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Radio Rocky Beach

Radio Rocky Beach

Titel: Radio Rocky Beach
Autoren: Ulf Blanck
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Hektik bei Titus
    Endlich war es Freitag. Das Wochenende stand vor der Tür und Justus Jonas lag zufrieden auf seinem Bett und las in einem Kriminalroman. Den ganzen Nachmittag war es still im Haus gewesen, doch plötzlich hörte er von unten lautes Gepolter. Er wusste sofort, was los war, und legte das Buch beiseite. Vorsichtig öffnete er die Tür und ging zur Treppe. Sein Zimmer lag im Dachgeschoss, und vom Flur aus konnte er nach unten in die Diele gucken. In diesem Moment sprang die Wohnzimmertür auf und Tante Mathilda stürmte heraus.
    »Diesmal kommen wir zu spät!«, rief sie atemlos. »In einer halben Stunde beginnt die Vorstellung und wir stehen hier noch rum.«
    Hinter ihr trottete Onkel Titus und versuchte mühsam eine Fliege umzubinden. »Wenn ich nicht diesen Propeller knoten müsste, wären wir schon längst im Auto«, murmelte er vor sich hin.
    Justus saß auf der Treppe und beobachtete die beiden. Jedes Mal das Gleiche, dachte er und muss­te grinsen. Alle zwei Monate war es so weit: Tante

    Mathilda und Onkel Titus gingen ins Theater. Justus war froh darüber, denn an diesen Tagen hatte er das Haus ganz für sich allein.
    »Hast du die Autoschlüssel?«, fragte Tante Mathilda aufgeregt und zupfte an Onkel Titus’ Fliege herum.
    »Zieh das Ding nicht so stramm!«, keuchte er. »Hast du sie nun oder hast du sie nicht?«
    »Die liegen bei den Theaterkarten, Mathilda.« »Und wo sind die, bitte schön?«
    »Weiß ich nicht. Du musst sie haben.«
    Gerade wollte Tante Mathilda sich richtig aufregen, als Justus dazwischenging. »Die Schlüssel und die Karten liegen wie immer in Onkel Titus’ Hut«, lachte er. Tante Mathilda hatte die Angewohnheit, alles Wichtige in den Hut zu legen, doch leider vergaß sie es in der Hektik jedes Mal.
    »Sag jetzt nichts, Titus!«, mahnte sie und stopfte beides in ihre Handtasche. »Und du, Justus, bist spätestens um halb zehn im Bett und putz dir danach die Zähne!«
    »Kann ich es auch umgekehrt machen?«, fragte Justus unschuldig und Onkel Titus grinste ihn an.
    Jetzt musste auch Tante Mathilda lachen. »Ja, ja, macht euch nur lustig über mich. Ich glaube, ich werde alt.« Sie gab ihm einen Kuss auf die Stirn und verließ mit Onkel Titus das Haus.
    »Puh, endlich geschafft«, atmete Justus auf und schlenderte zur Küche. Im Kühlschrank fand er versteckt hinter den Marmeladengläsern noch eine kalte Cola. Durchs Fenster konnte er hören, wie Onkel Titus seinen alten Transporter startete und über den Kiesweg rollte.
    Erwachsene sind komisch, dachte er und lief schnell wieder auf sein Zimmer. Mittlerweile war es kurz vor acht und Justus schmiss sich fröhlich in seinen Sessel. Er ließ die Beine über die Lehne baumeln, auf dem Bauch eine Packung Chips. Dann beugte er sich zufrieden nach vorn, streckte seinen Arm aus und schaltete den Apparat ein. – Nein, nicht den Fernseher. Justus hörte Radio!

Tantenalarm
    Das Radio war ein alter Röhrenempfänger von Onkel Titus’ Schrottplatz. Zwei Tage hatte Justus mit seinem Onkel damals an dem Kasten herumgebastelt, bis er wieder Töne von sich gab. Nur das Knistern und Rauschen aus dem Lautsprecher ließ sich nie ganz abstellen. Justus schien das aber nichts auszumachen und er blickte gespannt auf seine Armbanduhr.
    Um genau acht Uhr verstummte das Rauschen und eine tiefe Männerstimme war zu hören: »Hi, hier ist euer Wolfman und ihr hört Radio Rocky Beach, den coolsten Sender zwischen Miami und Alaska. Wir sind wieder auf Sendung.«
    Darauf hatte Justus so gespannt gewartet. Jedes Wochenende von acht bis Mitternacht sendete Radio Rocky Beach ausschließlich Wunschhits. Wolfman war der kultige DJ und obwohl jeder seine Stimme kannte, hatte ihn noch niemand zu Gesicht bekommen. Und das aus gutem Grund: Radio Rocky Beach hatte keine Genehmigung der Behörden – es war ein Piratensender.
    »Warum können Lehrer nicht tauchen?«, fragte Wolfman und machte eine kurze Pause. »Weil sie so hohl sind«, lachte er und Justus lachte mit, obwohl er den Witz schon mal gehört hatte. Die ganze Sendung über konnte man anrufen und sich Musiktitel wünschen, Freunde grüßen, von Partys erzählen, Gerüchte verbreiten oder nur mit dem DJ rumquatschen.
    Die Anrufe wurden von einer Lara entgegen genommen, und wenn man Glück hatte, stellte sie einen direkt zum Moderator ins Studio durch und man war ON AIR, auf Sendung. Wer am Wochenende nicht Wolfman gehört hatte, konnte am Montag in der Schule nicht mitreden.
    »Leute, ruft mich an
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