagierte.
    Da gab sie ihm das Foto. Er nahm es, und ohne es anzusehen, legte er es wieder in die Schublade zurück. Als er die Lade schloss, lagen tiefe Falten um seinen Mund und seine Augen. Rose konnte sehen, wie sein Kehlkopf sich hob.
    Was war es nur, das 1913 geschehen war?
    Sie wagte sich an diese Frage nicht heran. Stattdessen wollte sie wissen: „Stimmt es, dass Enora mir meine Erinnerungen wiedergeben kann?“
    Alan sah aus, als habe sie ihm eine Ohrfeige angedroht. Ganz langsam, so, als überlege er, welche Konsequenzen seine Antwort haben würde, nickte er.
    Rose strich sich mit beiden Händen die Haare hinter die Ohren. „Korrigiere mich, wenn ich was Falsches sage: Enora kann mir die Erinnerung wiedergeben, die ich durch einen Zeitsprung verliere. Trotzdem hat sie es nicht getan, sondern mir erzählt, ich hätte meine Eltern bei einem Segelunfall verloren.“ Sie wartete, bis Alan erneut nickte. Er sah gequält aus. „Warum?“ Sie wusste nicht, ob sie froh oder wütend über das sein sollte, was sie soeben herausgefunden hatte.
    „Du selbst hast sie darum gebeten“, sagte Alan.
    In Roses Kopf stand eine vage, nebelhafte Erinnerung an grenzenloses Entsetzen, an Tränen und abgrundtiefe Verzweiflung. Sie wusste nicht, woher diese Erinnerung kam, aber sie zog ihre eigenen Schlüsse. „Bevor ich nach 2014 gesprungen bin, war ich da im Jahr 1913?“
    Alans Kehlkopf hob sich krampfhaft. „Ja.“
    Sie wollte fragen, was in diesem geheimnisvollen Jahr geschehen war, aber sie wagte es nicht. Sie fühlte sich, als habe ihr jemand den Boden unter den Füßen fortgezogen, und sie hätte alles dafür gegeben, sich wieder sicher zu fühlen.
    „Komm“, sagte Alan leise. „Gehen wir zu den anderen zurück.“
    Und froh darüber, dass er ihr die Entscheidung abnahm, ließ Rose sich von Alan aus der Kate und zum Ferienhaus führen.
     
    Als sie dort ankamen, trat Glynis aus dem Wohnzimmer auf die Terrasse. „Ich bin so weit!“, sagte sie mit einem zufriedenen Lächeln. Sie zog einen frisch gepflückten Dornenzweig aus den Falten ihres Rockes und reichte ihn Alan. „Den braucht ihr. Du weißt ja noch, was zu tun ist.“
    Alan nickte. Er nahm den Zweig und wartete, bis Glynis wieder zu Enora ins Wohnzimmer des Ferienhauses gegangen war, wo Glynis den bronzenen Dreifuß und alle anderen Zutaten für das Ritual aufgebaut hatte. Danach schloss er die Faust um den Zweig, und ohne zu zögern drückte er zu. Seinem Gesicht war der Schmerz nicht anzusehen, den die Dornen ihm verursachen mussten, als sie tief in das Fleisch seiner Handfläche eindrangen. Blut erschien zwischen seinen Fingern, und er lächelte.
    Er öffnete die Hand wieder, präsentierte Rose den nun blutverschmierten Zweig.
    Sie nahm ihn. Sie zögerte kurz, bevor auch sie die Faust schloss, und sie musste die Zähne fest zusammenbeißen, um den scharfen Schmerz auszuhalten. Als sie die Finger wieder öffnete, war ihr Handteller voller Blut. Sie hielt die Hand so, dass es nicht zu Boden tropfen konnte. Behutsam streckte ihr Alan seine Hand hin und legte sie umgekehrt auf die ihre, sodass sich ihr Blut vermischen konnte.
    Wie beim ersten Mal spürte Rose ein heftiges Prickeln, dann eine unbändige Hitze, bevor es einen grellen Lichtblitz gab und ihr Blut spurlos verschwand.
    Jetzt fehlte nur noch eines.
    Rose sah Alan an. Bis zu diesem Augenblick hatte sie ihn beinahe in jeder Sekunde begehrt und sich nach seinen Berührungen und
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